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Daniel Wehner und der Ostkorridor der P43: "Ich weiß nicht, warum man wieder Unruhe schafft"


Autor: Steffen Standke

LKR Bad Kissingen, Dienstag, 30. August 2022

Die Meinungen in den Amtsstuben rund um Bad Kissingen sind einhellig: Einen Korridor für die Fulda-Main-Leitung (P43) braucht östlich der A7 niemand. Das geht aus den Stellungnahmen hervor, die diese Redaktion bei betroffenen Bürgermeistern eingeholt hat.
Der "Ostkorridor" der P43 würde östlich der A7 zwei Kurorte und den Klauswald tangieren. Grafik: Dagmar Klumb / Quelle: Bundesnetzagentur


Bad Kissingens Oberbürgermeister Dirk Vogel (SPD) lehnt den "Ostkorridor" ab. "Die Trasse würde unseren Klauswald nördlich durchschneiden, von Burkardroth nach Aschach und östlich von Nüdlingen um Bad Kissingen herum verlaufen", schreibt er. Inwieweit die Strommasten von der Stadt aus sichtbar wären, sei unklar. Es gäbe Sichtachsen zu beachten, wegen der Anerkennung der Stadt als Unesco-Weltkulturerbe.

Vogel stört noch etwas: "Wir müssen aktuell unser Gewerbegebiet 'Kaserne Ost' verkleinern, weil einige seltene Tiere gefunden wurden - und auf der andere Seite denkt man darüber nach, durch unseren Stadtwald mit sehr hohen Masten zu pflügen." Der OB rechnet bei der Ostvariante mit "extrem hohen Raumwiderständen".

Burkardroths Bürgermeister Daniel Wehner (CSU) sagt zum Ostkorridor: "Ich weiß nicht, warum man wieder Unruhe schafft." Er halte diesen Vorschlag nicht für den besten für die Stromtrasse, führt wie Vogel den Klauswald und das Unesco-Welterbe an. Ansonsten hänge man den Vorschlag in Burkardroth nicht so hoch; im Markt herrsche keine Unruhe.

Ostvariante "wenig zielführend"

In Bad Bocklet antwortet Geschäftsleiter Thomas Beck für den urlaubenden Ortschef Andreas Sandwall (CSU). "Wir waren vom Vorschlag sehr überrascht, da diese Variante bei einer früheren Diskussion schon als wenig zielführend betrachtet wurde." Ohne dem Gemeinderat vorzugreifen sehe die Verwaltung den Vorschlag "als sehr kritisch an und hoffen durch entsprechende Argumente, dass er nicht weiterverfolgt wird".

Laut Beck, der auch Kurdirektor ist, würde der Ostkorridor für Bocklet und Aschach "mehrere sehr negative Beeinträchtigungen" mit sich bringen. Die Ortsentwicklung von Aschach werde stark beeinträchtigt. "Auch die weitere gesundheitstouristische Entwicklung von Bad Bocklet würde durch die Nähe der Trassenführung zu den Kuranlagen enorme Nachteile haben."

Nico Rogge (CSU) hat für Oerlenbach eine längere Stellungnahme verfasst. Zwei auf der Infoveranstaltung am 18. August vorgestellte Ostkorridor-Trassen würden jeweils das Gemeindegebiet sehr treffen.

Längere Trasse, mehr Auswirkung

Für Rogge bedeutet die Prämisse des geringsten Verbrauch landwirtschaftlicher Flächen, dass in der Planung die kürzeste Strecke gewählt werde. "Aus Sicht der Gemeinde Oerlenbach widerspricht dies jedoch den eingebrachten Alternativtrassen, welche gut ein Fünftel länger sind als die anderen Korridore." Dadurch seien die Auswirkungen auf die Umwelt stärker.

Einerseits werde die Gemeinde Oerlenbach zum geringeren Energieverbrauch angehalten; andererseits wolle man eine um ein Fünftel längere Stromtrasse bauen, mit größerem Energieverbrauch bei der Errichtung und dauerhaft deutlich höheren Verlustleistungen im Betrieb.

Rogge kritisiert, dass die Ostvariante seiner Ansicht nach eine Verlegung der Freileitung in den Wald bei Eltingshausen beziehungsweise an den Waldrand bei Rottershausen nötig mache. Die Regierung wolle doch möglichst wenig Naturzerstörung und Ausgleichsmaßnahmen dafür.

Orlenbachs Bürgermeister fürchtet um den Mindestabstand zu Wohnsiedlungen (200 beziehungsweise 400 Meter). "In jedem Fall führen lange Trassenkorridore unmittelbar an unserer Ortsbevölkerung vorbei, sei es an der Waldsiedlung, der Schwarzen Pfütze, Eltingshausen, Oerlenbach oder Rottershausen."

Ähnlich sei es bei Nachbarkommunen wie Rannungen, Poppenhausen, Maibach, Kronungen und Oberwerrn. Eine der vorgeschlagenen Alternativtrassen verlaufe in Oerlenbacher Gemarkung durch ein Vorranggebiet für Windkraft. Die Rotmilan-Population dort habe eine Windkraftanlage verhindert. Dafür kommen nun eine Höchstspannungsleitung?

Rogge will "alle uns zur Verfügung stehende Maßnahmen ergreifen, diese weitere Trassenführung durch unser Gemeindegebiet zu verhindern". Für ihn ist klar, dass der Ostkorridor "bei der Umsetzung nicht zu dieser erhofften Flächeneinsparung gegenüber der Vorzugstrasse führt".

Bereits Mitte August hatte Landrat Thomas Bold zum Ostkorridor Stellung bezogen (wir berichteten). Unter anderem schrieb er, dass "durch den Schwenk nach Osten mit den Schwarzen Bergen ein Gebiet gequert (wird), das materiell die Voraussetzungen für einen Nationalpark erfüllt und für die diskutierte Ausweisung eine maßgebliche Rolle spielt".

Burkardroths Daniel Wehner nennt den Bezug zum vor Jahren heiß diskutierten Nationalpark "unglücklich". Thomas Beck glaubt, dass sich Bold nur auf bestehende naturschutzrechtlich ausgewiesenen Gebiete im Biosphärenreservat und Naturpark Rhön bezieht. "Das ist nach unserer Ansicht richtig, da wir schon immer auf die intakte und schützenswerte Naturlandschaft bei uns hingewiesen haben."

Alle anderen Befragten stimmen dem Landrat voll zu. Gerodas Bürgermeister Alexander Schneider wollte zum Ostkorridor nichts sagen, weil unklar sei, ob er die Gemeinde betrifft.