"Da kommt die Seele nicht hinterher"
Autor: Angelika Despang
Bad Kissingen, Montag, 27. Juni 2022
Ein kleiner Sarg aus hellem Holz, geschmückt mit rosa Blüten kann schwer auszuhalten sein. Sophia war ein Extrem-Frühchen das sich ins Leben gekämpft hat. Kurz nachdem sie nach Hause durfte, starb sie.
Sophia war eine kleine Kämpferin. Im Mai letzten Jahres ist sie mit 270 Gramm Geburtsgewicht viel zu früh auf die Welt gekommen (Wir berichteten). Sie war mit einer Körpergröße von 25 Zentimetern kleiner als ein Din-A-4-Blatt. In sieben Monaten hat sie sich gut 3.500 Gramm Gewicht erkämpft und mit ihren Eltern viele Höhen und Tiefen durchgestanden.
Genau 201 Tage sind ihre Eltern jeden Tag von Bad Kissingen nach Würzburg in die Universitäts-Kinderklinik gependelt, um möglichst viel Zeit mit ihrer kleinen Tochter zu verbringen. Dann war Sophia stabil genug, dass sie mit ihren Eltern endlich nach Hause gehen konnte. Ärzte und Schwestern verabschiedeten sie, die Eltern waren glücklichen und verteilten Karten und Geschenke als Dank an das gesamte Team. Am nächsten Morgen, früh um 4:37 Uhr, starb Sophia.
Eine große Leere
"Schmerz, Wut, Ohnmacht - es bleibt eine große Leere", versucht Sophias Vater den jetzigen Zustand der Eltern zu beschreiben. "Wir waren so glücklich, sie endlich mit nach Hause nehmen zu können, nach all der Zeit", erzählt Herr S. "Die Werte des Sauerstoffgerätes hatte nachts immer wieder Ausschläge, obwohl sie normal geatmet und weder blass noch blau war."
Die Eltern hatten durch die vielen Monate auf der Kinderintensivstation gelernt, was normal und was bedrohlich ist bei Frühgeborenen. Sie waren geübt, ihr Kind zu beobachten, das Sauerstoffgerät zu bedienen, Werte zu interpretieren. Sie riefen in dieser ersten Nacht zuhause den Rettungsdienst, um zu überprüfen, ob alles in Ordnung ist. Sophias Mama begleitete das Baby in den Rettungswagen, dann holte sie noch ihr Kuscheltier. Das war das letzte Mal, dass sie Sophia lebend gesehen hatte.
Eltern waren gut vorbereitet
"Ich konnte es nicht glauben", sagt Ina Schmolke, Vorsitzende des KIWI-Vereins, als sie von Sophias Tod erfahren hat, "sieben Monate haben die Eltern diesem Tag entgegengefiebert, sie waren sehr gut auf die Entlassung vorbereitet und hatten zur Sicherheit noch ein bisschen länger damit gewartet - und dann das! Da kommt die Seele nicht hinterher", ist sie geschockt.
Ina Schmolke, selbst Mutter von einem Frühchen, ist seit 18 Jahren Vorsitzende des Würzburger Vereins "Interessengemeinschaft zur Förderung der Kinder der Würzburger Intensivstation" und betreute Familie S. seit Sophias Geburt bis zu ihrer Entlassung. Sie stellte ihnen für die erste Zeit ein vereinseigenes Elternzimmer nahe der Kinderklinik zur Verfügung und vermittelte eine Fahrtkosten-Unterstützung der Theresienspitalstiftung.
Enge Eltern-Kind-Bindung durch Spenden
Durch den Bericht der Saale-Zeitung am 17. November, dem Welt-Frühgeborenen-Tag, haben zudem viele Leserinnen und Leser für Sophia und ihre Familie gespendet.