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Corona in der Gemeinschaftsunterkunft Bad Kissingen: Alle 24 Infizierte bereits verlegt


Autor: Ralf Ruppert

Bad Kissingen, Donnerstag, 15. April 2021

Seit Sonntag steht die Gemeinschaftsunterkunft in der Winkelser Straße unter Quarantäne, am Dienstag wurden alle Bewohner getestet. Trotz Verlegung ins Ankerzentrum fließen die Fälle in die Sieben-Tage-Inzidenz des Landkreises ein.
Dieses Archivbild zeigt eines der Zimmer der Gemeinschaftsunterkunft in der Winkelser Straße. Am Sonntag wurde ein Besuchsverbot und eine Quarantäne verhängt, die Bewohner sind auch innerhalb der Einrichtung aufgerufen, Kontakte zu vermeiden und sich zu schützen.


Von Dienstag bis Donnerstag ist die Sieben-Tage-Inzidenz im Landkreis sprunghaft von 87,2 auf 129,8 gestiegen. Neben zahlreichen anderen Fällen (siehe Meldung rechts) trugen dazu auch 24 Corona-Infektionen in der Gemeinschaftsunterkunft (GU) für Asylbewerber in der Winkelser Straße in Bad Kissingen bei. "Die gesamte GU steht unter Quarantäne", berichtet Johannes Hardenacke von der Regierung für Unterfranken auf Nachfrage. Zudem seien alle Infizierte und zwölf Kontaktpersonen bereits verlegt worden.

"Eigentlich sind wir in den vergangenen Monaten verhältnismäßig glimpflich durch die Corona-Pandemie gekommen", fasst Hardenacke die Situation in den unterfränkischen Asyl-Unterkünften zusammen. Vor allem seien Quarantänen für ganze Einrichtungen vermieden worden. "Meistens konnten wir das Infektionsgeschehen auf Wohnbereiche eingrenzen." In der größten GU im Bezirk in der Veitshöchheimer Straße in Würzburg gelte aktuell zum Beispiel eine Quarantäne für einzelne Stockwerke.

In Bad Kissingen habe nun allerdings das Gesundheitsamt die Unterkunft komplett abgeriegelt. Mitarbeiter der Verwaltung, mobile Hausmeister und zusätzliche Kräfte eines Sicherheitsdienstes seien vor Ort und überwachten auch das Kontaktverbot: Niemand dürfe die Einrichtung aktuell besuchen oder verlassen. Intern sollten Kontakte vermieden werden. Ganz sei das aber nicht möglich: "Wenn nur eine Gemeinschaftsküche für mehrere Zimmer vorhanden ist, muss man die eben nutzen, aber eben nach Absprache", sagt Hardenacke.

Am Sonntag seien die ersten Infektionen bekannt geworden. 121 Bewohner habe die GU zu dem Zeitpunkt gehabt. Die Unterkunft sei "sehr vielfältig" belegt: Die Herkunftsländer reichen von Afghanistan über Aserbaidschan, Iran und Irak bis Syrien. Es wohnen Einzelpersonen und Familien dort, rund 20 Kinder seien jünger als 14 Jahre.

Am Sonntag sei zunächst nur eine Familie betroffen gewesen, eine sofort veranlasste Reihen-Testung am Dienstag habe dann 19 weitere Infektionen bestätigt. Es gebe keine klare Struktur, die Infektion lasse sich nicht auf eine bestimmte Gruppe eingrenzen. Wie üblich in solchen Fällen, wurden sämtliche 24 Infizierte ins Ankerzentrum Schweinfurt nach Geldersheim verlegt. Familien bleiben beisammen, sonstige Kontaktpersonen wurden in eine Einrichtung nach Kitzingen zur Beobachtung verlegt. Hardenacke stellte klar, dass alle Bewohner nach der Infektion oder bei weiter negativen Test-Ergebnissen wieder zurück nach Bad Kissingen kommen.

Regelmäßige Tests seien in den Gemeinschaftsunterkünften nicht vorgesehen, teilt die Regierung von Unterfranken mit. "Aber alle Bewohner sind angehalten, die allgemeinen Test-Angebote zu nutzen." Getestet würden aber alle Neuankömmlinge in der Ankereinrichtung, zudem müssen sie zunächst in einen Isolierbereich. Auch vor der Weiterverteilung in Gemeinschaftsunterkünfte werde erneut getestet. In der GU Winkelser Straße sei für kommenden Dienstag ein erneuter Reihen-Test aller Bewohner geplant.

Um die Bewohner vor allem mit Lebensmitteln zu versorgen hat die Regierung von Unterfranken einen Lieferdienst organisiert, der zwei Mal in der Woche Bestellungen aufnimmt. Unterstützung kommt auch von der Caritas und ehrenamtlichen Helfern: "Unsere Integrationslotsin Jessica Müller steht in Kontakt mit den Verantwortlichen", berichtet Caritas-Geschäftsführerin Anne Hilpert-Böse. Die Helfer hätten auf Nachfrage unter anderem Windeln oder Baby-Nahrung vorbei gebracht. Trotz Corona gebe es Hilfe für die Bewohner.

Aktuelle Asyl-Situation in Unterfranken

Ankünfte Im Jahr 2015 wurden 8580 Asylbewerber nach Unterfranken zugewiesen. 2016 waren es noch 5480, in den Folgejahren 1551 und 1103. Im Jahr 2019 lag die Zahl der Zuweisungen mit 745 etwa auf dem Stand von 2010. Im vergangenen Jahr kamen 1022 Asylbewerber nach Unterfranken, heuer waren es laut Regierung von Unterfranken in den ersten drei Monaten des Jahres 623.

Gesamtzahl Zum Stand Ende März waren in Unterfranken 4237 Menschen in Asyl-Unterünften untergebracht. Laut Statistik sind davon allerdings 1192 so genannte Fehlbeleger, also anerkannte Asylbewerber, die bisher keine eigene Wohnung gefunden haben.

Unterkunft Die Asylbewerber sind in Unterfranken auf 42 Gemeinschaftsunterkünfte in der Zuständigkeit der Regierung (3082 Bewohner) und 128 dezentrale Unterkünfte in der Zuständigkeit der Landratsämter (1155) aufgeteilt.

Landkreis Im Landkreis Bad Kissingen gibt es aktuell sechs Gemeinschaftsunterkünfte: In Bad Kissingen lebten bis zur vergangenen Woche 121 Asylbewerber, in Münnerstadt zählte die Regierung von Unterfranken Ende März 92 Bewohner, in Volkers 70, in Hammelburg 64, in Ebenhausen 49 und in Bad Bocklet 32. Von den mehr als 30 Unterkünften in der Zuständigkeit des Landkreises ist nur noch eine übrig: In Garitz seien noch acht Personen untergebracht.

Abschiebungen Die Zentrale Ausländerbehörde hat im vergangenen Jahr bei 121 Personen so genannte "aufenthaltsbeendende Maßnahmen" vollzogen. Es gab 44 Rücküberstellungen im Dublin-Verfahren, zwölf Überstellungen mit Schutzstatus in einem anderen EU-Land und 65 Abschiebungen ins Heimatland. Wegen der Corona-Pandemie seien seit Mitte März 2020 der Flugverkehr und damit Überstellungen nur eingeschränkt oder gar nicht möglich. Die meisten Abschiebungen, nämlich 28, gab es in die Ukraine. Zudem sind laut Regierung von Unterfranken 2020 insgesamt 150 Personen freiwillig ausgereist, auch hier lag die Ukraine mit 39 Personen ganz vorne, gefolgt von Armenien (37), Moldau (20) und Russische Föderation (zehn).rr