Corona: der Grund zum Sitzenbleiben?
Autor: Angelika Despang
Bad Kissingen, Montag, 28. März 2022
Zwei Jahre Pandemie: Bad Kissinger Pädagogen schrauben ihre Erwartungen an die Kinder nach unten. Förderung soll schwachen Schülern helfen.
Vor zwei Jahren fiel zum ersten Mal aufgrund der Pandemie die Schule aus. Seit September gibt es wieder (fast) normalen Unterricht - zum Glück. Bloß wie wird bei den Leistungsanforderungen Rücksicht darauf genommen, dass Schülerinnen und Schüler in den letzten zwei Jahren zeitweise in Homeschooling waren und eingeschränkten Schulunterricht hatten?
"Heute ist schon wieder einer von der Schule gegangen!" erzählt die Zehntklässlerin resigniert, als sie von der Schule nach Hause kommt. Dabei waren es letzte Woche schon zwei Mitschüler, die mitten im Schuljahr vom Gymnasium auf eine andere Schule gewechselt sind. Wer Teenager fragt, ob sie das Gefühl haben, dass im Unterricht auf die Pandemie Rücksicht genommen wird, hört vor allem ein lapidares "Nö, das ging im neuen Schuljahr weiter wie bisher."
Hat die Corona-Pandemie Schuld daran, dass jetzt mehr Kinder und Jugendliche schlechte Noten schreiben, sitzen bleiben oder einen anderen Schulweg einschlagen müssen? Und ist es wirklich ein "Weiter wie bisher"? Wir haben vier Schulen in Bad Kissingen und das bayerische Kultusministerium dazu befragt.
Ohne Rücksicht geht es nicht
"Es geht gar nicht anders", ist Bernd Czelusteks klare Antwort auf die Frage, ob Rücksicht genommen wird. "Aber man muss differenzieren", erklärt der Schulleiter der Henneberg-Grundschule in Garitz, "für manche Fächer oder Themen gelten die gleichen Anforderungen wie bisher, wenn aber die Grundlagen noch nicht gefestigt sind, wird natürlich Rücksicht genommen - das liegt in der Verantwortung der Lehrkräfte. Dabei knüpfen sie an den Unterrichtsstoff des vergangenen Schuljahres an, und die Kinder werden da abgeholt, wo sie stehen." Das sei bisher gut gelungen, glaubt Czelustek, "die Übertrittsquote ist so wie immer, und auch die freiwilligen Wiederholungen der Klasse sind nicht größer als früher, denn Corona hat ja alle Kinder gleich getroffen".
Zusatzstunden und Kurse
Zur Unterstützung hat die Henneberg-Grundschule Zusatzstunden mit externen Kräften für intensivere Betreuung angeboten sowie einwöchige Kurse in den Sommerferien über das Förderprogramm "gemeinsam.Brücken.bauen" der Bayerischen Staatsregierung.
Auch der Schulleiter der Anton-Kliegl-Mittelschule in Bad Kissingen, Hans-Jürgen Hanna, ist der Meinung, dass man differenzieren muss, inwiefern bei den Leistungsanforderungen Rücksicht auf die Pandemie genommen wird: "Während des Distanzunterrichts wurde der Lehrplan ja sowieso reduziert, und Ende des Jahres wurde geschaut, wo die Kinder stehen", erklärt er, "auch jetzt, wo Kinder oder Lehrkräfte immer wieder in Quarantäne sind, wird nicht der Standard verlangt, sondern werden Proben abgeschwächt, über einen kürzeren Zeitraum geschrieben oder durch Referate ersetzt." Dadurch gab es keine Pflichtwiederholer sondern nur freiwillige Klassenwiederholungen, bei denen die Eltern das so wollten.
Soziale Kompetenz hat gelitten
Und auch Hanna sagt: "Alle Kinder müssen abgeholt werden." Die soziale Kompetenz habe unter Homeschooling und Lockdown definitiv gelitten, so Hanna, "die Teamarbeit war schwierig, deswegen haben wir Ausflüge ins Schwimmbad oder Picknick im Park gemacht, um die Klassengemeinschaft wieder zu stärken."