Blech satt im Regentenbau
Autor: Werner Vogel
Bad Kissingen, Sonntag, 11. Mai 2014
"Symphonic meets Brass" gab einen Vorgeschmack auf die Deutsche Brassband MeisterschaftEnde Mai. Nordbayerische Brass Band und das Nordbayerische Jugendblasorchester zeigten ihr Können.
Bad Kissingen — Mit einer bezwingenden Mischung unterschiedlichster Bläserklänge verwandelten die Nordbayerische Brass Band (NBBB) und das Nordbayerische Jugendblasorchester (NBJBO) bei ihrem gemeinsamen Konzert "Symphonic meets Brass" den Großen Saal des Regentenbaus in eine Contest Arena und sorgten für eine fulminante Einstimmung auf die Deutsche Brassband Meisterschaft Ende Mai in der Stadt.
"Es gibt nur ganz wenige Gelegenheiten, zwei große Ensembles
gemeinsam auf einer Bühne zu erleben", begrüßte Ernst Oestreicher, der Leiter des Nordbayerischen Jugendblasorchesters die Zuhörer im fast vollbesetzten Parkett des Max-Littmann-Saals. "Conzensus" hieß das erste, gemeinsam gespielte Stück. Es war Ankündigung und Motto zugleich, denn dass Konsens innerhalb eines Orchesters Voraussetzung für gute Musik ist, darf man von hochkarätigen Musikern erwarten, aber wenn stilverwandte Bands zu einem
Gleichklang finden, sich ergänzen, anfeuern, dann kann das zu einem großen Erlebnis werden. Dann zeigt die Akustik des Saales ihre ganze Klasse, werden Wände und Säulen zum Resonanzboden und gestalten voluminöse Klangwelten.
Mathias Wehr, 30 jähriger Leiter des NBBB war restlos begeistert: "Die Akkustik ist echt der Hammer". Blech war Trumpf, fast hundert Bläser sorgten gemeinsam für satten, symphonischen Bläserklang. Aber auch jede Formation für sich war ein Erlebnis.
Wenn die Tuba Trauer haucht
Die englischen Bergwerkskapellen, die den Brass erfunden haben, hätten nicht schlecht gestaunt, wie variantenreich die Nordbayerische Brass Band die einschlägigen Stücke aus der Musikliteratur des 20. Jahrhunderts zu interpretieren vermag. Von wegen Brass ist schnell und laut. Der Titel "Resurgam", von Eric Ball, unter dem Eindruck des Todes eines geliebten Menschen geschrieben, ist eine echte Herausforderung für jede Band. Kann man Leid mit Blechbläsern ausdrücken? Mathias Wehr und seinen 34 Musikern ist das ganz überzeugend gelungen. Da flüsterten die schallgedämmten Trompeten, klagten die Euphonia, hauchte die Tuba, grellten die Posaunen und fanden doch zur Hoffnung christlicher Auferstehung. So gespielt, vermittelt das Stück Gänsehaut und man darf gespannt sein, wie die anderen Brass Bands das Pflichtstück bei den kommenden Meisterschaften interpretieren.
Als Kür haben sich die Musiker um den aufstrebenden Mathias Wehr "Spektrum" ausgesucht und die Besucher konnten erfahren, mit welchen überraschenden Tonfolgen das Farbenspektrum ausgedrückt werden kann. Dass Rot feurig dargestellt wird, konnte man ahnen, bei Gelb war das schon schwieriger, aber wie drückt man Violett aus? Gilbert Vinter, einer der großen Brass Komponisten schafft alle Nuancen mit dem spezifischen Timbre des Brass-Band-Klanges. Von dynamischer Bandbreite des vollen Orchesterklangs bis zum pianissimo des zarten "smooth taste", den die englischen Bands hingebungsvoll pflegen.
Das Jugendblasorchester überzeugt schon seit über 25 Jahren als anerkanntes Aushängeschild des Nordbayerischen Musikbundes. Unter ihrem Gründer, Bundesdirigent Ernst Oestreicher, dessen künstlerische Handschrift das Ensemble prägt, spielten die rund 70 jungen Musiker James Barnes "Symphonic Overture" , mit all den Klangfarben eines symphonischen Blasorchesters und wussten auch den leisen Mittelteil, in dem sich Oboe und Tenorhorn eine verträumte Cantilena erzählen, ganz überzeugend solistisch zu gestalten.
Auch die Filmmusik zu Fellinis Welterfolg "La Strada" erzählten die talentierten Auswahlmusiker als symphonische Suite und ließen die Zuhörer geradezu mitleiden, wenn der grobe Artist Zampano die zarte Gelsomina ins Unglück stürzt.
Vielbeachteter Glanzpunkt des Konzerts war der "Fanfarentanz" des unterfränkischen Komponisten Stephan Adam, der das Werk vor zwei Jahren speziell für das NBJBO und die NBBB komponiert hat. Der anwesende Komponist und sein Stück wurden von Dirigent, Musikern und Publikum begeistert gefeiert. Als Solist am Schlagwerk brillierte Wolfgang Schniske. Auch die Zugaben überzeugten. Die umfassenden Klänge des Chorals "Deep Harmony" des NBBB ebenso wie der irre Sound von "Arsenal", mit dem beide Orchester ein verblüfftes Publikum entließen. Viele Konzertbesucher waren überrascht, dass moderne Musik mit so vielfältigen harmonischen und konzertanten Klangfarben aufwarten kann. Brass, diese bei uns noch weniger bekannte Gattung der Blasmusik, hat in Bad Kissingen viele neue Freunde gefunden.
Einstimmung auf das Großereignis
Es war eine gelungene Feuerprobe und ein starkes Signal vor den 5. Brass Band Meisterschaften vom 30. Mai bis 1. Juni mit öffentlichen Konzerten in diversen Sälen und Plätzen der Stadt. Auf das bundesweite Großevent mit 17. Blasorchestern, darunter die "Black Dyke Band" aus England, dem wohl besten Brass Orchester der Welt dürfen, sich nicht nur Freunde der Brass Musik freuen.