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Besorgter Blick auf Bad Kissinger Baustellen


Autor: Ralf Ruppert

Bad Kissingen, Mittwoch, 27. Januar 2016

Das Wasserwirtschaftsamt achtet bei den Arbeiten im Rosengarten und am Luitpoldbad auf Hochwasser- und Heilquellenschutz. Abteilungsleiter Hartmut Holzheimer kommt auch unangemeldet zu Kontrollen.
Wie schnell der Rosengarten überschwemmt werden kann, haben die Bad Kissinger 2003 beobachten können. Foto: Archiv/Bartl


Wasser ist seit Jahrhunderten das wichtigste Heilmittel Bad Kissingens. Auch wenn die Bedeutung der Heilquellen in der modernen Medizin abgenommen hat, kommen viele Gäste noch heute wegen Pandur, Rakoczy und Co. in die Stadt. Gleichzeitig fürchten die Bad Kissinger die Macht des Wassers: Im Jahr 2003 verursachte das letzte große Hochwasser enorme Schäden, danach wurde die Innenstadt hochwassersicher gemacht.

Das Wasserwirtschaftamt (WWA) Bad Kissingen wacht über beides: Heilquellen- und Hochwasserschutz. Genau im Schnittbereich beider Belange wird jedoch aktuell gleich zwei Mal gebaut.
Hartmut Holzheimer leitet das Sachgebiet Heilquellenschutz und Betreuung der Staatsbäder. "Neu dürfte hier gar nicht gebaut werden", kommentierte er die Groß-Baustelle im Luitpoldbad.

Der 37 Millionen Euro teure Umbau zum Behördenzentrum direkt am Saaleufer ist nur deshalb möglich, weil das denkmalgeschützte Gebäude Bestandsschutz hat. "Wir waren von Anfang an bei den Planungen dabei", schildert er die Absprache mit dem Staatlichen Bauamt. Bis heute ist das Wasserwirtschaftsamt entweder bei den Besprechungen anwesend oder erhält zumindest ein Protokoll.

"Wir befinden uns hier im sensibelsten Bereich rund um die Heilquellen", verweist Holzheimer auf das so genannte qualitative Heilquellenschutzgebiet zwischen Bismarck- und Von-Hessing-Straße sowie Schweizerhaus-Steg und Lindesmühlpromenade.


Jegliche Hindernisse verboten

Auch auf der Baustelle im Rosengarten schaut Holzheimer oft unangemeldet vorbei.

Einziges Hochbau-Projekt ist dort zwar ein kleines Pumpenhäuschen, trotzdem gibt es jede Menge Auflagen. So darf zum Beispiel kein Boden auf der Baustelle abgelagert werden: "Das wäre zum einen ein Abfluss-Hindernis und würde zum anderen zu einer Verschlammung des Gewässers führen", begründet Holzheimer die Auflage. Selbst der Sicht- und Staubschutz an den Bauzäunen rund um das Luitpoldbad ist aktuell hochgewickelt.
Zudem dürfen auf der Baustelle

nicht einfach Treibstoff-Tanks oder Baufahrzeuge abgestellt werden: Für jede Stellfläche wird extra ein wasserdichtes Becken angelegt. Zudem müssen Container und Materialien entweder auf Stützen aufgestellt oder so gelagert werden, dass sie schnell abtransportiert werden können. "Es darf nichts abgeschwemmt werden und dann saaleabwärts Schäden verursachen", betont Holzheimer.
Für die Sicherung der Baustelle müssen die Baufirmen rund um die Uhr

sorgen können: "Wir selbst haben einen Notdienst und lassen uns für jede Baustelle einen Zuständigen nennen", beschreibt Frank Pilhofer, Leiter Hochwassernachrichtendienst beim WWA, das Vorgehen, und: "Das muss Tag und Nacht funktionieren."
"Bis jetzt hatten wir noch kein echtes Hochwasser, es wurde nur einmal kurz die Meldestufe 1 überschritten", fasst Pilhofer die Lage an der Saale zusammen. 2,20 Meter betrug gestern der Pegelstand am Regentenbau.

Meldestufe 1 wären 2,50 Meter. Danach geht es in 50-Zentimeter-Schritten hoch bis zur Meldestufe 4.
Wird die Meldestufe 1 dauerhaft überschritten, schlägt das WWA Alarm: Informiert wird als erstes das Landratsamt, das die Meldung an die Stadt weitergibt. Dann kommen die mobilen Elemente des 2006 gebauten Hochwasserschutzes zum Einsatz.

Gleichzeitig müssten die Baustellen am Luitpoldbad und im Rosengarten geräumt werden: "Wenn wir einen erhöhten Wasserstand in Salz haben, kommt der in vier bis sechs Stunden in Bad Kissingen an, das ist ungefähr der Zeitraum, den die Firmen haben", berichtet Pilhofer.


Regelmäßige Wasserproben

Aber auch bei niedrigen Pegeln muss auf den Baustellen viel beachtet werden: Bei Wasser, das aus den Baugruben

abgepumpt wird, wird zum Beispiel regelmäßig die Leitfähigkeit gemessen: "Steigt die Leitfähigkeit, handelt es sich um höher mineralisiertes Heilwasser", sagt Holzheimer. Das wäre ein Alarmzeichen. Außerdem muss bei jeder Arbeit in der Tiefe die Baugrube immer schnellstmöglich verschlossen werden. Und am liebsten ist es Holzheimer, wenn möglichst gar nicht gegraben wird: "Alles, was tiefer geht als die Pflanzarbeiten der Gärtner, könnte

sich auf die Heilquellen auswirken."

Der Schutz vor Hochwasser kostet Geld: 13,9 Millionen Euro haben Stadt und Freistaat von 2004 bis 2006 in den Schutz der Innenstadt und der Kuranlagen investiert. 7000 Kubikmeter Beton wurden verbaut, 14 000 Kubikmeter Erde zu Deichen aufgeschüttet, 2300 Dammbalken für das mobile System eingelagert. Rosengarten und Luitpoldbad sind davon ausgenommen, beide würden bei einem Jahrhunderthochwasser überflutet.


Beim Rosengarten wird deshalb beispielsweise das neue Pumpenhaus mit Bohrpfählen im Untergrund verankert, damit es bei Hochwasser nicht auftreibt. Beim Luitpoldbad musste mehr Masse her: Rund 525 Kubikmeter oder 1300 Tonnen Beton wurden alleine als Auflast in die Keller gepumpt. "Im Bereich des eingeschossigen Südflügels ist der Beton einen ganzen Meter dick, bei den zweigeschossigen Gebäuden hat ein halber Meter gereicht", sagt Architekt Christian Teichmann.

 


Alternative: Gebäude fluten

"Die Alternative wäre, dass wir das Gebäude bei Hochwasser fluten", berichtet Teichmann. Der Füllbeton ist mit den Fundamenten verbunden, dicht sind die Fugen allerdings nicht. Deshalb ist der Kriechkeller mit einer Deckenhöhe zwischen 1,30 und 1,80 Meter mit Gefälle und zahlreichen Löchern für Pumpen ausgestattet.

 

Vorerst stehen darin einfache Baustellenpumpen, später wird ein Netz aus Tauchpumpen und Sensoren dafür sorgen, dass ständig Wasser abgepumpt und der Wasserstand an die Haustechnik gemeldet wird.
Rund eine Million Euro kostet der Hochwasserschutz für das Luitpoldbad insgesamt. Darin enthalten ist auch die so genannte Horizontalsperre: Während Keller und Fundamente feucht werden dürfen und seit rund 150 Jahren auch immer wieder austrocknen, müssen die

Stockwerke darüber trocken bleiben. Deshalb wurden alle Mauern rings um das 130 Meter lange und 80 Meter breite Gebäude durchgesägt und ein Edelstahl-Blech eingeschoben.


Anbauten stehen auf Pfählen

Die neuen Anbauten wurden sogar jeweils auf 30 acht Meter tiefe Pfähle gestellt, an den Außentüren werden Freibords vorgesehen und der hintere Teil des Innenhofes wird angehoben: Lediglich einen Damm an der

Einfahrt zu bauen, würde nicht reichen: "Das Wasser würde einfach von unten hoch gedrückt", berichtet Teichmann. Den Hof als ganzes anzuheben, wäre von der Höhe des denkmalgeschützten Innengangs nicht gegangen, außerdem hätte damit die Architektur ihren Reiz verloren. Deshalb wird nun nur die südliche Hälfte des Innenhofes, der auch für Konzerte genutzt werden kann, um knapp einen Meter bis auf die Höhe des Erdgeschosses

aufgefüllt.

Zuständigkeit Das Wasserwirtschaftsamt Bad Kissingen betreut die Region Main-Rhön, also die vier Landkreise Bad Kissingen, Rhön-Grabfeld, Haßberge und Schweinfurt.

Quellen Die Behörde betreut 15 staatlich anerkannte Heilquellen verteilt auf die drei Staatsbäder Bad Bocklet, Bad Brückenau und Bad Kissingen sowie Bad Königshofen und Bad Neustadt.

 


Gewässer Das Wasserwirtschaftsamt beobachtet ständig die Pegelstände an Teilen des Mains sowie an Saale, Sinn, Streu, Thulba und Lauer.

Info Die Behörde informiert zu vielen Themen rund ums Wasser auf ihrer Homepage www.wwa-kg.bayern.de. Der Hochwassernachrichtendienst hat eine eigene Seite unter www.hnd.bayern.de. Zudem hat jeder Pegel auch eine eigene Telefonnummer, über die der Wasserstand abgerufen werden kann. Der Pegel am Regentenbau zum Beispiel wird unter Tel.: 01804/ 370 037 638 angesagt. rr