Besinnlicher Stress im Pfarramt
Autor: Robert Huger
Bad Kissingen, Dienstag, 23. Dezember 2014
Dekan Thomas Keßler hat in der Vorweihnachtszeit einiges zu tun. Festgottesdienste, Kinderkrippenfeiern und Christmetten müssen organisiert werden. Da bleibt wenig Zeit für die Bescherung.
Bad Kissingen — Gerade mal zwei Stunden bleiben Thomas Keßler für die private Weihnachtsfeier. "Es muss vieles vorbereitet werden", sagt der Bad Kissinger Dekan, "die Gottesdienstübersicht zu erstellen ist eine halbe Doktorarbeit." Zwischen Familiengottesdienst und Christmette trifft er sich Heiligabend mit seiner Mutter und den Kaplanen Sylvester Ajunwa und Paul Reder.
Im Pfarrhaus essen sie gemeinsam zu Abend, lesen aus dem Weihnachtsevangelium, singen und dann gibt es Bescherung. Wenn die Zeit reicht, trinken sie dazu ein Glas Wein.
Zwischen den Jahren
Nicht nur die Organisation vor und während der Weihnachtsfeiertage beschäftigt Thomas Keßler. "Ein großer Arbeitsbrocken ist der Jahresabschluss", sagt er. Denn so eine Predigt zum Jahreswechsel soll die Menschen schließlich zum Nachdenken anregen und ihnen Hoffnung geben.
"Ich möchte einen Impuls setzen, der alle erreicht", sagt Thomas Keßler. Um diesen Impuls treffend auszuarbeiten, braucht es seine Zeit. Mehrere Tage nimmt das Verfassen der Predigt in Anspruch. Doch auch in der Weihnachtspredigt sollen möglichst viele verschiedene Lebenssituationen angesprochen werden.
"Gottesdienste an sich sind Seelsorge", sagt der Dekan. Die Menschen würden gestärkt hinausgehen. Damit sind auch die gemeint, die zur Kur oder zur Reha in Bad Kissingen sind. "Viele haben mir gesagt, dass der Besuch im Gottesdienst wichtig für ihren Heilungsprozess war", erzählt Thomas Keßler.
Bedeutung von Weihnachten
Unangenehmen Themen würde man dabei nicht aus dem Weg gehen. Tod und Krankheit werden ebenso im Gottesdienst aufgegriffen wie die Flüchtlingsthematik. "Die Geschichte von Maria und Josef hat ja fast eine beklemmende Ähnlichkeit zur Situation vieler Menschen", sagt Thomas Keßler.
Eine gute Atmosphäre in den Gottesdiensten ist für Keßler der Grundstein für ein schönes Fest. Er freut sich aber genauso über die Gemeinschaft im Pfarrhaus. Das schönste Geschenk wäre für ihn, wenn in den Gemeinden die Freude des Glaubens sichtbar würde. "Wenn sie das ausstrahlen und sagen: Ja, ich bin Christ", sagt der Dekan.
Mit den Menschen, die nur zu Weihnachten in die Kirche sehen hat er kein Problem. Im Gegenteil: "Das ist eine gute Möglichkeit sie anzusprechen", sagt er. Verurteilen werde er sie deshalb nicht. Er freut sich darüber, dass diese Leute kommen. Denn der Besuch könnte eine Stärkung für ihr Leben sein. Thomas Keßler sieht es als Chance, das Glaubensbewusstsein zu wecken.
Viele Menschen würden annehmen, zu glauben sei schwer. Der Glaube sei aber vielmehr ein "Hoffnungszettel", den man in der Tasche habe. Ob die Menschen diesen nun annehmen oder nicht - an Heiligabend wird die Kirche wieder sehr gut gefüllt sein. "Da fällt keiner um", sagt Keßler.