Begegnung im neuen Zuhause
Autor: Stefan Geiger
Oerlenbach, Mittwoch, 10. Februar 2016
Die Diakonie Würzburg hat in Oerlenbach ein Haus als Unterkunft für minderjährige Flüchtlinge erworben.
In der Baumgartenstraße 15 in Oerlenbach eröffnete die Evangelische Jugendhilfe eine Wohngruppe für minderjährige Flüchtlinge, die aus Afghanistan und nordafrikanischen Terrorgebieten flohen und in Deutschland eine neue Bleibe suchen. Bei einem "Winterkaffee" konnten sich Jugendliche und Nachbarschaft kennen lernen.
Die Evangelische Jugendhilfe gehört zu den Trägern, die sich um alleinstehende Jugendliche - aktuell um junge Leute aus anderen Ländern
- kümmern. "Auf der Suche nach einer weiteren dezentralen Unterkunft ergab sich in Oerlenbach die Möglichkeit, ein geeignetes Gebäude zu erwerben", erläuterte Jürgen Keller von der Diakonie Würzburg den Weg nach Oerlenbach, wo bereits im Gemeindeteil Ebenhausen eine Unterkunft für 60 Flüchtlinge besteht und sich ehrenamtliche Helfer engagieren.
Ein Teil der Gemeinde
"In Unterfranken betreiben wir 20
Unterkünfte, im Landkreis Bad Kissingen, der uns beispielhaft unterstützt, jetzt drei. In Würzburg steht uns eine ehemalige Schule zur Verfügung. Dort waren zunächst die neun Jugendlichen, die jetzt hier sind. Wir setzen auf kleinere Wohneinheiten mit dem Ziel, Teil der Gemeinde und des Landkreises zu werden. Die Jugendlichen freuen sich auf das Miteinander in der unmittelbaren Umgebung und im Dorf", ergänzte Keller mit Hinweisen auf die besorgniserregenden
Entwicklungen in Nahost und Afrika, wo die Welt aus den Fugen zu geraten scheint.Aktuell leben in der Unterkunft neun Jugendliche zwischen 15 und 17 Jahren. Für drei weitere besteht noch Platz. Sie flohen vor Krieg, Gewalt und Terror aus Mali, Somalia, Eritrea und Afghanistan und hoffen auf einen Neubeginn. Fachkräfte betreuen die Jugendlichen rund um die Uhr.
Deutschkurse
"An erster Stelle steht das Erlernen der deutschen
Sprache", macht Selam Berhane als Leiterin des Hauses deutlich. "Wir vermitteln selbst Sprachkenntnisse, organisieren aber parallel die weitere Integration mit dem Schwerpunkt Deutschunterricht. Ein Junge besucht bereits die Mittelschule Oerlenbach, fünf werden in Kürze in die Berufsschule Bad Kissingen gehen. Alle sind enorm wissbegierig.
Sie wollen ihr Leben in die Hand nehmen, nachdem sie den langen Fluchtweg geschafft haben." Bei der Begegnung verstärkten die jungen Leute diese Haltung. Alle können sich bereits ein wenig auf Deutsch verständigen. Sie begrüßten jeden Gast mit einem freundlichen Lächeln und erfreuten mit Kaffee, Kuchen und kleinen Speisen aus ihrer Heimat, zubereitet in der Küche im Haus.
Klarer Stundenplan
Hier
leben sie in Zweibettzimmern, haben ein Wohnzimmer und können im Keller Musik hören oder sich an einem "Kicker" die Zeit vertreiben. Es gibt einen klaren Stundenplan, der den Tagesablauf regelt. Dazu kommen allgemeine Verhaltensregeln, denen sich alle verpflichten.Sozialpädagogische Fachkräfte betreuen die Neuankömmlinge, die sich allein auf den weiten Weg mit all ihren Risiken machten. Raziq Safdari aus Afghanistan war vier Monate unterwegs, Mauti Diano aus Mali wagte die gefährliche Bootsfahrt übers Mittelmeer. Sie strahlen zusammen mit den anderen voller Freude über ihr neues Zuhause.
Rundgang durch die Einrichtung
Bilder verdeutlichen ihre Hoffnungen: "I love Deutschland" oder "No Racism". Zur Seite steht ihnen in allen rechtlichen und sozialen Fragen ein Vormund.
"Er ist für uns in der Jugendhilfe wichtiger Ansprechpartner für die Belange der Minderjährigen", ergänzt Thomas Duda als stellvertretender Leiter des Jugendamts am Landratsamt Bad Kissingen. Als Oerlenbacher kam er ebenso wie stellvertretender Landrat Alfred Schrenk, Bürgermeister Franz Kuhn, Ortsreferent Klemens Wolf und Pfarrer Philipp Klein zu dieser Begegnung, von der alle angetan waren. Bei einem Rundgang konnte das Konzept erlebt werden.
Wesentlich zu den guten Eindrücken trugen die jungen Flüchtlinge in ihrer freundlichen, herzlichen und aufgeschlossenen Art bei. Dies honorierten auch die Anwohner, die von der Jugendhilfe in persönlichen Gesprächen auf die Neuankömmlinge vorbereitet und zu diesem Treffen eingeladen wurden.