Bad Kissinger Hotels: Diebe klauen sogar Bilder von den Wänden
Autor: Susanne Will
Bad Kissingen, Montag, 12. August 2019
Gäste stehlen alles, was nicht niet- und nagelfest ist. Warum? Weil es mit dem Gewissen des Menschen nicht weit her ist, sagt ein Psychologe
Kaiserhof Victoria, Hotel Bristol oder das Astoria - sie gehören zu den besten Adressen in Bad Kissingen. Wer in Hotels wie diesen absteigt, der kann es sich leisten, sprich, der nagt nicht am Hungertuch. Und trotzdem klauen manche Gäste in Hotels wie die Raben.
Wobei es nicht unbedingt nur um Handtücher geht. Nadja Kleussner vom Astoria Hotel in der Martin-Luther-Straße kann sich da nur wundern: "Bei uns verschwinden die Tassen aus den Zimmern." Das Hotel bietet als Service einen Wasserkocher samt Instant-Kaffee und Teebeutel an. Der Gast kann sich so ein schnelles Heißgetränk zubereiten. "Eigentlich sollte man davon ausgehen, dass diese Kunden sich zuhause Tassen leisten können", sagt sie. Und: Die Tassen seien nicht mal hochwertig, es ist Massenware von Tchibo. Doch es sind nicht nur die Tassen: Auch der Tüten-Kaffee und die nicht genutzten Teebeutel wandern in den Koffer. "Und Duschgel wird natürlich immer mitgenommen." Der kurioseste Diebstahl allerdings war einmal ein Bild, das zur Dekoration im Zimmer hing. Es passte wohl noch genau in den Koffer.
Mit der Lampe in der Hand
Markus Schmidt ist erst seit vier Wochen Hoteldirektor im Hotel Kaiserhof Victoria am Kurgarten. Doch er blickt auf große Erfahrungen in der Hotelbranche. Einst war er in einem Luxus-Privathotel in Köln. "Da ging ein Gast ganz normal eine opulente Treppe Richtung Rezeption hinunter - und er trug eine Lampe in der Hand." Eigentlich ein ganz normales Bild: Da geht einer mit einer Lampe umher. Der erste Gedanke ist sicherlich: Der Mann ist berechtigt, die Lampe durchs Hotel zu tragen, vielleicht ist sie kaputt. War sie aber nicht - der Mann war ein Dieb. Dreist versuchte er, mit der Lampe langsam das Haus zu verlassen. Allerdings schaltete im letzten Augenblick ein Rezeptionist und brachte die Lampe zurück.
"Kaffeelöffel und Bademäntel, das geht immer", frotzelt Schmidt, "das ist natürlicher Schwund". Der Grund, warum es in vielen Hotels nun Kleiderbügel zum Einhaken in die Stange gibt, seien eben die häufigen Diebstähle. "Doch hier haben wir noch normale Bügel, ich möchte nicht, dass meine Gäste vor dem Schrank herumfummeln müssen." Wie an die Gäste unterschwellig appelliert wird: "Man kann Kärtchen in die Taschen der Bademäntel stecken, auf denen steht, dass das Kleidungsstück für den Aufenthalt zur Verfügung gestellt wurde - und im Bedarfsfall auch gekauft werden kann." So scheint sich dann doch das Gewissen des ein oder anderen zu melden. "Wenn viele Bademäntel verschwinden, dann wird das teuer, das merken Sie nach einem Jahr." Und wenn auf den Mänteln kein Logo des Hotels zu finden sind, dann wird wohl auch nicht der Trophäen-Sammler angetriggert - ohne Branding bleiben die Bademäntel länger im Haus.
"Damit kann man leben"
In Laudensacks Parkhotel sind es kurioserweise nur die kleinen Gästehandtücher aus der Toilette, die in den Koffern der Gäste rausgeschmuggelt werden. "Und Holzkleiderbügel", sagt der Chef Hermann Laudensack. "Aber damit kann man leben, das lässt die Welt nicht untergehen." Ob am Ende des Jahres noch jedes Besteckteil zu finden ist, interessiert ihn nicht. "Ich zähle nicht nach. So weiß ich es nicht und muss mich nicht ärgern. Kontrolle ist gut, Vertrauen ist besser."
"Du siehst es ihnen nicht an"
Für Lucienne Mabrouk vom Dappers Hotel Spa in der Menzelstraße ist das Schlimmste an den Diebstählen, dass sie jetzt weiß: Jeder Mensch könnte ein potenzieller Dieb sein. "Du siehst es ihnen ja nicht an." In ihrem Hotel steht auf der Liste der geklauten Dinge an erster Stelle der Bademantel. "Ob mit Logo oder ohne - die fehlen immer wieder."
"Bei uns stellen die Gäste noch was dazu"
Ganz andere Aussagen kommen aus dem "Wohlfühlhotel Saxonia" in der Bergmannstraße. Heike Engels: "Weder Bademäntel noch Handtücher - bei uns wird nichts geklaut." Sie macht die Größe des Hotels dafür verantwortlich: "Wir sind ein kleines Haus, hier kann es gar nicht anonym zugehen. Die Gäste treffen meine Mutter und ich vier bis fünf Mal am Tag, da kommt man sich näher." Ihre Mutter Marianne Engels: "Es geht sogar noch weiter: Die Gäste stellen uns noch was dazu." Denn die Dekoration im Haus ist üppig und oft antik. "Da könnte man jetzt denken: Gerade Antikes wird gestohlen. Aber nicht bei uns: Stammgäste bringen uns immer wieder einmal ein Kleinod mit, auf dass wir unsere Deko erweitern können."