Bad Kissinger Historie zum Sonderpreis
Autor: Edgar Bartl
Bad Kissingen, Mittwoch, 24. April 2013
Das Inventar des früheren Steigenberger Kurhaushotels in Bad Kissingen kommt am Donnerstag unter dem Hammer. Am Mittwoch konnten die Relikte aus glanzvollen Zeiten des Fünf-Sterne-Hauses besichtigt werden.
Der Preis ist heiß, Helmut Preis aber ist ganz cool, wenn heute ab 9 Uhr das Inventar des früheren Steigenberger Kurhaushotels an den Meistbietenden verramscht wird. Preis ist der Versteigerer des Zentralfinanzamts Nürnberg und versucht, einen möglichst hohen Erlös zum Frommen des Freistaats zu erzielen.
Das macht er seit 1999 und mit großer Leidenschaft. Auf einen Zuschlagshammer ("gibt's bei mir nicht") verzichtet er.
Er "dirigiert" quasi die Bieter mit einem Kugelschreiber. Den Wert der Gegenstände - sie füllen eine Liste mit 23 Seiten - hat er, reine Erfahrungssache, auf 180 000 Euro taxiert; mindestens.
Das Angebot reicht von A wie Armlehnstuhl über eine Küche für 8000 Euro bis Z wie Zeitungsständer. Eine Nudelmaschine sollte 20 Euro für die Staatskasse bringen, ein Kaffeeautomat mit Unterschrank 1000.
Tagelang hat das Team im Winter im ungeheizten Hotel gebraucht, um alles zu erfassen. So gefroren habe er nicht mehr seit einer Bundeswehrzeit, erinnert sich Thomas Rögner, der Verwalter der Pfandkasse.
Preis weiß nicht, was heute auf ihn zukommt. Er und sein fünfköpfiges Team haben 100 Stühle im Ex-Restaurant aufstellen lassen. Viele Gespräche mit potenziellen Käufer habe es gegeben. 150 Kataloge waren binnen einer Stunde vergriffen. Einem Ansturm sieht er gelassen entgegen. Schließlich hat er schon einmal eine komplette Sargfabrik versteigert, "zügig".
Am Mittwoch konnten sich Interessenten ein Bild vom Angebot machen. Die Neugier war groß, das Kaufinteresse eher nicht. Kein Wunder: Die meisten Gegenstände sind nur bedingt verwendbar. Vieles ist zwar hochwertig, aber doch Geschmacksache, fest eingebaut oder oft ziemlich abgewohnt.
Als Ganzes uninteressant
Billig muss nicht preiswert sein, die Teile der Küche "müssen aber auch passen". Die komplette Einrichtung, wie angeboten, sei "uninteressant", hieß es. Eventuell einen Dampfgarer oder Gitterwagen, nicht aber die Kühlung, weil unwirtschaftlich.
Das sieht Thorn Plöger, der Verwaltungsleiter der Hescuro-Klinik ähnlich. Schon bei der Hotelschließung hat er eine Menge erworben. Jetzt schaut er nach Gartenmöbeln, Tischen, Stühlen, Accessoires und vielleicht einen Rollgitterwagen aus der Küche. Ein Konvektomat kommt nicht in Betracht, da er von einem anderen Hersteller ist als der in seiner Klinik. Das gäbe nur Probleme bei der Wartung.
Die Zimmer seien "ja in Ordnung, aber was wollen Sie damit?", sagt Christian Weghofer, der Geschäftsführer des Hotels "Kaiserhof Victoria". Aber das alles sei "bei weitem keine fünf Sterne, sondern eine Zumutung". Auch sei es seit über zwei Jahren ungenutzt, ob das noch funktioniert? Dann entdeckt Weghofer einen Schreibtisch aus Massivholz, der ihm - aufgearbeitet - gefallen könnte. Samt Stuhl, Lampe und Spiegel soll er 300 Euro kosten, mindestens.
Ein Stück historische Tapete hat Birgit Schmalz im bescheidenen Büro von Hoteldirektorin Birgit Borchert entdeckt. Sie und Stadtarchivar Peter Weidisch sondieren, ob sie etwas brauchen und ersteigern können für die städtische Sammlung.
"Eingestaubt und recht versifft"
Auch die ältere Dame mit Rückenproblemen übt sich in Bescheidenheit. Sie will nur einen Stuhl, auf dem sie bequem sitzen kann. Die werden aber einzeln (zunächst) nicht angeboten.
Paul Dürr aus Bergrheinfeld will sich überraschen lassen, während der Bad Kissingerin Steffi Schön viele Dinge doch "recht teuer" vorkommen. "Total unrealistisch" nennt Manfred Schiefer (Bad Brückenau) die Preise. Er interessiert sich eventuell für Bilder. Aber die seien "eingestaubt und recht versifft".
Handarbeit vom Feinsten
Siegfried Weber klimpert ein wenig auf einem Flügel, den er aber nicht ersteigern wird: "Dann würde meine Frau ausziehen". Der Stuckateurmeister ist von der Decke des Saals beeindruckt. Da sei noch Alabastergips verwendet worden und kein Styropor; "alles mit der Hand gezogen". Das sollte erhalten bleiben, wünscht er sich.
Wie auch immer, Helmut Preis geht davon aus, dass die Relikte aus besseren Zeiten zügig an die Frau, an den Mann gebracht werden. Ob er die angepeilten 180 000 Euro erreichen kann, wisse er nicht.Dann könnte manches billiger werden als ausgeschrieben. Und wenn er heute alles versteigern kann, "wenn nicht, sehen wir weiter".
Termin Die Versteigerung findet am heutigen Donnerstag von 9 bis 12 und von 13 bis 16 Uhr im früheren Kurhaushotel statt. Einlass ist um 8 Uhr. Gegebenenfalls geht es am Freitagvormittag weiter. Zum, Aufruf kommen zunächst Posten wie 60 Zimmereinrichtungen für 60 000 Euro. Wenn die niemand will, werden die Gegenstände einzeln angeboten.
Regeln Bieterkarten gibt es gegen den Personalausweis oder Pass. Bargeld lacht: Kreditkarten oder Schecks werden nicht akzeptiert. Gebühren werden nicht erhoben. Der Zuschlagspreis ist der Endpreis.
Abholen Jeder Ersteigerer muss sein neues Eigentum selbst ausbauen und abholen (lassen). Das muss bis spätestens Mittwoch, 15. Mai, nach Absprache mit der Immobilien Freistaat Bayern in Bad Kissingen (Rufnummer: 0971/ 699 80 10) geschehen.