Bad Kissingen: Vier-Tage-Woche in Arztpraxen stößt auf Ablehnung - "Frechheit hoch drei"
Autor: Ralf Welz
Bad Kissingen, Donnerstag, 12. Januar 2023
Der Ärzteverband Virchowbund ruft Arztpraxen zur Vier-Tage-Woche auf. "Das ist eine Frechheit hoch drei", kritisiert Herbert Schulze vom Ärztlichen Kreisverband Bad Kissingen den Vorstoß. Er rechnet diesbezüglich mit gravierenden Nachteilen für die Patienten.
- Bad Kissingen: Idee von Vier-Tage-Woche in Arztpraxen trifft auf Widerstand
- Ärztlicher Kreisverband lehnt Vorstoß entschieden ab - Vorstand übt scharfe Kritik
- "Begründung allein ist Ungeheuerlichkeit" - Mediziner befürchtet Nachteile für Patienten
Arztpraxen sollen künftig mittwochs komplett geschlossen bleiben - zumindest nach dem Willen des sogenannten Virchowbunds. Der Ärzteverband ruft die Praxen dazu auf, ihren Betrieb auf eine Vier-Tage-Woche umzustellen. Das Hauptargument für den drastischen Schritt: Der Mittwoch soll fortan zur Bewältigung der Bürokratie und zur Fortbildung genutzt werden. "Die Begründung allein ist eine Ungeheuerlichkeit", sagt Dr. Herbert Schulze im Gespräch mit inFranken.de. Der Vorstand des Ärztlichen Kreisverbands Bad Kissingen lehnt die Idee entschieden ab.
Bad Kissingen: Ärztlicher Kreisverband spricht sich gegen Einführung von Vier-Tage-Woche in Arztpraxen aus
"Das ist eine Frechheit hoch drei", erklärt Schulze. Der Orthopäde, der in Bad Kissingen selbst eine Praxis betrieb, hält die Umstellung auf eine Vier-Tage-Woche in den Arztpraxen für grundverkehrt. "Seit Jahren machen wir die Arbeit der Krankenkassen", sagt er. "Die Stimmung bei den niedergelassenen Ärzten ist schlecht." In Sachen Bürokratie werde dem Personal bereits jetzt viel abverlangt. "Für die eigentliche Arbeit in den Praxen bleibt immer weniger Zeit", beklagt der Mediziner. Die Straffung auf nur noch vier Öffnungstage würde die Lage laut Schulzes Auffassung zusätzlich verschärfen.
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"Die Verwaltungsarbeit ist sozusagen auszuweiten - zulasten der Patienten", beschreibt der Kreisverband-Vorstand den Vorstoß des Virchowbunds in seiner eigenen Lesart. Schon gegenwärtig sei es für die Patienten häufig schwierig, an einen Arzttermin zu gelangen. "Das ist die ganze Problematik." Im Raum Bad Kissingen stehe eine Mittwochschließung von Praxen daher kaum zur Debatte, berichtet Schulze. "Der Tenor ist überwiegend der, dass eine Vier-Tage-Woche kein Thema ist."
Um den Bürokratie-Kraftakt zu bewerkstelligen, sieht der Interessenvertreter der Bad Kissinger Ärzte die Politik in der Pflicht. "Hier ist ganz klar der Gesetzgeber gefragt", betont er. Die Verwaltungsarbeit sollte Schulze zufolge Aufgabe von Beschäftigten der Verwaltung sein und nicht die Aufgabe der Mediziner - "damit sich die Ärzte auf ihr Kerngeschäft konzentrieren können."
Elektronische Krankschreibung: Funktionär berichtet von Mehraufwand - "nicht die Aufgabe der Ärzteschaft"
Als zuletzt negative Entwicklung für seinen Berufsstand nennt der frühere Orthopäde die Einführung der digitalen Krankschreibung. Seit 2022 ist der Versand der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) an die Krankenkassen für alle Ärzte verbindlich. "Das ist eigentlich nicht die Aufgabe der Ärzteschaft", gibt der Funktionär zu bedenken. Auch für die Arzthelferinnen stelle die Neuerung einen zusätzlichen Aufwand dar. "Der Beruf wird sicherlich nicht attraktiver dadurch", hält Schulze mit Blick auf den Fachkräftemangel in den Praxen fest.
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