Bad Kissingen: Tafel-Kunden zum Weihnachtsessen eingeladen

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Tafel-Vorsitzender und Stadtrat Wolfgang Speyer (von links), Kurgartencafé-Betreiber Jochen Wehner und stellvertretende Tafel-Vorsitzende Dagmar Ziegler mit Gästen des Weihnachtsessens. Foto: Sigismund von Dobschütz
Tafel-Vorsitzender und Stadtrat Wolfgang Speyer (von links), Kurgartencafé-Betreiber Jochen Wehner und stellvertretende Tafel-Vorsitzende Dagmar Ziegler mit Gästen des Weihnachtsessens. Foto: Sigismund von Dobschütz
Wie die aus Kasachstan stammende Elena (vorne rechts) freuten sich über 100 Tafel-Bezieher über die Einladung zum Weihnachtsessen im Kurgartencafé. Foto: Sigismund von Dobschütz
Wie die aus Kasachstan stammende Elena (vorne rechts) freuten sich über 100 Tafel-Bezieher über die Einladung zum Weihnachtsessen im Kurgartencafé. Foto: Sigismund von Dobschütz
 

Es herrschte große Freude bei den Beschenkten: Das Kurgartencafé lud die ein, die sich ein solches Menü nicht leisten können.

Schon zum dritten Mal hatten Küchenmeister Jochen Wehner und sein Team am Donnerstag die Kunden der Kissinger Tafel und deren ehrenamtliche Helfer zum Weihnachtsessen ins Kurgartencafé eingeladen. "Ich bin sehr dankbar", freute sich die aus Kasachstan stammende Elena wie alle Gäste über das ungewöhnliche Festessen.

Seit 24 Jahren lebt Elena in Bad Kissingen und fühlt sich trotz ihrer extrem bescheidenen Lebensumstände sehr wohl "in der schönsten Stadt Deutschlands". Ihre Rente reicht gerade einmal für die Miete, obwohl sie 45 Jahre gearbeitet hat, verrät sie. Regelmäßig geht sie deshalb einmal pro Woche zur alten Feuerwache, um dort von den Helfern der Kissinger Tafel mit dem Nötigsten versorgt zu werden. Nicht nur das gute Weihnachtsessen sorgt bei ihr an diesem Tag für besondere Stimmung, sondern auch die Gelegenheit, sich mit Freunden und Bekannten in geselligem Rahmen treffen zu können.

An langen Tischen sitzen die über hundert Erwachsenen mit und ohne Migrationshintergrund. Auch Familien mit Kindern sind darunter, die sich am reichhaltigen Büfett nach Herzenslust bedienen dürfen. Für Gastgeber Jochen Wehner, der selbst, wie er zugibt, noch nie Hunger leiden musste, ist dieses Weihnachtsessen jedes Mal eine besonders berührende Erfahrung. "Ich konnte mich zum ersten Mal richtig satt essen", hatte er schon mal gehört, als Gäste sich bei ihm nach dem Festessen bedankten. Wehner: "Dann bekomme ich eine Gänsehaut."

Vor dem Weihnachtsfest 2017 hatte sich Wehner überlegt, nicht nur wie andere Geld zu spenden, sondern etwas für seine Stadt und ihre Bewohner zu tun. Über seinen früheren Geschäftspartner und heutigen Tafel-Helfer Robert Stadtmüller kam er damals mit dem Vorstand der Kissinger Tafel ins Gespräch. Schnell war die Idee geboren, deren Kunden ein paar Tage vor Weihnachten zum Essen einzuladen. "Wenn alle anderen bei den Weihnachtseinkäufen sind, ist es im Kurgartencafé etwas ruhiger."

Zur Premiere kamen weniger als 50 Gäste, 2018 waren es schon über 80 und diesmal sogar mehr als hundert Erwachsene sowie etwa 20 Kinder, die sich nach dem Essen sogar noch über eine große Tüte voller Spielzeug freuen durften, gestiftet von Spielwaren Ahlert. "Unser Weihnachtsessen spricht sich allmählich herum", folgert Wehner. Etwa 25 Euro pro Person würde das Büfett mit einer Auswahl warmer Speisen, Desserts, Kaffee und Kuchen und nicht alkoholischer Getränke im normalen Verkauf wohl kosten, verrät er erst auf Nachfrage dieser Zeitung. Der Kaffee wurde von der Kaffeerösterei Bühner gestiftet.

Dass nicht nur die Kunden der Kissinger Tafel, sondern auch alle ehrenamtlichen Helfer zum Weihnachtsessen eingeladen werden, darüber freut sich deren Vorsitzender und Stadtrat Wolfgang Speyer. Er ist zum zweiten Mal dabei. So ganz kostenlos ist dieses Festessen für die "Bezieher" nicht, wie die Kunden der Tafel im offiziellen Sprachgebrauch genannt werden. Wie bei Abholung ihrer Lebensmittel und Haushaltswaren jeweils mittwochs oder samstags in der alten Feuerwache müssen die Gäste auch für das Weihnachtsessen einen Obolus von zwei, drei oder vier Euro bezahlen, erklärt Speyer. Der Preis richtet sich danach, ob es sich bei den Beziehern um Einzelpersonen, Paare oder sogar Familien mit Kindern handelt. Angekündigt wird die Einladung des Kurgartencafés immer frühzeitig durch einen Aushang. Auch Speyer bemerkt, dass es immer mehr Weihnachtsgäste werden. Doch vermutet er als Grund nicht allein die Mund-zu-Mund-Werbung, sondern vor allem die wachsende Zahl der Notleidenden auch in Bad Kissingen. "Die Zahl unserer Bezugsberechtigten steigt immer mehr an."