Bad Kissingen: Schwere Aufgaben für neue Caritas-Führung
Autor: Benedikt Borst
Bad Kissingen, Dienstag, 01. Februar 2022
Der ehrenamtliche Vorstand wechselt in den neuen Caritasrat, die Geschäfte leitet ein hauptamtlicher Vorstand. Aufgaben warten genug: Von der Impfpflicht und Furcht vor Personalengpässen bis zum Sparkurs des Bistums.
Der Caritasverband für den Landkreis Bad Kissingen: Das sind 230 Mitarbeiter und weit mehr als 150 Ehrenamtliche, die sich in der Altenhilfe und in Beratungsstellen um Menschen kümmern, die Hilfe brauchen. "Wir sind in der Fläche unterwegs. In jedem Dorf werden Menschen versorgt", sagt Anne Hilpert-Böse. Die 41-Jährige leitet seit 2016 als hauptamtliche Geschäftsführerin die Geschicke des Kreisverbandes.
Die Geschäftsführung hatte sie sich bislang mit einem ehrenamtlichen Vorstand geteilt. Weil die Aufgabe für die Ehrenamtlichen zu umfangreich geworden ist, hat der Kreisverband seine Führungsebene neu organisiert: Ab sofort gibt es keine Geschäftsführung mehr, sondern einen hauptamtlichen Vorstand. Hilpert-Böse ist nun nicht mehr als Geschäftsführerin, sondern als Vorständin für das Operative verantwortlich. Ihr steht ein neuer Caritasrat als Beratungs- und Aufsichtsgremium zur Seite.
Vier Jahre wurde die Umstrukturierung vorbereitet, Ende letzten Jahres trat sie mit einer neuen Vereinssatzung in Kraft. Der Vorteil liegt für Hilpert-Böse auf der Hand. Der ehrenamtliche Vorstand erfüllte bislang eine Doppelfunktion: Obwohl er in die Geschäftsführung mit eingebunden war, sollte er gleichzeitig als Aufsichtsgremium der Geschäftsführung auf die Finger schauen. "Jetzt haben wir eine klare Trennung zwischen diesen Funktionen", sagt sie. Der Verband könne schneller handeln, weil keine Gremiumssitzungen für wichtige Entscheidungen abgewartet werden müssen. Zudem würden die Ehrenamtlichen entlastet und der Aufsichtsrat gestärkt. Mit der Änderung setze man aktuelle Vorgaben des Gesetzgebers sowie der Bischofskonferenz um.
Klaus Eckert, Caritasseelsorger in Hammelburg, wechselt aus dem bisherigen Vorstand in den Aufsichtsrat. "In dem Maß, in dem der Verband gewachsen ist, war es für das Ehrenamt nicht mehr möglich, im operativen Geschäft mitzuarbeiten", betont er. Die vergangenen drei bis vier Jahre haben dem Kreisverband einiges abverlangt - auch ohne Neuausrichtung und ohne Corona-Pandemie. Finanzielle Sorgen, schwierige Personalentscheidungen, das Aus für das Caritas-Kramlädchen in Bad Kissingen. "Die letzten waren die intensivsten Jahre, in denen wir mit dem Rücken zur Wand standen", sagt Emil Müller, der sich 27 Jahre als Vorsitzender engagiert hatte. Die Schwierigkeiten sieht er heute als gemeistert, der Caritasverband habe die Voraussetzungen, dass es in den nächsten Jahren gut weitergeht. "Die Caritas wird nach wie vor gebraucht in der Gesellschaft", betont Müller.
Die Aufgaben gehen der Vorständin und dem neuen Aufsichtsrat so schnell nicht aus, etwa in der Altenpflege: Der Kreisverband hat unlängst zwei Tagespflegestationen eröffnet, in Garitz und Elfershausen. Beide Einrichtungen starteten in der Pandemie - mit entsprechenden Schwierigkeiten und einem wirtschaftlichen Defizit. Während die Tagespflege in Garitz weiterhin schleppend läuft, werde die in Elfershausen laut Hilpert-Böse inzwischen gut angenommen.
Sorgen bereiten im Moment die Personalsituation in der Altenpflege sowie die Impfpflicht für die dort Beschäftigten. Die Vorständin betont, dass die Mehrzahl der Beschäftigten des Kreisverbandes geimpft sind, es aber auch Kolleginnen und Kollegen gibt, die sich aus nachvollziehbaren Gründen nicht oder noch nicht haben impfen lassen. "Schon einzelne Kündigungen wegen der Impfpflicht können zu Versorgungsengpässen in der Altenpflege führen", befürchtet sie. Alle Kolleginnen und Kollegen würden geschätzt und benötigt. Ungeimpfte seien nicht per se unsolidarisch und Querdenker, sondern hätten Ängste, die für Dritte manchmal weniger verständlich, aber nachfühlbar sind.
Dass ehrenamtliche Vorstände zunehmend überlastet sind, sieht die Kissinger Caritas nicht nur bei der eigenen Verbandsführung, sondern auch an anderer Stelle als Aufgabe. "Im Landkreis befinden sich mehr als 50 Kindergärten, die von Kirchenstiftungen oder Caritasvereinen betrieben werden", berichtet Vorständin Anne Hilpert-Böse. Die Anforderungen an die Ehrenamtlichen seien zuletzt stetig gestiegen und würden weiter steigen. Die Folge: Die Kindergartenvereine haben zunehmend Probleme, Freiwillige zu finden, die sich im Vorstand engagieren. Der Caritasverband würde die Zusammenarbeit mit den Vereinen und Stiftungen künftig gern intensivieren. Noch ist es Zukunftsmusik, Hilpert-Böse hält es aber für eine Option, die Kindergartenträger "künftig unter einem Dach zu firmieren".