Bad Kissingen: Orthodoxe sorgen sich um ihre Kirche
Autor: Benedikt Borst
Bad Kissingen, Donnerstag, 06. Februar 2020
Die russische Kirche ist sanierungsbedürftig. Das Dach ist undicht, historische Fenster und die Ausmalungen im Innern müssen restauriert werden. Das stellt die Verantwortlichen vor erhebliche Schwierigkeiten.
Dimitrij Rahr hat nie in Bad Kissingen gelebt, dennoch verbindet ihn einiges mit der Stadt - genauer gesagt mit der russisch-orthodoxen Kirche. Rahr ist Vorsitzender der "Bruderschaft des heiligen Fürsten Wladimir". Die Bruderschaft ist ein kleiner karitativer Verein. Sie ist in Deutschland und Russland aktiv, hat vor 120 Jahren den Bau der Kirche in der Salinenstraße finanziert und ist bis heute als Eigentümer verantwortlich.
"Mich verbindet aber vor allem viel Familiengeschichtliches mit dieser Kirche", erzählt Rahr. Seine Geschwister haben alle hier geheiratet, vor allem aber stand sein Vater Gleb Rahr (1922 - 2006) der russischen Kirche in Bad Kissingen nahe. Gleb Rahr war KZ-Überlebender. Nach Kriegsende im Sommer 1945 traf sich die Familie in Unsleben (Rhön-Grabfeld) wieder. "Aus Dank sind mein Vater und sein Bruder nach Bad Kissingen in die Kirche gefahren", erzählt Dimitrij Rahr. Sie war wie viele andere Gebäude in der Stadt voller Flüchtlinge. "Mein Vater hat dann auf einem Holztisch im Gemeinderaum geschlafen, der heute noch dort steht", sagt er.
Wasserschaden im Allerheiligsten
Die Bruderschaft und auch die orthodoxe Gemeinde in Bad Kissingen stehen aktuell vor einigen Herausforderungen. Das Kuppeldach ist bereits seit längerem undicht, berichtet Priester Alexej Lemmer. "In den vergangenen Jahren hat es immer wieder in die Kirche getropft." Aufgrund des undichten Gewölbes hat es bereits einen größeren Nässeschaden im Altarbereich gegeben. An verschiedenen Stellen im Kircheninnenraum beginnt der Putz von den Wänden zu blättern. Erschütterungen durch Bauarbeiten in der Nachbarschaft hätten zu Rissen in den bunten Wandausmalungen geführt.
Seit Oktober steht ein Gerüst an der Kirche, über das die Arbeiter die Kuppel ausbessern. "Das große Problem sind die acht Fenster in der Kuppel", sagt Lemmer. Die Rahmen und Verstrebungen sind nach 120 Jahren total verrostet. Die Fenster können aber nicht einfach durch neue ersetzt werden. Aus Denkmalschutzgründen müssen sie ausgebaut, restauriert und dann wieder eingesetzt werden. Das ist laut Lemmer allerdings nicht von außen möglich. Die Arbeiter stellen dafür in den nächsten Wochen ein Baugerüst im Kirchenraum auf. Sind die Fenster und das Dach erneuert, arbeitet im Anschluss ein Restaurator die Fresken an den Wänden auf.
Im Außenbereich wird zudem eine Drainage gelegt, die den Keller vor eindringender Nässe schützt. Unter der Kirche befindet sich noch ein kleinerer Saal, den die Gemeinde als Abstellfläche nutzt. Auch hier gab es in der Vergangenheit Probleme mit Nässe und Schimmel. "Ein Saal unter dem Kirchenraum ist bei russischen Kirchen üblich", erklärt Lemmer. Dort können kleinere Feiern wie etwa Taufen abgehalten werden. In Kissingen wurde so ein Saal zwar angelegt, war bislang allerdings noch nicht fertig ausgebaut. Die Bruderschaft finanziert sich überwiegend aus Spendengeldern. Die hohen Sanierungskosten "sind für uns eine kleine Katastrophe", sagt Rahr. Die Bruderschaft sieht sich gezwungen, ein Darlehen über 300 000 Euro aufzunehmen. "Es muss sein. Die Schäden sind gravierend. Um die Kirche ist es sonst schlecht bestellt", meint er.
Vorübergehend nicht nutzbar
Während der Sanierungsarbeiten im Innern wird die Kirche den Gläubigen nicht zur Verfügung stehen. Sechs bis acht Wochen Dauer sind für die Fenster veranschlagt. Wie lange die Arbeiten an den Ausmalungen dauern, lässt sich derzeit noch nicht sagen. Für den Priester kommt erschwerend hinzu, dass die Gemeinde für das Osterfest am 19. April vermutlich auf einen anderen Ort ausweichen muss. "Da müssen wir uns noch überlegen, wie wir das machen", sagt Lemmer.
Der Priester überlegt, wie er mit den Aufgaben umgeht, die sich aus der Sanierung der russischen Kirche (siehe) für die kleine orthodoxe Gemeinde ergeben. Rund 100 Gläubige kommen im Normalfall zu einem Gottesdienst in das Gotteshaus in der Salinenstraße, erzählt er. An Hohefesten wie an Ostern, Weihnachten oder zum Patronatsfest nehmen bis zu 250 Gläubige an der Liturgie teil. Viele Gläubige fahren aus einem Umkreis von 100 Kilometern dafür nach Bad Kissingen. "Die Gemeinde besteht aus etwa 200 Familien, die regulär kommen", sagt er. Zu ihr gehören orthodoxen Russen, Kasachen und Ukrainer, aber auch Rumänen, Serben und Griechen. "Wir haben eine bunte Gemeinde."