Bad Kissingen: Max Mutzke macht Mut
Autor: Werner Vogel
Bad Kissingen, Sonntag, 20. November 2022
Ihre mitreißende Performance reichern der gereifte Sänger und Songwriter und die brillante Marialy Pacheco am Flügel mit starken Botschaften an.
Die Bühne ist karg, keine Blumen, keine Deko, ein Flügel, zwei Flaschen Wasser auf einem Hockerchen, sonst nichts. Braucht es auch nicht, denn da kommt Marialy Pacheco: Die Pianistin strahlt, wirft Küsschen ins Publikum. Kubanische Lebensfreude pur. Dann ein brillantes Vorspiel: Jazz vom Feinsten, der Auftrittsapplaus ist riesig. Will heißen: Was für ein Auftakt!
Die Bühne ist also bereitet, das Publikum eingestimmt auf Max Mutzke, das musikalische Ausnahmetalent der Szene. Er hat schon beim Kissinger Sommer 2021 überzeugt, ist "sehr gerne in diese schöne Stadt" und "in diesen unglaublichen Saal" gekommen, dankt dem Publikum. "Es ist wunderbar, wieder für Euch singen zu dürfen." Und er dankt "dem Bruno" (Heynen), dass er es gewagt hat, das Konzert anzubieten. Der Erfolg gibt dem Eventmanager der Staatsbad GmbH recht: Mutzke sieht den Saal "rappelvoll", tatsächlich ist das Parkett samt Seitenstühlen ausverkauft.
Die Texte haben es in sich
Schon mit seinem ersten Song gibt der deutschlandweit gefeierte Sänger, Songwriter und Komponist - dunkle Hose, dunkles Hemd, brauner Hut, die Richtung des Abends vor. "Du und ich" ist ein Song zum Mut machen. Einmal vorgesungen stimmt das Publikum in den Refrain ein: Alles was wir so haben... ist wie eine Aufforderung, nicht alles schlecht zu reden. Dass Mutzke eine tolle, variable Stimme hat, weiß man. Rockig heiß oder einfühlsam zart, was der Text verlangt und die Texte haben es in sich. "Mein Kopf auf deinem Schoß" variiert er mit gehauchter Kopfstimme, "die Welt ist noch da" klingt bei ihm wie eine Opernarie. Daran hat auch Marialy Pacheco großen Anteil. Die Piano-Begleitung, die das eingespielte Duo zusammen arrangiert hat, machen die Songs zu kleinen Kunstwerken. Bei fast jedem zweiten Lied ist das Publikum dabei, singt den Refrain mit, summt eingängige Passagen, wird zum Chor, den Mutzke dirigiert, fordert, rhythmisches Klatschen und Fingerschnipsen als Begleitung.
Sympathisch unaufgeregt
Keine seiner Ansagen und Zwischentexte wirken einstudiert, er moderiert sympathisch unaufgeregt, gerade das macht seine Botschaften so eindringlich. Achtsamkeit ist so eine, Vertrauen eine andere. Der Poet unter den Sängern hat die passenden Songs dazu geschrieben und komponiert. "Gute Nachrichten sind so selten" singt dann das Publikum mit. Und als Frage oder Aufforderung: "Nimmst du mich in den Arm." Ein mutiges Statement gegen Hassbotschaften und rechte Hetze ist Mutzke ein Anliegen, das unterstreicht dann Marialy Pacheco noch mit Ihrer eigenen Lebensgeschichte, erinnert an Unfreiheit in ihrer Heimat Kuba, in die sie nicht wieder einreisen darf, und die Errungenschaften wie Meinungsfreiheit und Demokratie bei uns.
Poesie mit eindringlicher Botschaft
In diesen Kontext eingewoben mit teils deutlichen Anspielungen, dann wieder versteckten Botschaften: "Wenn ich mal nicht mehr da bin, bleib so wie du bist" oder "Weil wir glücklich sind", wo der ganz Saal den Backgroundchor gibt. Poesie mit Aussage dann auch die letzten drei Songs, alle hochemotional begleitet vom virtuosen Piano: "Wir sind die beste Idee, die wir je hatten" und "Es ist dieselbe Sonne". Eindringliche Botschaften für den Nachhauseweg, dachte man, aber Mutzke hatte sich nach dem riesigen Schlussapplaus noch eine wunderbare Pretiose aufgehoben. Als Hommage an den Saal lässt er Lautsprecher, Verstärker und das Licht ausschalten und singt nur vom dezenten Flügel begleitet ein allerletztes Lied: "Schwerelos". Und so finden die Töne wunderbar leicht in die Höhe, wo die Kassettendecke sie noch ein wenig verstärkt. Lange, atemlose Stille, bevor dann stehende Ovationen und Jubel folgen. "Ausrasten", wie Mutzke das beschreibt.