Bad Kissingen ist auf Frau Holle vorbereitet
Autor: Edgar Bartl
Bad Kissingen, Mittwoch, 06. November 2013
Der Winter kann kommen, die Salzlager in Stadt und Landkreis Bad Kissingen sind voll, die Lkw aufgerüstet. Die Autobahnmeisterei Oberthulba hat ihren ersten Streu einsatz in dieser Saison bereits hinter sich.
Es war an einem Wintermorgen im Jahre 2001 kurz vor 4 Uhr. Auf glatter Straße hat Ralf Faulhammer sein Auto "kaltverformt". Der Unfall lief glimpflich ab, dem Mann ist nichts passiert, den Blechschaden regulierte die Vollkaskoversicherung. Der pflichtbewusste Faulhammer hatte es eilig: Er war auf dem Weg zum Dienst in den Bad Kissinger Servicebetrieb.
Dort sollte er ein Streufahrzeug übernehmen.
Damit es bei Eis und Schnee den meisten Autofahrern nicht ergeht wie Faulhammer, werden große Anstrengungen unternommen. "Seit 1. November steht unser Winterdienst, die Mannschaft ist gerüstet," sagt Jürgen Kober, Referatsleiter des Bad Kissinger Servicebetriebs. Er ist auch verantwortlich für 137 Kilometer Straßen und fast 59 Kilometer Gehwege.
Neue Halle am Kreisbauhof
Von den Straßen sind 60 Kilometer verkehrswichtig, auf weiteren 17 Kilometern gibt es gefährliche Stellen. Sie genießen Vorrang bei der Räumung. Kober: "Bis zum Einsetzen des Berufsverkehrs wollen wir die wichtigsten Straßen frei haben." Die Verkehrssicherungspflicht beginnt werktags um 7 Uhr, an Sonn- und Feiertagen eine Stunde später. Sie endet um 20 Uhr.
Unterstützt werden Mitarbeiter des Servicebetriebs von einer Firma und dem Maschinenring. Sie haben abwechselnd eine Woche lang Bereitschaft.
Die Fahrzeuge sind vorbereitet, die Lager gefüllt.Dort warten 581 Tonnen auf den Einsatz.
Das alles hat seinen Preis: Bei einem extremen Winter kann der Streu- und Räumdienst bis zu 500 000 Euro kosten. Zumal mehr Straßen betreut werden, als unbedingt nötig sind.
Jürgen Dobler ist zuständig für mehr als 240 Kilometer Kreisstraßen. Für deren Räumung lagern in der neuen, großen Halle im Oerlenbacher Bauhof 1600 Tonnen Salz, weitere 400 Tonnen liegen in einem Silo in Unterleichtersbach. Der Einsatzplan wurde erstellt, mehrere Fahrzeuge würden angemietet.Bei einem langen und strengen Winter werden bis zu 1500 Tonnen Salz verbraucht.
Im Winter 2000 wurde das Material knapp, weil im Norden und Westen Deutschlands große Mengen benötigt worden waren. Damals reichten die Kreis-Vorräte gerade so aus. Aber damals hatte man auch kleinere Lager.
Die Mitarbeiter der Autobahnmeisterei Oberthulba haben ihren ersten Streueinsatz der Saison bereits bewältigt: "Am 31. Oktober hatte sich auf der Grenzwald-Brücke Reif gebildet", sagte Oberstraßenmeister Erich Pfister. Man sei gut vorbereitet. Vier Fahrzeuge seien bereits aufgerüstet. Zur Verfügung stünden bei Bedarf sechs eigene und zwei angemietete
.
Für Pfister ist Nasssalz "das einzig Senkrechte". Das Ausbringen von Splitt oder Granulat sei mit vielen Nachteilen verbunden. Deshalb wurde auch auf dem Betriebsgelände eine 23 Meter hohe Laugenanlage gebaut. Sie fasst 200 Kubikmeter Salz und kann pro Stunde acht Kubikmeter produzieren.
"Wir haben ausreichend Salz"
Beim Streuen dosiert nicht mehr der Beifahrer die benötigte Menge, das macht mit Computerhilfe der Fahrer selbst: So viel wie notwendig, aber nicht mehr - aus ökologischen Gründen.
Pfister und seine Mitarbeiter betreuen den Abschnitt von der bayerisch-hessischen Landesgrenze bis zum Autobahn-Kreuz Schweinfurt/ Werneck. Diese Strecke gilt wegen der Rhön als recht anspruchsvoll.
"Wir haben ausreichend Salz, unsere Lager sind voll", sagt Matthias Wacker vom Staatlichen Bauamt Schweinfurt. In den Zuständigkeitsbereich dieser Behörde fallen in Unterfranken 1500 Kilometer Bundes- und Staatsstraßen. 300 Kilometer davon befinden sich im Landkreis Bad Kissingen.
Pro Winter werden rund 2400 Tonnen Salz benötigt. Gestreut wird laut Wacker mit neun Fahrzeugen, davon sind fünf angemietet. Eine etwa 30 Kilometer lange "Räumschleife" müsse in drei Stunden bewältigt werden. Jeder ist ein Lastwagen zugeteilt. Ist es "nur" glatt, werden zwei Fahrbahnen gleichzeitig gestreut. Hat es geschneit, kann nur eine Seite geräumt werden.
Der Winterdienst in Zahlen
Zehn Fahrzeuge, drei Fußgruppen und externe Kräfte rücken bei einem Einsatz in der Stadt Bad Kissingen aus. Die Räumarbeiten auf kommunalen Gehwegen in den Stadtteilen sind an Dienstleister vergeben.
72 Einsätze im Durchschnitt fallen pro Saison im Stadtgebiet an. 2012/2013 wurden an insgesamt 94 Tagen 885 Tonnen Streusalz ausgebracht.
53 Kilometer Autobahn, also mehr als 106 Kilometer insgesamt, werden von Oberthulba aus betreut. 3300 Tonnen Streugut wurden im vergangenen Winter benötigt. Der Autobahnmeisterei stehen acht Fahrzeuge zur Verfügung. Dazu kommen gegebenenfalls noch Lkw der Autobahndirektion.
Vier Dreiachser haben Schneepflüge mit 7,5 Metern Räumbreite. Das deckt zwei Fahrbahnen ab. 1600 Tonnen Salz sind in einer Halle eingelagert plus 200 in einem Silo. Pro Einsatz werden bis zu 50 Tonnen verbraucht. Geräumt wird im 24-Stunden-Schichtbetrieb.
Kosten Winterdienst ist nicht billig. Für 1500 Kilometer Straßen muss das Staatliche Hochbauamt Schweinfurt knapp 3,35 Millionen Euro einkalkulieren. Dafür werden mehr als 19 000 Tonnen Salz benötigt.
Streusalz kann auch als Feuchtsalz ausgebracht werden. Dazu wird es mit einer Lösung aus Natrium-, Calcium- oder Magnesiumchlorid befeuchtet. Diese Mischung ermöglicht größere Streubreiten, haftet besser auf der Fahrbahn und hält sie länger eisfrei.