Bad Kissingen: Entrüstung über Wahlwerbung in der Vereinspost
Autor: Benedikt Borst
Bad Kissingen, Freitag, 06. März 2020
Stadtratskandidaten der DBK schicken als Vorstandsmitglieder eines Vereins Wahlwerbung an Mitglieder. Experten sehen das als datenschutzrechtlich problematisch. Alexander Koller entschuldigt sich. Mit Kommentar.
Alexander Koller ist ein Mensch, der sich seit Jahren in der Stadt einbringt - beim Post SV, beim Bürgerkreis Nord-Ost, beim Förderverein der Sinnberg-Grundschule und natürlich für die Wählergemeinschaft DBK. Er gilt als pragmatisch und sachlich, ist nicht dafür bekannt, unnötig Ärger zu provozieren. Beim Förderverein ist er seit zehn Jahren im Vorstand aktiv, für die DBK sitzt er seit Jahren im Stadtrat, seit 2012 als Fraktionssprecher. Mit den beiden letztgenannten Engagements hat Koller in den vergangenen Wochen einiges an Empörung verursacht. "Mir ist leider zu spät bewusst, dass auch die gute Absicht das Vorgehen nicht rechtfertigt", hat er sich inzwischen förmlich entschuldigt.
Was ist passiert? Gute vier Wochen vor der Kommunalwahl haben einige Mitglieder des Fördervereins Vereinspost erhalten - kenntlich gemacht mit einem Stempel auf dem Briefumschlag. Drinnen befand sich ein Anschreiben mit offiziellen DBK-Briefkopf und dem Betreff Kommunalwahl 2020. Das Schreiben wurde von Koller sowie von der stellvertretenden Vorsitzenden Nicoletta Hofmann-Krause und von Beisitzerin Beatrice Rose-Ebel unterzeichnet. Alle drei kandidieren für die DBK für den Stadtrat. Das Anschreiben richtet sich an die Vereinsmitglieder als Wähler und weist daraufhin, dass die drei kandidieren und dass sie sich seit mehreren Jahren im Förderverein für die Interessen der Schule einsetzen. Beigelegt waren zudem die DBK-Visitenkarten der drei Kandidaten.
Kritik eines Mitgliedes
Die Vermischung von Vereinstätigkeit und Politik rief scharfe Kritik hervor. Ein Betroffener wandte sich in einem anonymen Schreiben an den Förderverein, berichtet Vorsitzender Klaus Lotter. Auch die Redaktion hat eine Email erhalten. Der Absender ist zwar namentlich bekannt, hat aber um Anonymität gebeten aus Furcht vor negativen Folgen. Er steht nicht auf einer Kandidatenliste für die Kommunalwahl in Bad Kissingen.
"Als Eltern eines schulpflichtigen Kindes fragen wir uns schon, wie die Herrschaften an unsere Adresse gekommen sind", schreibt der Betroffene an die Redaktion. Es sei nicht Aufgabe des Vorstandes, politische Wahlwerbung zu machen. Die Aktion sei weder im Sinne des Vereins noch in dem der Mitglieder und sei "ein Risiko für die Gemeinnützigkeit". Dem Verein wirft er vor, die Adressen der Mitglieder "missbräuchlich und daher zum Schaden für den Förderverein" verwendet zu haben. Die Schule wird ebenfalls beschuldigt, womöglich Adressen an politische Gruppierungen herausgegeben zu haben.
Dass Funktionsträger eines Vereins dessen Mitgliederlisten nutzen, um auf ihren Wahlkampf aufmerksam zu machen, ist für das Landesamt für Datenschutzaufsicht in Ansbach keine Seltenheit. "Wir haben in den letzten Jahren eigentlich vor jeder Kommunalwahl einige Beschwerden, wenn auch in überschaubarer Anzahl", gibt Bereichsleiter Alexander Filip Auskunft. Datenschutzrechtlich ist das problematisch, weil Mitgliederdaten für einen anderen Zweck verwendet werden, als für die Zwecke, für die die Mitglieder die Daten zur Verfügung gestellt haben. Das sei in der Regel datenschutzrechtlich unzulässig, weil der neue Verwendungszweck mit dem Vereinszweck oft nicht vereinbar sei.
Eine rechtliche Einschätzung zum konkreten Bad Kissinger Vorfall gibt die Behörde nicht ab. Bislang liegen dazu "soweit erkennbar noch keine Eingaben, Beschwerden oder Erkenntnisse vor." Die Behörde kündigte eine Überprüfung an. Falls ein rechtlicher Verstoß festgestellt wird, reichen die Sanktionen von einem Hinweis über eine Verwarnung bis zu einer Geldbuße.
Koller müht sich um Transparenz
Der Vereinsvorsitzende Klaus Lotter nimmt Stellung. "Ich bin froh, ehrenamtliche Mitarbeiter zu haben, die sich für den Verein einsetzen", betont er vorab. Mit ihm war abgesprochen, dass die Kandidaten ihr Engagement im Wahlkampf thematisieren. Dagegen habe er nach dem Motto "tue Gutes und rede darüber" nichts einzuwenden. Über die Verquickung von Verein und Parteiwahlwerbung sei er traurig. "Das ist nicht in unserem Sinn." Von rund 280 Mitglieder haben etwa 60 den Brief erhalten. Lotter: "Ich entschuldige mich bei den Mitgliedern, wenn der Eindruck entstanden ist, dass der Verein politische Werbung macht." Er hoffe, dass sich der Ärger legt und dass das für die Schule wichtige Engagement nicht zum Erliegen kommt.