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Wildflecken: Die Arcaden sind gescheitert


Autor: Sebastian Schmitt

Wildflecken, Mittwoch, 12. August 2020

In nichtöffentlicher Sitzung des Wildfleckener Marktgemeinderates hat Bürgermeister Gerd Kleinhenz (PWW) das Projekt "Arcaden" erstmals für vorläufig gescheitert erklärt. Er muss nun nach neuer Lösung für den alten Ratskeller im Ortskern suchen.
Dass ein reiner Hotelbetrieb in Wildflecken nicht mehr wirtschaftlich darstellbar ist, war mehrfach im Gremium erläutert worden.  Sebastian Schmitt


Ein Unternehmen aus Burkardroth hatte vor über zwei Jahren ein Konzept unter dem Titel "Arcaden Wildflecken" vorgestellt. Hierbei ging es um eine multifunktionale Nutzung von zwei neuen Gebäuden am Rathausplatz, genau dort, wo jetzt noch der alte Ratskeller steht. Das bestehende Gebäude kann nach den vielen Jahren des Leerstandes nicht mehr erhalten werden und muss letztlich abgerissen werden, um Raum für das neue Projekt zu schaffen.

Bürgermeister Kleinhenz informierte nun, dass vorerst keine Vertragsverlängerung für das Projekt "Arcaden" vorgenommen wurde, es aber zwischenzeitlich auch ein Gespräch mit einem anderen möglichen Bewerber gegeben und dieser Interesse an einem Reservierungsvertrag für das Projekt bekundet habe. Überdies habe es Kontakt zu einem privaten Investor aus dem Raum Fulda und einen Besichtigungstermin vor Ort gegeben. Nach eigenen Angaben möchte der Investor eine Gaststätte mit Fremdenzimmern errichten. Die Gemeinde hat dem Investor alle Unterlagen zum Ratskeller ausgehändigt und er habe sich zu diesem Projekt wieder melden wollen, was er aber bis heute nicht getan habe, berichtete Kleinhenz dem Gremium.

Der Rathauschef stellte fest, dass das Projekt "Arcaden" vor allem an der Gastronomie gescheitert sei, aber auch an den Praxen. Die Einrichtung einer Kurzzeitpflege und die Betreuung seien nach wie vor gewährleistet und könnten demnach realisiert werden.

Wie genau die "Arcaden Wildflecken" künftig genutzt werden sollten, stand ohnehin nie so wirklich fest. Klar war stets, dass statt eines einzigen langgezogenen Gebäudekomplexes zwei getrennte Gebäudeteile entstehen sollten. Geplant war dann ein Nutzungsmix aus Pflege-Einrichtung, Gastronomie, Motel oder Hotel, Gemeinschaftsräumen und Praxisnutzung.

Dass ein reiner Hotelbetrieb in Wildflecken nicht mehr wirtschaftlich darstellbar ist, war mehrfach im Gremium erläutert worden. Im oberen Gebäudeteil in Richtung Rathaus sollte auf rund 765 Quadratmetern eine Einrichtung für betreutes Wohnen für Senioren mit 23 Appartements entstehen. Angedacht war eine Rundum-Betreuung durch Pflegekräfte. Ein Gemeinschaftsraum im Erdgeschoss sollte der Begegnung dienen. Für den oberen Gebäudeteil waren die Planungen am weitesten fortgeschritten, weil auch schon ein Betreiber der Pflege-Einrichtung in Aussicht stand.

Beim unteren Gebäude in Richtung Bischofsheimer Straße war die multifunktionale Nutzung nie abschließend und im Detail geklärt. Der Wunsch nach zentralen Übernachtungsmöglichkeiten in der Gemeinde sollte durch eine Art Motel für Mountainbiker erfüllt werden.

Abhängig davon, wie die insgesamt 1400 Quadratmeter Nutzfläche tatsächlich vermarktet würden, sollten im Untergeschoss zum Beispiel Tiefgaragen entstehen. Weitere Parkmöglichkeiten hätten aber auch noch im Außenbereich entstehen müssen. Im Erdgeschoss des unteren Gebäudeteils war eine gastronomische Nutzung vorgesehen. "Es ist eine hervorragende Projektidee. Wir müssen nun das Interesse wecken", hatte Kleinhenz vor zwei Jahren noch Zuversicht vermittelt. Dieser Optimismus ist aufgrund des fehlenden Projektfortschritts mittlerweile stark gedämpft.

Die Firma aus Burkardroth suchte über längere Zeit finanzstarke Investoren, um das großangelegte Multifunktionsgebäude in Wildflecken doch noch zu realisieren. Wie die Eigentumsverhältnisse und die Mietverträge geregelt werden sollten, stand nicht fest. Zusätzlich zur Gastronomie sollte es auch noch einen Veranstaltungsraum geben. Der Marktgemeinderat machte sich auch darüber Gedanken, ob eine Gemeinschaftspraxis von Ärzten in diesem Gebäude untergebracht werden könnte. Weitere Option war eine Praxis für Physiotherapie. Idealerweise sollte sich das gesamte Nutzungskonzept ergänzen, sodass beispielsweise das Mountainbike-Hotel von der Gastronomie profitiert und die Bewohner der Pflege-Einrichtung die Arztpraxen gleich mitbenutzen können. Erste Gespräche mit dem Landratsamt über das Projekt wurden geführt. Die Vermarktung der neuen "Arcaden" geriet dann allerdings ins Stocken.

Was nun aus dem alten Ratskeller in Wildflecken? Die Frage bleibt weiterhin unbeantwortet. Das einstmals erste Haus am Platze hat eine sehr bewegte Vergangenheit. Hotel, Gaststätte, Pizzeria, Taxizentrale, Tankstelle - über einige Jahrzehnte wurde der Ratskeller samt Umfeld intensiv genutzt. Doch vor fast 20 Jahren ging die Ära des Ratskellers schleichend zu Ende. 2002 gingen die Lichter endgültig aus. Fortan stand das ehemalige Hotel über Jahre hinweg komplett leer. Mittlerweile hat die Gemeinde das verwaiste Gebäude direkt am Rathausplatz erworben, nachdem ein Kreditinstitut mit der Vermarktung nicht weitergekommen war. "Es wurde immer wieder händeringend nach neuen Nutzungen gesucht", sagte einst Bürgermeister Gerd Kleinhenz (PWW). Die händeringende Suche geht vermutlich über viele Monate weiter.