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Wegweisende Diskussion zu den Extratouren


Autor: Steffen Standke

LKR Bad Kissingen, Montag, 10. Oktober 2022

Bei der Mitgliederversammlung des Vereins Naturpark und Biosphärenreservat Rhön ging es vor allem darum, ob weitere Premium-Wanderwege ausgewiesen werden sollen oder das Wegenetz eher zurückgefahren wird. Die Anwesenden äußerten sich dazu klar.
Der "Waldfensterer" zwischen Platz und Burkardroth ist eine der jüngsten ausgewiesenen Extratouren im Naturpark Rhön. Jetzt stellt sich die Frage: Braucht es noch mehr Premiumwege? Foto: Archiv/Johannes Schlereth


Er ist ganz frisch: Erst kürzlich wurde der "Bad Bockleter" feierlich eröffnet. Der 12,7 Kilometer lange Qualitätswanderweg verbindet die Naturlandschaft um die Fränkische Saale mit dem Naturlehrpfad Aschach, den Schlossmuseen und den Kuranlagen des Staatsbades. Er könnte die vorerst letzte "Extratour zum Hochrhöner" in der Bayerischen Rhön sein. Denn sowohl Vorstand als auch Mitglieder des Naturpark-Vereins wollen ihre Zahl nicht weiter ausbauen, vielleicht sogar zurücknehmen. Qualität soll vor Quantität gehen.

Die Rhön - sie ist mit Wanderwegen gut durchsetzt. Fast zu gut. Vereinsgeschäftsführer Klaus Spitzl nannte bei der Mitgliederversammlung in der Bad Brückenauer Georgi-Kurhalle eine Gesamtlänge von fast 8000 Kilometern. 50 davon entfallen auf den Premium-Fernwanderweg "Hochrhöner", der auch die Landkreise Bad Kissingen und Rhön-Grabfeld durchquert. Dazu kommen 16 Extratouren wie der "Bad Bockleter" und der "Waldfensterer" mit rund 700 Kilometern Gesamtlänge.

Spitzl stellte deshalb die Frage in den Raum: "Ist das nach zu wenig oder schon zu viel?"

Vorstand positioniert sich klar

Im Vorstand des Naturpark-Vereins herrscht dazu eine klare Meinung, sagte Emil Müller als Vertreter des Vorsitzenden Landrat Thomas Bold. Das Rhöner Wegenetz sei historisch gewachsen und nicht sehr übersichtlich. Deswegen betrachte die Führungsriege neue Wege beziehungsweise Extratouren zurückhaltend. "Vielmehr wäre eine Entrümpelung des Wegenetzes sinnvoll."

Dazu müsse man viele Protagonisten einbeziehen, vom Rhönklub über die Gemeinden bis zu Vermarktungsstellen. Das Wegenetz müsse einheitlicher, handlicher, kilometertechnisch kürzer und damit qualitativ besser werden.

Forderung nach einheitlicherer Beschilderung

Zur Qualität gehört für Müller auch eine bessere Beschilderung. "Viele Wanderer können die Symbole der Wegbeschreibung nicht mehr zuordnen." Und Klaus Spitzl ergänzte: "Der Overkill an Beschilderung ist bei den vielen Wegen schnell gegeben."

Er erklärte, wie das kommt. Im 19. Jahrhundert habe der Rhönklub damit begonnen, die Rhön touristisch zu erschließen - und zu beschildern. Im Laufe der Zeit kamen in den heute drei Bundesländern Bayern, Hessen und Thüringen weitere Markierungssysteme verschiedener Institutionen hinzu.

Der Geschäftsführer zeigte in seiner Power-Point-Präsentation, wie unterschiedlich die Schilder mit verschiedenen Symbolen in der Rhön ausfallen können. Da wundert das Ziel des Naturparks nicht, alle Wanderwege mit den neuen Pfeilwegweisern zu beschildern. Eine "einheitliche Markierungsphilosophie" solle herrschen.Dazu müssten alle an der Markierung beteiligten Institutionen zusammenarbeiten.

Teure und aufwendige Zertifizierung

Spitzl zeigte, wie teuer und aufwendig sich die Ausweisung einer Extratour darstellt. Rund 50 Kriterien wie Wegeformat, Landschaftsbild, Abwechslung, Wegführung und Vernetzung seien zu erfüllen. Die Erstzertifizierung durch das Deutsche Wanderinstitut koste etwa 1900 Euro; die Rezertifizierung nach drei Jahren schlage mit nochmal 1050 Euro zu Buche, auch wenn eine staatliche Förderung möglich sei. Und da wären noch Wartung und Kontrolle der Markierungen.

Oberthulbas Ex-Bürgermeister Gotthard Schlereth erinnerte an die Mühen, die die Installation des "Waldfensterers" zwischen Geroda/Platz und Burkardroth 2019 bereitete. Noch heute seien nicht alle Fragen zwischen den beiden Bürgermeistern, dem Flächeneigentümer und beteiligten Behörden geklärt.

Rhönklub-Präsident Jürgen Reinhardt und Bischofsheims Bürgermeister Georg Seiffert verwiesen darauf, dass immer weniger Ehrenamtliche fürs Markieren der Wanderwege zur Verfügung stünden. Einig waren sich die Anwesenden, dass man bei einer Rücknahme von Wegen alle Beteiligten - von Eigentümern, über Gemeinden bis hin zu Behörden mit ins Boot nehmen müsse. Laut Klaus Spitzl sind derzeit keine Extratouren in Planung.

Instandsetzung und Umweltbildung

In seinem Geschäftsbericht hatte er zuvor die Aktivitäten des Naturparkvereins der vergangenen Monate vorgestellt. So wurde der Bohlensteg durch das Schwarze Moor erneuert, die Ausstellung im Haus der Schwarzen Berge in Oberbach über die einzigartige Vielfalt in der Rhön aktualisiert, ebenso die Schau im Biosphärenzentrum Haus der Langen Rhön in Oberelsbach. Spitzl stellte auch kurz neue Umweltbildungsprogramme dieser Einrichtungen und des Naturerlebniszentrums Hammelburg vor.

Alle vier Stellen der Naturpark-Ranger konnten besetzt werden, unter anderem durch Martina Faber aus Bad Bocklet und Leonard Helfrich aus Gersfeld. Spitzl beleuchtete den Weg des früheren Industriekaufmanns als Quereinsteiger und seine Aufgaben , die in den Bereichen Naturschutz und -bildung sowie Monitoring und Besucherlenkung liegen.

Landschaftspflege an drei Schwerpunkten

Als Maßnahmen der Landschaftspflege hat der Naturpark den ehemaligen Steinbruch am Heroldsberg in Hammelburg von wuchernden Gehölzen befreit - was der offene Steinbruchhalden liebenden rotflügeligen Ödlandschrecke entgegenkommt. Auch am ehemaligen Steinbruch Stengerts nördlich von Bischofsheim wurden Büsche und Gehölze beseitigt. An der Nasswiesenbrache rund um die Klingenbachquelle bei Untererthal wurde Biotoppflege betrieben.

Finanziell steht der Naturpark-Verein gut da. Er ist nicht verschuldet; die Rücklagen betrugen zum Ende des Haushaltsjahres 2021 genau 488.147,43 Euro. Dementsprechend wurde der Vorstand einstimmig entlastet.