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Volkersberg: Wie kam der "Monte Sinai" in die Rhön?


Autor: Stephanie Elm

Volkersberg, Sonntag, 26. November 2017

Vor 350 Jahren erhielt die Pilgerstätte auf dem Volkersberg im Volksmund den Namen "Monte Sinai". Manche Spuren erinnern noch heute an diese Zeit.
Das Motiv eines Stempels vom Volkersberg. Zu sehen sind die beiden Gesetzestafeln, die Moses auf dem Berg Sinai überreicht worden waren. Foto: Stephanie Elm


Das Original auf der ägyptischen Halbinsel ist 2285 Meter hoch, der Volkersberg gerade mal 538 Meter. Vor 350 Jahren sah man jedoch andere Parallelen zum Heiligen Berg, so dass sich für den Volkersberg zu dieser Zeit der Name "Monte Sinai" einbürgerte. Einen letztendlich unumstößlichen Beweis gibt es nicht, aber einige Hinweise sind auffallend und erwähnenswert. 1658 besiedeln die Franziskaner den Berg, recht schnell wird das Kloster geplant. 1661 ist Grundsteinlegung, die Brüder und auch der fuldische Fürstabt hoffen auf einen starken Zuwachs an Gläubigen und Pilgern. Wurde nun "marketingstrategisch" nach einem "Alleinstellungsmerkmal" gesucht?

Guido Sauer, langjähriger Rektor auf dem Volkersberg, hat sich - nicht zuletzt in seinem Buch "Pilgerstätte Volkersberg" - näher mit diesem Phänomen beschäftigt. Er sagt: "Es ist in der Tradition der Franziskaner, große biblische Namen auch für andere Orte zu nehmen." Manchmal setzt sich dieser durch, manchmal nicht. So hatte auch die Stadt Fulda versucht, ein "klein Jerusalem" zu werden. Doch auch mit der Michaelskirche als Nachbildung der Heiliggrabkapelle und 19 Reliquien aus dem Heiligen Land wurde der angestrebte Name nicht verbreitet.

Auf dem Volkersberg jedoch kam wohl eins zum anderen. Auch ohne extra Reliquien punktete der Volkersberg, der sich nicht mehr "Kreuzberg bei Brückenau" nennen durfte. Doch sehnte sich die Bevölkerung nach dem 30-jährigen Krieg nach Werten wie Ordnung und Disziplin. Durch ihr traditionell bescheidendes, gottesfürchtiges und zurückgezogenes Leben in Einklang mit der Natur erlangten die Franziskaner die Aufmerksamkeit der Menschen, "der Berg wurde wieder wertgeschätzt", erzählt Guido Sauer.


Name wurde zum geflügelten Wort

Zu dieser Zeit war auf dem Volkersberg das Studentat des fuldischen Frauenbergs untergebracht und es kam für den Volkersberg der Name "Sinai" oder "kleiner Sinai" auf. Nicht gesichert, aber wahrscheinlich ist es, dass er von den Theologiestudenten geprägt wurde. 1667 war nun in der "Chronik der Franziskaner", einer Sammlung von Notizen über die Jahrhunderte hinweg, erstmals der Name "Monte Sinai" zu lesen. Im Laufe der Zeit hat sich dieser Begriff "festgesetzt", so Sauer, wurde sogar zum "geflügelten Wort". 1669 war vom "Konvent auf dem Berge Sinai" zu lesen, auch in vielen anderen Quellen heißt es: "Man geht zum Sinai." Seit 1707 ist der Name auf dem Portal der Klosterkirche in Stein gemeißelt: "Haec pia in monte sinai aedificato est" - "Es steht auf dem Berg Sinai dieses fromme Gebäude."

Dass die Namensgebung mit der kleinen und großen Sinn, die nördlich und südlich vom Volkersberg fließen, zusammenhängt, teilen nicht viele Autoren. Viel wahrscheinlicher ist die Verbindung zur franziskanischen Gottesfurcht. Ein Chronist schildert in einem Schreiben nach Rom seine Sichtweise. So hätten sich die Padres für den Namen "Monte Sinai" entschieden, um zu signalisieren, dass auch vom Volkersberg aus die Einhaltung der Gottesgebote überwacht werde. Die Gesetzestafeln sind auf einem alten Stempel abgebildet. Wie ein "Logo" erschienen sowohl das Siegel, als auch der Name "Monte Sinai".

Zwar ist der alte Name heute nicht mehr so geläufig, doch wirkt der Volkersberg auch heute noch in der biblischen Tradition fort. Moses hat nicht nur in der jüdisch-christlichen Religion Bedeutung. Im Koran ist er nach Mohammed die "wichtigste Gestalt". So wird der Heilige Berg "zu einem Ort des interreligiösen Dialogs", heißt es in "Pilgerstätte Volkersberg". Auch auf dem "kleinen Sinai" setzt man sich seit Langem im Lernwerk, dem Hochseilgarten und den vielen Formen der Erlebnispädagogik mit Themen zu Gott und der Welt auseinander.