Streuobst in der Rhön: Der Königin der Äpfel auf der Spur
Autor: Rebecca Vogt
Oberbach, Mittwoch, 20. Oktober 2021
Die Obstbäume hängen gerade voller Äpfel. Dabei ist Apfel nicht gleich Apfel. Über eine besondere Streuobstwiese in der Rhön und eine alte Apfelsorte, deren Ursprünge bis ins frühe 16. Jahrhundert reichen.
Plumps, plumps, plumps. Ein Apfel nach dem anderen fällt aus Ingeborg Zieglers Eimer in eine graue, rechteckige Sammelbox am Boden. Die Oberbacherin ist zusammen mit ihrem Mann Peter auf einer Streuobstwiese am Schummhof in Oberbach gerade damit beschäftigt, die rings um die Bäume liegenden Äpfel aufzusammeln. Eine mühselige Arbeit, die mit der Zeit auf den Rücken geht. Das Schütteln der Bäume tags zuvor sei aber noch anstrengender gewesen, berichten die beiden, die dem befreundeten Besitzer des Schummhofs, Günther Burkart, bei der diesjährigen Apfelernte helfen.
Der Großvater seiner Frau sei damals aus Edelfingen (einem Stadtteil von Bad Mergentheim in Baden-Württemberg) nach Bad Brückenau gelaufen, um den Schummhof zu kaufen, erzählt Burkart. Von einem Freund habe der Großvater für den Hof 120 Bäume geschenkt bekommen. So sei in den 1930er Jahren die Streuobstwiese am Schummhof entstanden. Ende der 1990er Jahre habe er dann selbst neue Bäume gekauft und dort setzen lassen, wo in Reihen der alten Bäume Lücken entstanden waren, berichtet Burkart.
Beinahe 100 Jahre alte Streuobstbestände am Oberbacher Schummhof
Eine solche zusammenhängende Streuobstwiese mit alten Baumbeständen, die beinahe 100 Jahre zurückreichen, sei eine echte Besonderheit, erklärt Robert Hildmann und fügt an: "Die Bäume am Schummhof in Oberbach könnten sicher manche Geschichte erzählen." Der ehemalige Leiter der Schlossgärtnerei im Staatsbad Bad Brückenau ist Mitglied der Rhöner Apfelinitiative und setzt sich seit zwei Jahren verstärkt für den Erhalt des Streuobstes in der Rhön ein. Im Kofferraum seines Wagens hat er mehrere Kartons mit frischgepresstem Apfelsaft dabei. In zwei Kisten indes finden sich - ordentlich voneinander abgetrennt - zahlreiche Äpfel unterschiedlicher Sorten.
Allein beim Blick auf die Kisten wird die Vielfalt im Bereich des Streuobstes deutlich. "Ich würde mich als fortgeschrittenen Anfänger bezeichnen", sagt Hildmann. Beim Bestimmen der Apfelsorten könne man zunächst anhand der Erscheinung - wie etwa Farbe oder Form der Äpfel - eingrenzen. Dann zum Beispiel anhand des Stiels und der Kelchblätter.
"Wenn man die Sorte dann noch nicht weiß, schneidet man den Apfel auf und betrachtet das Kerngehäuse", erklärt Hildmann. Bei manchen Äpfeln sei es einfach, die Sorte zu bestimmen, bei anderen hingegen sehe man nicht gleich, um welche Sorte es sich handelt.
Über 500 Apfelsorten in der Rhön
Insgesamt gibt es in der Rhön über 500 Apfelsorten, sagt Hildmann. Die Rhöner Apfelinitiative hat eigens eine Sortenliste mit Äpfeln erstellt, "die mit dem rauen Klima und dem Boden der Rhön gut zurechtkommen". Als weitere Kriterien werden die Mosttauglichkeit sowie ein geringer Pflegeaufwand angeführt. Eine der gelisteten Hauptsorten ist dabei die Goldparmäne.
Nach Angaben der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft wurde diese Apfelsorte um das Jahr 1510 in Frankreich erstmals erwähnt. Von dort breitete sie sich bis in die Rhön und darüber hinaus aus. Bei der Goldparmäne handele es sich um einen süßen Tafelapfel, erklärt Hildmann. In einem Fachbuch, das er zur Hand hat, schwärmt ein Apfelkundler sinngemäß: Wer nur einen Baum pflanzen kann, sollte sich für die Goldparmäne entscheiden.