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Spürnasen des Brückenauer Stadtgesprächs


Autor: Ulrike Müller

Bad Brückenau, Dienstag, 07. April 2015

Roland Dressel und Uwe Sträter wissen, was die Bad Brückenauer beschäftigt. Auf Facebook haben sie zwei Gruppen gegründet, in denen lebhaft diskutiert wird - über die Fußgängerzone, Parksünder und ein ganz heißes Eisen...
Mit dem Laptop ins Netz: Roland Dressel (links) und Uwe Sträter stecken viel Zeit in ihre Gruppen auf Facebook. Foto: Ulrike Müller


Seine Kamera und den Laptop, mehr braucht Roland Dressel nicht, um die Welt über Bad Brückenau zu informieren. "Ich hatte die Idee, die Leute zu erreichen, die von hier weggezogen sind, weil ich selbst auch gerne in den Seiten blättere, wo ich hergekommen bin", sagt Dressel und man hört, dass er nicht von hier ist. Dressel ist Vogtländer, nach der Wende hat es ihn von Thüringen nach Bad Brückenau verschlagen.

Eigener Fanclub

Und so stöbert der 66-Jährige in der Geschichte der Stadt, macht Bilder von Ecken, wo sonst niemand hinschaut und teilt seine Eindrücke auf Facebook. Rund 670 Mitglieder hat die Gruppe mit dem Namen "Bad Brückenau Gestern - Heute - Morgen" schon. "Die Leute kommen aus England, aus Amerika, oder Australien und Österreich", zählt Dressel auf. Die meisten Mitglieder aber sind Brückenauer. "Das hätte ich nicht erwartet, weil ich doch nicht von hier bin", fügt er an.

Dressel freut sich, dass seine Idee so gut angenommen wird. Wenn er Bilder ins Netz stellt - zum Beispiel vom Blick über den Kurpark im Staatsbad - klicken schon einmal 39 Leute "Gefällt mir". "Habe über drei Jahre da gearbeitet. Happy memories!", schreibt eine Nutzerin und jemand anderes ergänzt: "Obwohl wir weggezogen sind, kamen wir extra nach Brückenau um zu heiraten." In einem aber kennt Dressel kein Pardon. "Ich will keine Diskussion." Aber das sage mal jemand den Internetnutzern von heute, die überall und immer ihre Kommentare abgegeben - natürlich auch auf Dressels Seite.

Der Mann mit den breiten Schultern

"Wenn einer, der nicht mehr hier wohnt, die Bilder anschaut, dann interessiert ihn nicht, wie tief die Schlaglöcher sind", erklärt Dressel. An dieser Stelle kommt Uwe Sträter ins Spiel - der Mann "mit den breiten Schultern", wie Dressel ihn nennt.

"Es braucht ein Diskussionsforum für Bad Brückenau", sagt Sträter. Deshalb hat er seine Seite "Kummerkasten Bad Brückenau" genannt. Die Gruppe besteht seit Dezember und hat schon rund 150 Mitglieder. Jeder einzelne von ihnen kann dort posten, was ihn gerade beschäftigt - oder aufregt.

Am heißen Eisen verbrannt

Und das sind die Top-Themen im Kummerkasten: Müllberge in der Natur oder an den Containern an der Ancenisstraße. Parksünder an der Obermang - nicht weil die nicht zahlen, denn die Parkplätze sind kostenlos. Aber immer wieder brettern Autofahrer in die Grünanlagen, die noch keine Grünanlagen sind, weil das Gras eben erst wachsen muss. Und natürlich die Situation in der Innenstadt - und da wird es dann auch mal politisch.

"Ich habe mal die unterschiedlichen Öffnungszeiten der Geschäfte in der Innenstadt angesprochen", erzählt Dressel. Die Diskussion hatte sich an den Wochenend-Öffnungszeiten der örtlichen Apotheken entzündet und dann auf die Gesamtsituation in der Fußgängerzone ausgeweitet. Ein heißes Eisen, an dem sich Dressel fast verbrannt hätte. Aber was hilft's, "wenn niemand die Probleme anspricht, passiert auch nichts", springt Uwe Sträter Roland Dressel bei.

Stadträte kommentieren mit

"Zuerst habe ich's belächelt, das muss ich ehrlich zugegen", wirft Kerstin Sträter, Uwes Frau, im Vorbeigehen ein. "Aber irgendwann ist mir das Lächeln aus dem Gesicht gefallen und jetzt hänge ich auch dran." Seit 1999 lebt das Paar im Staatsbad. "Ich habe mich hier sofort wohl gefühlt", erzählt Uwe Sträter. Der gelernte Schlosser arbeitet als Schweißer bei Heidelmeier. Viel Zeit bleibt da nicht für Facebook - eigentlich. Aber "ein Stündchen am Tag hat man schon", schmunzelt der Westfale.

Mittlerweile hat die rege Internettätigkeit der beiden sogar die Bürgermeisterin und den Stadtrat erreicht. "Hier darf jeder alles posten was Bad Brückenau und seine Probleme betrifft, um eventuell den Oberen auf die Füße zu treten", schreibt Sträter in seiner Gruppenbeschreibung auf Facebook. Das jedenfalls ist gelungen. Themen gibt es in der Kurstadt ja genug.