Sprengstoff aus Militärbeständen
Autor: Redaktion.
Zeitlofs, Freitag, 06. Juni 2014
Nach der Sprengung eines Fahrkartenautomaten hat die Polizei bei Wohnungsdurchsuchungen der Tatverdächtigen Sprengstoff und Waffen gefunden. Außerdem entdeckten sie in einem Keller eine Drogenplantage, berichtete ein Gutachter.
Den hochgefährlichen Fund machten Polizeibeamte in einem Wohnzimmerschrank: In einem alten Koffer lag dort zwischen Tischdecken ein Paket mit 500 Gramm Sprengstoff. Außerdem kamen eine scharfe Schusswaffe sowie eine größere Menge Munition zutage. Dies ereignete sich Anfang Oktober vorigen Jahres, kurz nachdem ein 52-jähriger Schlüchterner und sein 35-jähriger Komplize aus einem Stadtteil wegen der Sprengung eines Fahrkartenautomaten in Gaubüttelbrunn (Main-Tauber-Kreis) festgenommen worden waren. Sie müssen sich derzeit wegen Mordes vor dem Landgericht Hanau verantworten, weil sie ihren 47-jährigen Komplizen aus Zeitlofs mit lebensgefährlichen Verletzungen neben dem Bahnhof Salmünster zurückließen. Dort wurde er später tot aufgefunden. Der jüngere Mann ist zudem wegen Sprengstoffgesetz-Verstoßes angeklagt.
Das Sprengmaterial, die Pistole und die Munition fanden sich im Wohnhaus von Verwandten des 35-Jährigen in einem Schlüchterner Stadtteil. Dort gab es eine weitere Entdeckung: In der Gefriertruhe im Keller war ein Handy des Todesopfers versteckt, das aber offenbar von dem 35-Jährigen benutzt wurde.
Schwarzpulver und Knallfrösche
Auch in dem von dem Beschuldigten bewohnten Haus in einem anderen Ortsteil wurden die Fahnder fündig: Im Dachgeschoss waren eine zweite scharfe Waffe mit Munition sowie zwei Päckchen Drogen deponiert. An weiteren Stellen lagen weiße Stoffhandschuhe, auf dem Wohnzimmertisch diverse Handy-Bauteile sowie im Schrank Computerausdrucke mit der Wegbeschreibung von Zeitlofs nach Gaubüttelbrunn.
Weitere Funde: Eine Dose Schwarzpulver, handelsübliche Knallfrösche mit Zündschnüren, eine Gaskartusche, ein Faustmesser und ein Benzinkanister, der offenbar für Probesprengungen herhalten musste. Im Keller stießen die Ermittler auf eine funktionstüchtige Drogenplantage, ausgestattet mit Wärmelampen und Belüftungssystem. Zusätzliche Funde in der Mietwohnung des 52-Jährigen: Drogen wie Haschisch, eine Dose mit Schwarzpulver, mehrere Computer und Handys, eine Propangasflasche (unter dem Bett), die Beute aus dem Automaten (Münzgeld im Wert von 218,15 Euro) und ebenfalls Sprengstoff an der Spitze eines Armbrustpfeils.
Verbindungen zur rechtsextremen Szene
Der Fund im Wohnzimmerschrank reichte allerdings aus, um bei den Ermittlern die Alarmglocken schrillen zu lassen. Experten des Bundeskriminalamts durchleuchteten den Koffer zunächst mit einem Röntgengerät auf Drahtverbindungen. Nach Behördenerkenntnissen stammt das Material aus Militärbeständen des ehemaligen Jugoslawien. "Explosionsgefährlich und hochbrisant", attestierte ein Gutachter. "Wenn der hier mitten im Gerichtssaal gezündet wird, haben wir alle keine Chance." Pikantes Detail: Spuren von Sprengstoff gleichen Typs fanden sich auch an dem Automaten in Gaubüttelbrunn, obwohl dort die Detonation mit Gas herbeigeführt wurde. Die zwei Waffen bezeichnete der Fachmann als sehr gepflegt und funktionstüchtig, ebenso die 433 Schuss Munition.
Der 35-Jährige brach dann erstmals sein Schweigen vor Gericht. Er habe nie Sprengstoff, Waffen und Munition besessen. Sie gehörten einem "Kumpel" aus dem Dorf. Dieser habe einen Schlüssel zu seinem Haus besessen und die Sachen dort eines Tages eingelagert. Auch als Drogenumschlagplatz habe der Bekannte das Anwesen des 35-Jährigen benutzt, wofür dieser pro gelagertem Kilogramm 100 Euro kassiert habe. Jener "Kumpel" war vor Kurzem auf Gran Canaria festgenommen worden und hatte behauptet, dass der 35-Jährige Mitglied der rechtsextremen SS-Kameradschaft "Korps Steiner" sei - was der Angeklagte auf Nachfrage auch einräumte. Einmal sei er bei einem Treffen der Gruppe in einem Gasthof im Fuldaer Land gewesen. Der Prozess wird am 26. Juni fortgesetzt. ls