Solaranlage Römershag: Sonnen-Scheine rechnen sich
Autor: Ulrike Müller
Römershag, Mittwoch, 13. November 2013
Vor einem Jahr beteiligten die Stadtwerke die Bürger an Solaranlagen. Heino Martin und Andreas Miller präsentieren die ersten Ergebnisse. Und die können sich sehen lassen.
Mühevoll schleppt Andreas Miller eine Leiter den Hang hinauf. Denn dort, wo er hin will, ist es unwegsam. Millers Ziel ist der Hochbehälter für Trinkwasser nahe der Talbrücke Römershag. Dort befindet sich seit Februar 2012 eine drehbare Solaranlage, die je nach Lichtverhältnissen eine Fläche von 70 Quadratmetern nach der Sonne ausrichtet. Die Stadtwerke Bad Brückenau haben diese Anlage zusammen mit zwei weiteren, fest installierten Anlagen bauen lassen, um in erneuerbare Energie vor Ort zu investieren. Für die Finanzierung boten die Stadtwerke in Zusammenarbeit mit der VR-Bank so genannte "Sonnen-Scheine" an, mit deren Kauf sich die Bürger an den Anlagen beteiligen konnten.
Leistung besser als erwartet
"Nach fast zwei Jahren können wir sagen, dass die Anlage sogar 50 Prozent mehr Energie einbringt als herkömmliche Anlagen", freut sich Heino Martin. Der Geschäftsführer der gleichnamigen Montage-Firma war ursprünglich von 40 Prozent ausgegangen, als er den Ertrag der Anlage im Vorfeld berechnet hatte. 26.983 Kilowattstunden Strom speiste die Anlage bereits ins Stromnetz ein (siehe Grafik). "Bis Februar haben wir sicher 30.000 Kilowattstunden erreicht", blickt Martin voraus. Dann steigt er die Leiter hinauf, denn die Steuerung sitzt kurz unter dem Panel.
Mit einem Joystick bringt Martin die Anlage in Bewegung. Es surrt leise. Zwei Sensoren messen die Lichtintensität und richten das Panel optimal aus. "Andere Anlagen fahren nach astronomischer Programmierung", berichtet Martin. Aber die seien nicht so genau. Auch mit einem Windmessgerät ist die Anlage ausgerüstet. Wenn ein Sturm tobt, stellt sich das Panel automatisch in Windrichtung. Und wenn Schnee auf den Solarmodulen liegen bleibt, fährt das Panel in die senkrechte Position, damit der Schnee herunter fällt.
Einsparung statt Rendite
2010 hat sich Martin in der Branche selbstständig gemacht. Sein Unternehmen beschäftigt vier Mitarbeiter. "Heute knallt man die Dächer nicht mehr voll, sondern legt die Anlagen für den Stromverbrauch aus", beschreibt er die Trendwende. Noch vor wenigen Jahren galten Photovoltaikanlagen als reine Renditeobjekte, die mit jedem Sonnenstrahl Gewinn einfahren.
Waschen nach dem Sonnenstand
Heute steht der eigene Stromverbrauch im Mittelpunkt, weil die Einspeisevergütung Stück für Stück zurückgefahren wird. Wo früher rührige Hausfrauen nachts ihre Waschmaschinen anstellten, weil dann der Strom günstiger war, schauen sie heute einfach aus dem Fenster. "Der beste Tarif ist, wenn die Sonne scheint", wirft Miller mit einem Schmunzeln ein.
Trotz der guten Leistung bleibt die drehbare Solaranlage für die Stadtwerke ein einmaliges Experiment. "Insgesamt haben wir 142 Solaranlagen im Stadtgebiet", gibt Miller einen Überblick. Allein im Jahr 2012 wurden rund 1,4 Millionen Kilowattstunden Solarstrom ins Netz eingespeist. "Und da ist der Eigenverbrauch ja noch gar nicht mitgerechnet", macht Miller klar.