Schwerspat, Pottasche und Ziegelhütten
Autor: Stephanie Elm
Oberbach, Freitag, 05. Oktober 2018
Walter Kömpel hat sich in seiner dritten Chronik dem ehemaligen Dorf Silberhof gewidmet. Hilfe hatte er wieder von Karl Hahn und Matthias Elm.
"Von Kindesbeinen an haben mich die abgesiedelten Ortschaften auf dem Truppenübungsplatz interessiert - das hatte etwas Mystisches", erzählt Walter Kömpel. Nach den Chroniken über die Auersberghöfe und Rothenrain hat er nun das ehemalige Dorf Silberhof genauer betrachtet.
Mittlerweile ist der 58-Jährige ein "Experte", wenn es um die ehemaligen Dörfer im heutigen Truppenübungsplatz geht. Daten und Informationen hat er schon viele Jahre gesammelt, trotzdem standen für das Buch "Silberhof - Ein Dorf, von dem man erzählt" unter anderem Besuche in Gemeindearchiven, dem Staatsarchiv und Diözesanarchiv in Würzburg an. Gerne hätte Walter Kömpel die trockenen Daten mit lebendigen Erzählungen von Nachkommen der Silberhöfer bereichert, doch fanden sich kaum Ansprechpartner. Zur Zeit der Absiedlung 1938 waren es noch Kinder, die nun bestenfalls die Erzählungen ihrer Eltern an Walter Kömpel weitergeben konnten.
Unverhofft sind - da war Walter Kömpel mit dem Buch schon fast fertig - noch viele Bilder aufgetaucht. Sie bildeten oft die Grundlage für weitere Recherchen und Überlegungen nach den Familien, die die Häuser in Silberhof bewohnten. Doch war auf Grund von wenigen Quellen das Häuser- und Familienbuch "eine ganz harte Nuss", erinnert sich Kömpel. Hausnummern hatten sich im Laufe der Zeit geändert, es gab keine Hinweise auf ein dem zugrunde liegendes Schema, in den Matrikeln waren ganz andere Eintragungen zu finden. Daher war die Zuordnung von Familien zu Häusern und Hausnummern sehr schwierig. Hinzu kommen viele Namensgleichheiten, für Walter Kömpel waren die Söhne damals einfach zu häufig "Johann" oder "Johannes" getauft worden.
Große Hilfe erhielt der Oberbacher aus Schondra: "Eine Dame gab mir den entscheidenden Hinweis auf die Zuordnung einer Familie zu dem Haus Nr. 17", hatte sie doch noch viele Bilder und sogar einen Stammbaum vom Dachboden hervorgeholt.
Die Geschichte von Silberhof liest sich vordergründig wie die von allen Rhöner Orten. Sie alle litten unter den harten Wintern, kargen Böden und Missernten. Neben der Landwirtschaft musste ein Zubrot her. Auch in Silberhof florierte der Hausierhandel. Besen, hölzerne Löffel und Holzschuhe wurden feilgeboten und auch die "steinerne Woar-Händler" waren monatelang auf ihren Verkaufsfahrten unterwegs. Silberhof hob sich jedoch laut Kömpel dadurch ab, dass es "ein kleines Industriedorf war". Die Pottaschensiederei ging einher mit dem Glashütten-Betrieb, dann wurden Ziegelhütten gebaut und schließlich kam der Abbau von Schwerspat. Für jeden Industriezweig wurde Personal benötigt, das Dorf wuchs. Wie groß die Silberhofer Bevölkerung war, ist schwer zu sagen, denn Silberhof war die meiste Zeit an Reußendorf angegliedert und nur eine kurze Zeit selbstständig gewesen. Doch ist bekannt, dass zur Absiedlung 171 Menschen Silberhof verlassen mussten. Das Interesse ihrer Nachfahren an der hinter dem militärischen Schlagbaum verschwundenen Heimat ist groß. Gerne würden die Enkel und Urenkel der Silberhöfer die alte Dorfstelle besuchen.
Für das Buch gab es tatkräftige Unterstützung. So half Matthias Elm bei der Recherche für das Häuser- und Familienbuch und gab viele Informationen über die Glashütten weiter. Wer aus den nüchternen Zahlen und Fakten jedoch ein wahrhaft anschauliches Buch zum Schmökern machte, war Karl Hahn. Bei aller Routine, die der Mediengestalter inzwischen vorweisen kann, legt er bei jedem Buch Wert auf "Hingucker". So ist der Buchtitel in Silberspat-Farbe gehalten. Die "gestalterische Typographie macht die Sache authentisch, die Schrift passt zum alten Ortsschild", berichtet der Brückenauer. Diesmal hatte er einen ganz besonderen Bezug zum Thema, denn bei den Wandertagen auf dem Truppenübungsplatz ging die Strecke am ehemaligen Silberhof vorbei. Zudem kamen ihm Lettern auf Sterbebildchen, die er für das Buch nun digital bearbeitete, bekannt vor: "Mag sein, dass ich die damals selbst gesetzt habe", erzählt der gelernte Schriftsetzer.
Ein weiteres Kapitel steuerte Nadine Kleinhenz bei, deren Großeltern aus Silberhof stammten. Sie beschreibt beispielhaft, wie es den Silberhöfer Familien erging, als sie sich eine neue Zukunft aufbauen mussten. Walter Kömpel dankt außerdem Herbert Schneider für die Gestaltung des Coverbildes sowie Guido Sauer für die Korrekturlesung.