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Oberwildflecken: Stationen einer Kirche


Autor: Sebastian Schmitt

Oberwildflecken, Mittwoch, 14. Mai 2014

Weil sie zu groß war, wird die Kirche in Oberwildflecken abgerissen und durch eine kleinere Kapelle ersetzt. Ein Überblick über Stationen eines denkwürdigen Gebäudes.
Beim Abriss dieser Kirche kam am Dienstag ein Baggerfahrer ums Leben. Fotos: Ralf Ruppert


1965 Zwei Jahrzehnte lang hatten die Oberwildfleckener nach dem Zweiten Weltkrieg gar keine eigene Kirche. Entweder gingen sie zum Gottesdienst nach Wildflecken oder auf den Kreuzberg. 1965 wurde ein altes Fabrikgebäude zur Kirche umgebaut, dem Heiligen Kilian geweiht und mit mehreren hundert Sitz-Plätzen ausgestattet. Das Fabrikgebäude, dessen Umrisse erhalten geblieben waren, stammte noch aus der Zeit des Nationalsozialismus. Die ungewöhnliche Größe ergab sich aus der Überlegung, dass die Bundeswehr das Gotteshaus mitbenutzten konnte. Zur damaligen Zeit existierte noch die Rhönkaserne in Oberwildflecken mitsamt Standortübungsplatz. Die Kirche wurde am 25. September 1966 durch Weihbischof Alfons Kempf geweiht.

1986 erlebt die Kilianskiche ihre erste Primiz. Der Neupriester Franz Leipold aus Wildflecken, der im Dom zu Würzburg zum Priester geweiht wurde, feiert seine erste heilige Messe in Oberwildflecken. Zehn Jahre später dann die zweite Primiz. Jürgen Schwarz aus dem ehemaligen Ortsteil Neuwildflecken war der zweite Neupriester der Gemeinde.

2000 Spätestens mit der Jahrtausendwende geriet die Kilianskirche in einen Strudel des Umbruchs. Die Entwicklung von Oberwildflecken stagnierte: Geburtenzahlen brachen dramatisch ein und die Schließung des Übergangswohnheimes ging mit einem rapiden Schwund der Einwohnerzahl einher. Die Zahl der Gottesdienstbesucher sank Monat für Monat. Eine dringend notwendige Dachsanierung und die Modernisierung der Heizungsanlage konnte sich die Kirchengemeinde nicht leisten. Für die wenigen Kirchenbesucher war das Gotteshaus schlichtweg überdimensioniert.

2013 Im August 2013 wurde die Kirche im Rahmen einer feierlichen Zeremonie profanisiert. Sie gilt damit wieder als "normales" Gebäude. Am 10. Oktober 2013 erwarb der Markt Wildflecken das Gelände zusammen mit dem direkt angrenzenden Kindergartengebäude. Beide leer stehenden Bauwerke waren dem Abriss geweiht. Die Gemeinde kaufte auch die angrenzenden Grundstücke zwischen Kreuzbergstraße, Schlesierstraße und Erlenweg. Damit war der Weg frei für die Umgestaltung des gesamten Kirchenumfeldes zu einer neuen Dorfmitte. Die Kosten für die Gesamtmaßnahme betragen auf Seiten des Marktes rund 830.000 Euro, sie werden allerdings zu 80 Prozent von der Regierung von Unterfranken im Rahmen des Stadtumbau West bezuschusst. Den Bau der neuen Kapelle bestreitet die Diözese, sodass die Kommune hierbei nicht finanziell beteiligt ist.

2014 Der Abriss der Kirche begann im März 2014. Nach einem tragischen Arbeitsunfall am 13. Mai, bei dem ein Mann starb, ruhen die Arbeiten. bit/uli/pow