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Mottener Betrieb geht mit gutem Beispiel voran


Autor: Ulrike Müller

Motten, Dienstag, 08. April 2014

Jessica Schönfeld ist 16 Jahre jung und angehende Schreinerin. Sie musste nicht lange suchen, denn Azubis sind für viele Betriebe inzwischen vor allem eins: Mangelware.
Warum nicht Schreinerin? Jessica Schönfeld aus Bad Brückenau hat sich bewusst für eine Ausbildung in der Region entschieden. Foto: Ulrike Müller


Es gab Tage, da ging Sandra Dorn Klinken putzen. Und zwar bei Betrieben mit der dringlichen Bitte, doch Ausbildungsplätze zu schaffen. Denn die Zahl der Stellen reichte nicht, um allen Jugendlichen eine berufliche Perspektive zu bieten. Heute ist es andersherum.

"Viele Betriebe suchen händeringend nach Nachwuchs", berichtet Dorn, die als Berufsberaterin bei der Agentur für Arbeit Schweinfurt, Geschäftsstelle Bad Kissingen, arbeitet. Das sei besonders im Handwerk der Fall. Deshalb nutzen Dorn und ihre Kollegen die Woche der Ausbildung (siehe Info-Kasten), um Perspektiven des Handwerks in den Fokus zu rücken. Als Beispielbetrieb hat Dorn die Firma "Paltian Treppenbau" aus Motten ausgewählt.

"Viele Jugendliche haben Vorurteile", erklärt Dorn. Handwerker seien schlecht bezahlt, müssten härter arbeiten und hätten kaum Aufstiegschancen. "Ich versuche den Jugendlichen klarzumachen, dass es um die Inhalte geht", sagt Dorn. "Der Job muss ihnen gefallen".

Jessica Schönfeld gefällt ihr Job. "Ich liebe Holz", sagt die 16-Jährige. "Allein der Geruch, wenn man in die Produktionshallte kommt..." Jessica ist im zweiten Lehrjahr bei Paltian. Schon als Schülerin hatte die Bad Brückenauerin sich nach einem Ausbildungsplatz in der Region umgeschaut, denn "ich will in der Nähe meiner Familie bleiben". Nach zwei Wochen Praktikum stand für sie fest: "So, das mache ich jetzt".

Ausbildungsverbund der Innung

Das Mädchen ist zierlich, doch das macht gar nichts. "Die Kollegen helfen mir, wenn mal etwas Schweres zu tragen ist", sagt Jessica unbekümmert. "In der Innung haben wir einen Ausbildungsverbund", erklärt Werner Paltian, Obermeister der Schreinerinnung Bad Kissingen. Die Azubis schnuppern wochenweise in andere Bereiche hinein. So weiß Jessica zum Beispiel nicht nur, wie man eine Treppe baut, sondern lernt auch die Grundlagen der Fenster- oder Möbelproduktion kennen.

Die Agentur für Arbeit setzt nicht nur bei den Jugendlichen an. "Wir ermutigen auch die Arbeitgeber, auf kreative Weise nach Nachwuchs zu suchen", sagt Elena Pätzold, Arbeitgebervermittlerin der Agentur für Arbeit Schweinfurt, Geschäftsstelle Bad Kissingen. So bietet sie im Sommer eine Schulung an, bei der Betriebe lernen, wie sie soziale Netzwerke bei der Suche nach Azubis nutzen können.

Werner Paltian freilich hat seinen eigenen Weg gefunden. Heute müsse ein Betrieb selbst aktiv werden, um junge Leute auf sich aufmerksam zu machen. Das beginne bei der Werbung - beispielsweise am Tag des Handwerks oder bei Berufsinformationstagen - und ende mit dem persönlichen Kontakt zu den jungen Leuten. "Ich war in allen Schulen im Umkreis von 20 Kilometern", erzählt Paltian. Klinken putzen. Wie früher eben, nur andersherum


Bundesweite Woche der Ausbildung:

Veranstalter Die Woche der Ausbildung findet vom 7. bis 11. April in ganz Deutschland statt und wird von der Bundesagentur für Arbeit organisiert. Die Aktion wird von den regionalen Stellen der Agentur für Arbeit selbstständig ausgestaltet. Dabei kann jede Geschäftsstelle ihre eigenen Schwerpunkte setzen.

Anliegen Hintergrund für die Woche der Ausbildung sind Megatrends wie zum Beispiel der demografische Wandel, der technologische Fortschritt oder die Globalisierung. So kommt es, dass heute viele Lehrstellen nicht mehr besetzt werden können, obwohl es noch vor wenigen Jahren mehr Bewerber als Stellen gab. Die Woche der Ausbildung möchte junge Menschen auf die Chancen einer Ausbildung aufmerksam machen und über berufliche Perspektiven informieren.

Auch auf der Arbeitgeberseite setzt die Aktion an. Betriebe sollen dazu ermutigt werden, bei der Suche nach Nachwuchskräften kreative Weg zu gehen und beispielsweise die sozialen Netzwerke im Internet für sich zu nutzen.