Mittel gegen das Aussterben der Ortskerne
Autor: Marion Eckert
Bischofsheim an der Rhön, Mittwoch, 12. Februar 2014
Kommunen müssen aufpassen, dass die Ortskerne nicht sterben. Jürgen Eisentraut gibt bei Tagung zum ländlichen Raum Tipps: Mehrgenerationenhäuser, Wohngemeinschaften und Wohnungen für Jung und Alt.
Die Innenentwicklung war ein prägendes Thema der diesjährigen Tagung zum ländlichen Raum in den Christlichen Gästehäusern. Einer der Referenten war Bürgermeister Wolfgang Borst aus Hofheim, der Möglichkeiten aufzeigte, wie Kommunen den Leerständen begegnen können.
Wie die Kreuzbergallianz dieses Thema anpackt, darüber sprach Bischofsheims Bürgermeister Udo Baumann, der zugleich Vorsitzender der Kreuzbergallianz ist. "Es ist eines der Hauptthemen in der Kreuzbergallianz, mit dem wir uns seit Jahren schon befassen." Um Leerständen in den Kernorten wirksam begegnen zu können, wurde nicht nur eine umfassende Bestandsanalyse vorgenommen, sondern auch ein Büro mit der Innenentwicklung beauftragt.
Eine eigens für die Kreuzbergallianz eingestellte Innenentwicklungsberaterin befasst sich mit der Vermarktungsfrage.
Ziel sei es das Leben in den Ortskernen zu erhalten, künftige Leerstände zu vermeiden und bestehende Leerstände wieder mit Leben zu erfüllen.
Um das Potenzial des ländlichen Raums zu nutzen, brauche es Ziele und Visionen, sagte Jürgen Eisentraut vom Amt für ländliche Entwicklung. Die Gemeinden seien gefordert, sich das Motto "Innenentwicklung vor Außenentwicklung" zu eigen zu machen. Gemeinderäte und Bürger seien davon zu überzeugen, dass dies der einzige Weg sei, um die Ortskerne auf Dauer am Leben zu erhalten. Jedes Dorf habe seine Geschichte, und es gelte, künftig die Ortskerne zu entwickeln. "Der Ortskern war immer zu erst da, nicht das Neubaugebiet. Wenn die Ortskerne sterben, dann stirbt der ganze Ort."
Beispielgebend sei Bischofsheim vorangegangen, habe die Aufstellungsbeschlüsse für fünf Baugebiete zurückgenommen.
Das seien oftmals politisch keine leichten Entscheidungen, Diskussionen seien fast unvermeidlich, doch es lohne sich, die nötige Überzeugungsarbeit zu leisten. Die Analysen aus dem Flächenmanagement der Kreuzbergallianz ergaben, dass für die nächsten 20 Jahre keine neuen Baugebiete benötigt werden, dass genügend Flächen in den bestehenden Ortslagen vorhanden seien. Aufgabe der Innenentwicklungsberatung sei es nun, die Bauwilligen und die Leerstände zusammen zu bringen.
"Wir wollen vitale und lebendige Dorfzentren. Wir wollen keine Schlafdörfer", sagte Eisentraut. Dazu gehöre, dass die Menschen sich für ihre Heimat engagieren, dass sie erkennen, dass es sich lohnt den eigenen Ort zu erhalten, Brauchtum und Tradition zu leben und zu erhalten, wozu eben auch regionale Baukultur gehöre.
Leerständen entgegenwirken
Anhand einiger Beispiele zeigt er
auf, wie neue Wohnformen den demografischen Wandel aufgreifen und zugleich der Leerstandproblematik und Abwanderung entgegen wirken können. Er sprach von Mehrgenerationenhäusern, von Wohngemeinschaften und Wohnungen für Jung und Alt. Pflegestützpunkte gelte es im ländlichen Raum zu etablieren und auszubauen, damit die ältere Generation möglichst lange in der vertrauten Umgebung leben und alt werden könne.
Er sprach sich für mehr Miteinander und generationsübergreifende Kontaktmöglichkeiten aus. Die Stadt Arnstein habe dies mit einem Mehrgenerationenhaus realisiert. Hier kommen die Generationen zusammen, ältere Menschen bieten Hausaufgabenbetreuung für Schüler an, es werde gemeinsam gekocht und gelernt. "Ehrenamtliches Angebot stärken, ausbauen und auch anerkennen, ist enorm wichtig", sagte Eisentraut. Die generationsübergreifende Unterstützung komme allen zu Gute.
Dem konnte sich Fritz Schroth nur anschließen. Das Wort Ruhestand möchte er am liebsten gänzlich aus dem Vokabular streichen. Es geht um Aktivität, um die Berufung nach dem Erwerbsleben und nicht darum ältere Menschen mit dem Ruhestand ruhig zu stellen, womöglich noch zwischen Garten, Fernseher, Haus - und so das Geld vorhanden sei - mit Fernreisen. Es gehe um ein aktives Einbringen in die Gesellschaft mit allen Gaben und Fähigkeiten. "Wir brauchen Mut, Resignation ist keine Lösung für die Zukunft", motivierte Fritz Schroth, der Organisator der Tagung, die Themen anzupacken und sich nicht entmutigen zu lassen. "Es gibt Durststrecken, die man durchstehen muss." Der demografische Wandel, die damit einhergehenden Herausforderungen, wie darauf reagiert und damit umgegangen werde, das möchte er mit der jährlich stattfindenden Tagung zur Zukunft des ländlichen Raums thematisieren.
Im eigenen Ort einkaufen
Ein wichtiges Thema sei dabei das Einkaufsverhalten der Menschen. "Ich kaufe hier" - unter diesem Motto möchte Fritz Schroth eine Initiative starten, denn die Bürger entscheiden ob der Laden im Ort Bestand habe. "Es muss ein Umdenken einsetzen. Wir brauchen eine Initiative, die den eigenen Ort wertschätzt. Das heißt dann auch, im eigenen Ort einzukaufen."