Mit der Trauer nicht allein: Wie ein Trauertreff in Bad Brückenau Hinterbliebenen helfen will
Autor: Rebecca Vogt
Bad Brückenau, Dienstag, 01. Februar 2022
In Bad Brückenau soll ein Treff für Menschen entstehen, die trauern. Federführend beteiligt ist Christina Schneider. Die Hospiz- und Trauerbegleiterin weiß aus eigener Erfahrung, was es heißt, geliebte Menschen zu verlieren.
Innerhalb von einem halben Jahr hat Christina Schneider mit Mitte 40 ihren Vater und ihren Mann verloren. Beide starben an Krebs. Bereits als 18-Jährige musste Schneider den Verlust ihrer Mutter erleben. Die heute 63-Jährige hat mehrfach am eigenen Leib erfahren, was Verlust und Trauer bedeuten. Doch sie hat für sich Wege gefunden, mit dem Schmerz umzugehen. Mehr noch: Als ausgebildete Hospiz- und Trauerbegleiterin hilft sie anderen Menschen, die im Sterben liegen oder gerade einen Angehörigen verloren haben.
"So vieles, was mir in meiner heutigen Arbeit begegnet, habe ich selbst erlebt", erklärt Schneider. "Ich weiß, wie das ist, wenn der Partner nicht mehr da ist, und man keinen Appetit hat, sich überhaupt etwas zu kochen, weil das Gegenüber fehlt." Um anderen in ihrer Trauer zu helfen und ein Angebot zu schaffen, will die 63-Jährige einen Trauertreff in Bad Brückenau etablieren. Dieser ist unter dem Dach des Malteser Hilfsdienstes beheimatet. Mit der Redaktion hat Schneider über die Pläne für den Trauertreff und das gesellschaftliche Tabuthema Tod gesprochen.
Frau Schneider, für wen ist der Trauertreff gedacht und was erwartet einen dort?
Christina Schneider: Das Angebot ist für Erwachsene gedacht, die einen Verlust erlitten haben. Diese Menschen wollen wir unterstützen, indem wir ihnen einen Raum für ihre Trauer bieten. Es geht dabei um die Möglichkeit, zu reden und Gespräche zu führen. Tod und Trauer sind in unserer Gesellschaft ja weitgehend tabuisiert. Auch im privaten Bereich. Da kommen oft Fragen wie: Wieso trägst du noch schwarz? Oder Aufforderungen wie: Du musst mal raus! Die Trauernden sollen bei uns aufgefangen werden. Es handelt sich um ein Treffen, das moderiert wird. Ich werde unterstützt von Diakon Kim Sell, der das Ganze auf religiöser Basis betreut, und von Annette Martin, die mit ihrer Heilpraktikertätigkeit einen Fokus auf die Psychologie legt. In der Trauerbegleitung gibt es viele Themen. In erster Linie geht es uns darum, die Trauernden zu begleiten, und darum, dass ihnen jemand zur Seite steht, der ihre Gefühle ernst nimmt. Bei den einzelnen Treffen ist es wahrscheinlich, dass wir anfangs einen Impuls geben, und über diesen Impuls dann ins Gespräch kommen. Wenn wir merken, dass jemand sehr angegriffen oder schweigsam ist, können wir die Person auch mal herausnehmen und ein Einzelgespräch führen.
Warum ist ein solcher Treffpunkt wichtig?
Mit anderen im Austausch zu stehen, ist bei der Trauerarbeit ganz wichtig. Ebenso Antworten auf Fragen zu finden und Raum für Erinnerungen zu schaffen. Trauer kann man nicht auf einen gewissen Zeitraum anlegen. Wenn Geburtstage oder Hochzeitstage anstehen oder man sich Feierlichkeiten wie Allerheiligen nähert, die mit dem Tod verbunden sind, ist das oft eine besonders schwere Zeit. Es gibt Momente, wo man auch nach Jahren wieder mit seiner Trauer konfrontiert wird und in eine Situation kommt, in der alles so präsent ist, als wäre es gestern gewesen. Der Trauertreff ist dazu gedacht, die Sprachlosigkeit zu überwinden, Begleitung und Gemeinschaft zu erfahren. Zu erkennen: Es geht mir nicht allein so. Die Trauernden sollen Impulse erhalten, um mit dem Verlust leben zu lernen. Wie gehe ich damit um, wenn mich wieder das heulende Elend packt? Es geht auch um Perspektiven für die Zukunft. Wie gehe ich damit um? Was muss ich ändern? Wie schaffe ich es zum Beispiel, den Kleiderschrank meines verstorbenen Angehörigen auszuräumen? Man soll auch seine Gefühle und Gedanken zum Ausdruck bringen. Ich darf weinen, ich darf auch mal zornig sein. Trauer und Verarbeitung sind natürliche Reaktionen, das darf kein Tabu sein. Man muss die Themen Tod und Trauer wahrnehmen und entsprechend damit und mit den Betroffenen umgehen.
Wie sind Sie auf Idee gekommen, in Bad Brückenau einen Trauertreff anzubieten?