Menschen können von Hunden lernen
Autor: Marion Eckert
Klosterkreuzberg, Freitag, 09. Oktober 2020
Die Tiersegnung am Kreuzberg stand in diesem Jahr unter dem Motto "Gott hilf, dass ich der Mensch werde, für den mich mein Hund hält."
           
Nach einem sonnigen Vormittag setzte pünktlich zur Tiersegnung Regen und Wind ein, so dass es am Kreuzberg recht ungemütlich wurde. Doch die Vierbeiner und ihre jeweiligen Herrchen und Frauchen ließen sich nicht vom Wetter abschrecken. Pater Georg Andlinger, die Kapuze des Habits weit über den Kopf gezogen, und der neue Guardian Pater Korbinian Klinger hielten mit ihnen aus.
Pater Korbinian las eine Nacherzählung der Schöpfungsgeschichte in einer modernen Version vor: Gott wollte lieben und geliebt werden und so schuf er die Erde, Sonne und Mond, Wasser, Feuer und Luft. "Er hauchte Vögel in der Luft, legte Fische ins Wasser und anderen Tieren zeichnete er ganz persönlich Augen, Mund, Nase und Ohren damit sie ein liebliches Gesicht hätten und auch ein bisschen dem Wesen glichen, das er ganz zuletzt mit besonderer Hingabe formte."
Pater Georg Andlinger griff in seiner Ansprache den Gedanken auf, dass Gott den Tieren ein "liebliches Gesicht" geschaffen habe. Tiere seinen zwar keine Geschöpfe auf Augenhöhe mit den Menschen, aber Mitgeschöpfe, die den selben Lebensraum bewohnen und in ihren Verhaltensweisen den Menschen in vielen Dingen ähnlich seien.
Mehr Mitgefühl für Hunde als für Erwachsene
Über der Einladung zur Tiersegnung stand der Satz "Gott hilf, dass ich der Mensch werde, für den mich mein Hund hält." Es lohne sich darüber einmal nachzudenken. "Wie erlebt mich mein Hund? Wie sieht mich mein Hund? Wofür hält er mich? Was bedeute ich ihm? Für wen hält mich mein Hund?" Pater Georg beantwortet diese Fragen so: "Für einen Menschen, der immer nur Gutes tut, den man einfach nur liebhaben muss, dem man absolut vertrauen kann. Aber sehen uns auch alle unsere Mitmenschen so? Vielleicht nicht unbedingt."
Einer Studie aus den USA zufolge haben die meisten Menschen mehr Empathie, mehr Mitgefühl für Hunde als für erwachsene Menschen. Man habe herausgefunden, das meiste Mitgefühl bekommen Kleinkinder und Welpen, danach der ausgewachsene Hund und dann der erwachsene Mensch. Der Grund hierfür sei einfach: "Wir haben mehr Mitgefühl für die Schwächeren und Wehrlosen, für die Unschuldigen. Ein Hund gilt als schutzbedürftig, fast wie ein Kleinkind. Erwachsene dagegen halten wir für robust genug, sich selbst verteidigen zu können."
Trotz Einschränkungen liebenswert
Pater Georg erzählte und zitierte aus dem Buch "Von der Weisheit alter Hunde" der Naturforscherin Elli Radinger. Die Autorin beschreibt darin ihre Erfahrungen mit mehreren Hunden, die ihre Begleiter waren, von der Welpenzeit bis zu Tod. Im Zusammenleben mit diesen Hunden habe sie das menschliche Leben im Zeitraffer erlebt, vom Babyalter, übers das Heranwachsen und Erwachsenenalter bis zum Altwerden und das Ende. Viel können Menschen von Hunden lernen, wie sie das Altwerden ertragen, wie sie trotz vieler Einschränkungen und Behinderungen, liebenswerte Lebewesen bleiben. "Das Leben mit einem alten Hund öffnet unser Augen und unser Herz. Alte Hunde können uns viel beibringen. Nimm jeden Tag als Geschenk. Kümmere dich um dein Rudel. Erkenne was wirklich zählt. Nimm hin was nicht zu ändern ist. Vergib solange du lebst."
Pater Georg zum Abschluss: "Ich glaube wir alle müssten einiges in unserem Verhalten den Mitmenschen gegenüber ändern, wenn wir der Mensch sein wollen, für den unser Hund uns hält." Nach einem Segensgebet segnete Pater Korbinian die Vierbeiner, er ging durch die Reihen und nahm sich für jeden Hund einen Moment Zeit. Mancher Vierbeiner war neugierig, andere scheuten vor dem Weihwasser zurück und manch einer lies sich gerne streicheln.