Lebensumstände von Täter und Opfer beschrieben
Autor: Nathalie Flügel
Bad Brückenau, Dienstag, 21. Januar 2020
Ein Sachbuch über die Aufarbeitung eines Mordes an dem jüdischen Viehhändler Joseph Frank aus Schondra im Jahr 1853 verfasste Cornelia Mence. Aus dem Buch las sie nun in der Galerie Form + Farbe vor.
Ihr viertes Buch "'Judenbildstock' - Viehhandel und Strafprozess - Die Aufarbeitung eines Mordes im Jahre 1853 im Sinnbergwald bei Bad Brückenau" stellte am Sonntagabend Cornelia Mence in Bad Brückenaus Galerie "Form + Farbe den rund 55 Besuchern vor. Dabei verlas sie mehrere Abschnitte ihres Buches und veranschaulichte ihre Vorstellung mit Hilfe einiger Originalbilder der Dokumente, die sie zur Recherche verwendete.
"Ich habe ganze drei Jahre an meinem Buch geschrieben", sagt Mence voller Freude und Stolz.
Jede Menge Vorarbeit war nötig, um das Sachbuch erstellen zu können. Die Dokumente, die das damalige Geschehen protokollieren, erhielt sie aus dem Staatsarchiv in Marburg. Darunter waren Vernehmungsprotokolle sowie einige amtliche Schreiben. "Aus den mir vorliegenden Unterlagen habe ich möglichst viel im Buch zitiert, da ich die Sprache von damals sehr eindrucksvoll finde", erklärt die Autorin.
Unbekannter Blickwinkel auf die damalige Zeit
Zusammen mit ihrem Mann Mike veröffentlichte sie bereits drei Bücher, doch gerade ihr neuestes Werk hat es ihr angetan. Nicht nur, weil es das erste Buch ist, das sie allein geschrieben hat, sondern auch, weil es einen bisher eher unbekannten Blickwinkel auf die damalige Zeit widerspiegelt. "Es wirft ein Schlaglicht auf die Verbindung zwischen den jüdisch gläubigen Bürgern und den anderen Mitgliedern der Gemeinde im 19. Jahrhundert. Es war die Zeit der Annäherung. Die jüdischen Mitbürger sollten integriert werden, und dieser Raubmord geschah viele Jahre vor dem Holocaust.", betont Mence.
Raum Bad Brückenau im Mai 1853: Der erst 26-jährige Jude Joseph Frank, ein angesehener Viehhändler aus Schondra, reiste übers Wochenende nach Frankfurt am Main, um einige Ochsen an Metzger der Region zu verkaufen. Geschäftsreisen dieser Art führte Frank alle 14 Tage durch und gehörten für ihn zum Arbeitsalltag. Doch diesmal sollte er nicht nach Hause zurückkehren.
Am Montagabend, den 30.5.1853, plante der junge Mann seine Rückkehr nach Schondra. Die Geschäfte auf dem Frankfurter Viehmarkt liefen wie immer gut, so gut, dass er circa 1500 Gulden bei sich trug.
Warnungen und versuchter Überfall
Den Protokollen des Staatsarchivs zufolge, stieg Frank - trotz Warnungen und einem bereits versuchten Überfall - um 19 Uhr in Frankfurt in den Bus und erreichte gegen 2 Uhr nachts sein erstes Etappenziel. Einige Stunden musste er dort verharren, bis der Kutscher Blum ihm ein Pferd bereitstellen konnte, mit welchem er gegen 6 Uhr morgens Schlüchtern erreichte. Nach einer kurzen Wirtshausstärkung begann Joseph Frank den letzten Weg zu Fuß durch den Wald nach Hause - nach Schondra. Auf diesem Weg muss er seinem späteren Mörder, dem Metzger und Wirt Johann Georg Müller, aus Hessisch Züntersbach begegnet sein.