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Kothen: Helene Wittmann wird 90 Jahre alt


Autor: Petra Heurich

Kothen, Montag, 20. April 2015

Der "Grüne Baum" war ihre Lebensaufgabe und jahrzehntelang ohne sie nicht denkbar: Am 20. April feiert Helene Wittmann, die ehemalige Wirtin der Traditionsgaststätte in der Bahnhofstraße in Bad Brückenau, ihren 90. Geburtstag.
Helene Wittmann, die ehemalige Wirtin vom "Grünen Baum", Bad Brückenau, feiert am 20. April ihren Geburtstag. Foto: Petra Heurich


"Glücksache", sagt sie lachend, wenn sie auf den 90. Geburtstag angesprochen wird, und gesteht gleichzeitig: "Ich spreche die Zahl nicht gerne aus". Geistig unheimlich fit blickt sie zurück in die Zeit, als sie Gastwirtin war und für ihre Gäste kochte und die Familie sorgte. Gebürtig aus Zella in der Thüringischen Rhön lernte sie Köchin im Katholischen Krankenhaus in Erfurt. Mit einem Rucksack bepackt ging sie über die Grenze und wechselte nach dem Krieg 1948 zu ihrer Schwester nach Düsseldorf. Als Beiköchin arbeitete sie im Düsseldorfer Schuhmacher-Bräu Süd, einem berühmten Lokal in der damals noch stark zertrümmerten rheinischen Metropole.

Stammlokal für viele Vereine

Bei einem Besuch in der Rhön fanden Helene und der Spätheimkehrer und Gastwirt Heinrich Wittmann Gefallen aneinander. Nach ihrer Heirat 1951 musste die junge Wirtin gleich anpacken und beim Schlachten helfen. Die Gastwirtschaften waren damals Selbstversorger.

Der 1. FC Bad Brückenau, dessen Spielfelder genau gegenüber lagen, tagte im Grünen Baum. Für Karnevalisten, Reservisten, Gebietsverkehrswacht und Rhönklub war die Gastwirtschaft Stammlokal. Für Monteure war nicht zuletzt die gute Küche immer wieder der Grund zu übernachten. Kurgäste aus Berlin, Kulmbach und Frankfurt schätzten das Haus und kamen jahrelang zur Saison.

Häkeln wie die Weltmeister

"Es war das erste Gasthaus, das in den 30-er Jahren fließend Wasser in den Zimmern eingerichtet hatte", erinnert sich Wittmann. Um mit den gestiegenen Ansprüchen Schritt zu halten, wurden Zimmer zu Gunsten der Nasszelle zusammengelegt. Bei aller Arbeit stand immer die Familie, unter anderem die beiden Töchter Hanni und Tilly, an erster Stelle im Leben von Wittmann. Das unterstrich sie, indem der Gastbetrieb ab Weihnachten bis Dreikönig geschlossen und der Samstag als Ruhetag gehalten wurde.

1990 übergab Wittmann Haus und Gastwirtschaft an ihre Tochter Hanni und blieb an ihrer Seite bis zum Verkauf des Anwesens. Inzwischen blickt sie auf 15 Jahre Ruhestand in Kothen zurück: "Sehr schöne Jahre, die ich nicht missen möchte". Jeden Tag liest sie die Saale-Zeitung - "Ich sage immer noch Brückenauer".

Tochter Hanni ist froh um die Unterstützung ihrer Mutter: "Sie häkelt wie ein Weltmeister und bügelt noch die komplette Wäsche in unserem Haus, da ist kein Fältchen." Heute ist Geburtstagsfeier mit allen Gratulanten, bevor am Samstag mit den Familien der beiden Töchter, vier Enkeln und sechs Urenkeln gefeiert wird.