Katholischer Bischof spricht in Brückenaus evangelischer Kirche über Ökumene
Autor: Rolf Pralle
Bad Brückenau, Montag, 02. November 2015
Ein katholischer Bischof spricht in einem evangelischen Gotteshaus. Zum Reformationstag hatte sich der ökumenische Arbeitskreis etwas Besonderes einfallen lassen.
           
Die Idee, Bischof em. Paul Werner Scheele einzuladen, stammte von Diakon Kim Jung Nam Sell von der katholischen Pfarrgemeinde St. Bartholomäus. Der evangelische Pfarrer Gerd Kirchner machte kein Geheimnis daraus, dass am Anfang eine gewisse Skepsis bestanden habe, ob das klappen würde. Aber schon nach den ersten problemlosen Kontakten mit dem Geistlichen aus Würzburg seien diese Bedenken verflogen gewesen. Umso mehr freue er sich jetzt, den "Beckenbauer der Theologie" in Bad Brückenau begrüßen zu können.
Scheele selbst dankte bei seinem Besuch in der Friedenskirche für die "mutige Einladung", der er gerne nachgekommen sei. "Erneuerung und Aufbruch - Herausforderung und Ergebnisse des II. Vatikanischen Konzils" lautete der Titel seines öffentlichen Vortrags. Was man auf den ersten Blick als etwas trockenes Referat einordnen könnte, gestaltete sich zu einem spannenden Plädoyer für das Miteinander aller Christen. 
Immer wieder streute der Geistliche individuelle Erfahrungen und Erlebnisse in seine Ausführungen ein, schließlich ist er vor über 50 Jahren als Journalist beim II. Vatikanischen Konzil selbst live dabei gewesen.
Auf die Frage, was Kirche heute brauche, so der 87-Jährige in seinen Ausführungen, gäbe es viele Antworten. Seine persönliche lautet: "Unsere Kirche braucht eine tiefgehende Erneuerung und einen weitgehenden Aufbruch." Mehr oder weniger kosmetische Änderungen würden nicht reichen, das eigentlich Christliche müsse neu gesehen und vor allem gelebt werden.
  
  Noch nicht konkret verwirklicht
 
 Die großen Probleme, mit denen man konfrontiert sei, und die neuen Chancen, die sich daraus ergeben, würden Beweglichkeit in jeglicher Richtung erfordern. Vor solchen Herausforderungen habe auch schon damals das II. 
Vatikanische Konzil zwischen 1962 und 1965 gestanden, bei dem es unter anderem um einen verstärkten Dialog mit Anders- und Nichtgläubigen ging. Die Beratungen, so erinnert sich Scheele, seien seinerzeit auch bei den evangelischen Christen auf großes Interesse gestoßen. Denn das Konzil sei keine Flucht in die Vergangenheit gewesen, sondern ein Weg zu den Aufgaben, "denen wir uns heute zu stellen haben". Der Bischof redete in vielen Passagen Klartext und machte auch kein Geheimnis daraus, dass einige Dinge, die man sich seinerzeit auf die Fahnen geschrieben habe, noch auf eine konkrete Verwirklichung warten. Als Beispiel nannte er in diesem Zusammenhang das Bestreben, neuere Übersetzungen der Bibel von katholischen und evangelischen Sachkundigen gemeinsam realisieren zu lassen. Das sei in Deutschland auch nach fünf Jahrzehnten noch nicht geschehen.