Druckartikel: Katastrophenschutz noch nicht ausgeklügelt

Katastrophenschutz noch nicht ausgeklügelt


Autor: Julia Raab

Bad Brückenau, Freitag, 12. August 2022

Woher kommt das Wasser bei einem tausendjährigen Sturzflutereignis? Seit gut einem Jahr beschäftigen sich die Gemeinden im oberen Sinntal mit dem Thema. Eine Entscheidung gibt es aber noch nicht.
Die Sirene an der Edelruh wäre im Katastrophenfall ideal zur Alarmierung im Stadtgebiet Bad Brückenau. Sie soll schnell reaktiviert werde. Foto: Claudio Kleinhans


Über ein Jahr ist es nun her, dass die Gemeinden an der Sinn die Überlegung eines Sturzflutrisikomanagements in den Fokus rückten, nicht zuletzt wegen der katastrophalen Überschwemmung im Ahrtal. Seitdem ist viel Wasser den Wildbach runtergelaufen, glücklicherweise ohne größere Überschwemmungen durch Überflutung oder Starkregen.

Stadträtin Adelheid Zimmermann (FDP) fragt nach: "Gibt es bereits eine Anleitung für Bürger bei Hochwasserereignissen?" Ein Handlungsleitfaden für das Verhalten wäre in einem Katastrophenfall sinnvoll, merkt sie an. Solch ein Leitfaden bräuchte jeder Haushalt, zugeschnitten auf die Stadt Bad Brückenau.

Allerdings: Solch eine Anleitung ist nicht einfach umsetzbar, denn es bedarf einer Grundlage wie der eines Modells. Und genau dafür soll ein übergeordnetes Sturzflutrisikomanagement dienen. Die gute Seite: "Eine allgemeine Anleitung im Katastrophenfall gibt es schon, und wir möchten erreichen, dass jeder Haushalt diese im Briefkasten hat", sagt Claudio Kleinhans (PWG), Referent für Feuerwehr, Katastrophen- und Zivilschutz. Ein Handbuch, auch im Internet herunterzuladen, gibt konkrete Anleitungen für das Verhalten in verschiedenen Katastrophenfällen (siehe Infokasten).

Sirene wird gefördert

Ein Warnsystem im Katastrophenfall ist die eine Seite der Medaille. Hier gibt es massiven Aufholbedarf, wie Kleinhans für die Stadt Bad Brückenau nachgeprüft hat. Die Sirene an der Edelruh im Stadtgebiet ist derzeit nicht funktionsfähig. Anfang des Jahres stellte der Stadtrat deshalb einen Antrag. Darin weist er auf einen kostengünstigen Ausbau und Modernisierung der Warninfrastruktur im Rahmen einer Förderung hin.

Nach Beratung des Antrages im Frühjahr stimmte das Stadtratsgremium zu, die Sirene an der Edelruh zu reaktivieren und eine zweite Sirene nach Standortfestlegung im kommenden Jahr zu installieren. Denn im Katastrophenfall hören die Einwohner zum jetzigen Zeitpunkt nichts. "Wir wollen sobald wie möglich einsteigen", erklärt Michael Worschech, Geschäftsleiter der Stadt auf Nachfrage.

Was nun die Vorbeugung von Hochwasser- oder Sturzflutereignissen angeht, so haben die vier im oberen Sinntal ansässigen Gemeinden Wildflecken, Riedenberg, Bad Brückenau und Zeitlofs vor einem Jahr ein gemeinsames Interesse bekundet (wir berichteten). Die Überlegung steht seitdem im Raum, ein Sturzflutkonzept erarbeiten lassen, das vom bayerischen Umweltministerium gefördert wird.

Gemeinsames Konzept nötig

Uwe Seidl, stellvertretender Behördenleiter des Wasserwirtschaftsamtes Bad Kissingen, ist im Landkreis für das Thema zuständig. Eine Besonderheit im oberen Sinntal sind die verschiedenen Akteure: Neben den vier Gemeinden sind mittlerweile auch die bayerischen Staatsforsten, der Bundesforst, die Bundeswehr und die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) als Beteiligte informiert. Seidl habe bereits auf zwei Veranstaltungen allen Akteuren das Sturzflutenrisikomanagement vorgestellt.

"Ich halte es für sinnvoll, ein Konzept zum Sturzflutenrisikomanagement für die Gemeinden im oberen Sinntal erstellen zu lassen", sagt Seidl. Nun liege es in den Händen der vier Gemeinderats- und Stadtratsgremien, sich für die Erstellung einer solcher Studie auszusprechen und eine entsprechende Förderung zu beantragen. Bis ein solches Konzept fertiggestellt wird und die Ergebnisse vorliegen, können durchaus zwei Jahre ins Land ziehen, wie das Beispiel der vier im Landkreis bereits erstellten Konzepte zeigt.

"Das kommt im Einzelfall in erster Linie auf die Größe der Gemeinde an", erklärt Seidl. Auch nach der Auftragsvergabe an ein Ingenieurbüro sind die Gemeinde weiter gefordert. "Zunächst sind historische Daten nötig und auszuwerten, zudem ist das Gelände, die Gräben und die Gewässer zu vermessen".

Auf Basis dieser Grundlagen wird dann das Konzept erstellt, erklärt Seidl den Ablauf. Die bereits fertiggestellten Konzepte beinhalten eine ganze Reihe wichtiger Informationen, nicht nur für die jeweiligen Kommunen, sondern auch für Privatleute. "Wir haben von diesen Kommunen bisher sehr positive Feedbacks bekommen", sagt Seidl.

In den Gemeinde- und Stadträten stand das Thema bereits auf der Tagesordnung, allerdings ohne Beschlüsse. Eine gemeinsame Ratssitzung für die Rätinnen und Räte soll deshalb einberufen werden, um eine zügige und gemeinsame Entscheidung zu treffen.

Sturzflutenrisikomanagement - Welche Maßnahmen sind sinnvoll?

Empfehlung: Das Wasserwirtschaftsamt empfiehlt eine Risikobewertung der Gemeinden im oberen Sinntal (Wildflecken, Riedenberg, Bad Brückenau und Zeitlofs). Dabei geht es um die Erstellung einer Studie für jede Kommune, in der Starkregenereignisse unterschiedlicher Stärke abgebildet werden. Es soll erkennbar werden, welche Gebiete besonders betroffen sind, und Maßnahmen sollen vorgeschlagen werden, die vor den Wassermassen schützen sollen.

Förderung: Die Studie wird zu 75 Prozent vom Bayerischen Ministerium für Umwelt und Verbraucherschutz gefördert. Im Landkreis Bad Kissingen haben bereits vier Kommunen (Oberthulba, Nüdlingen, Burkardroth und Bad Bocklet) das Konzept erstellen lassen.

Leitfaden: Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) stellt einen Leitfaden zur Verfügung, was in Katastrophenfällen (Unwetter, Hochwasser, Feuer, Chemie) zu tun ist. Dieser ist auf der Internetseite des BBK zu finden.