Druckartikel: Im Wandel liegt die Zukunft des Gasthauses "Zur Postkutsche"

Im Wandel liegt die Zukunft des Gasthauses "Zur Postkutsche"


Autor: Stephanie Elm

Kothen, Sonntag, 29. März 2015

Jürgen Kessler setzt für seine Wirtschaft "Postkutsche" auf Modernisierung und Flexibilität. Insbesondere findet er es wichtig, neue Kunden zu finden. Für die Straßensanierung im Ort muss nun ein Teil des Biergartens weichen.
Jürgen Kessler, Inhaber und Wirt des Gashauses Postkutsche in Kothen, kann sich auf seine Familie verlassen. Foto: Stephanie Elm


Die Wirtschaft Postkutsche hat in Kothen ein paar Jahrhunderte Bestand und steht mit dem aktuellen Wirt Jürgen Kessler gut da. Der erste Besitzer wird 1605 genannt. Zunächst taucht der Name "Zum Halbmond" auf, später "Tremersches Gasthaus". Familie Tremer gehörte das Gut samt Nebengebäuden, Stallungen, Scheune, Hof und Wiesen von 1731 bis 1911. Alexander Tremer musste aus finanzieller Not heraus gesamte Anwesen verkaufen. 1912 erwarb Magnus Kraus das Anwesen, seine Tochter Maria Sieghart bewohnt heute noch einen Teil des damaligen Gutshofes. Seit 1979 ist die Wirtschaft im Besitz der Familie Kessler. Edwin Kessler nannte das Haus "Zur Postkutsche."

Nicht nur die Besitzer wechselten, sondern seit Beginn der 80er Jahre auch das Ausgehverhalten. Das hat Jürgen Kessler als Teenager miterlebt. "Die großen Kinos wie das Löhertor und Kartbahnen kamen auf, da gab es für die Leute immer mehr Möglichkeiten", erinnert sich der inzwischen 46-jährige Inhaber und Wirt des Gasthauses. Mit Stammtisch und Tanz konnte man immer weniger Gäste locken.

In Zimmer und Gebäude investiert

Die Lösung: ständige Neuerungen. "Wir haben das Geld jedes Jahr in Renovierungen gesteckt." Das Ziel war, sich "unabhängig von der Gegend" zu machen. Der Gast sollte, obwohl auf dem Land, einen Standard wie in der Stadt vorfinden. Die Gästezimmer wurden auf Vordermann gebracht. Neu installiert wurden eine Solaranlage, eine Holz-Gas-Heizung und ein Blockheizkraftwerk. Vor zwei Jahren hat Kessler die Küche renoviert. "Man muss so ein Haus am Leben erhalten", ergänzt der gelernte Restaurantfachmann. Zusätzlich bietet das Haus Aktionen. Ob mit Schnitzelglücksrad, Grill-Donnerstagen oder Schlachtschüssel - das Engagement beschert Kessler und seiner Familie ein volles Haus.

Seine Familie steht nicht nur hinter der Theke, sondern auch hinter Jürgen Kessler, der im Jahr 2000 die Wirtschaft offiziell von seinem Vater übernommen hat. Seine 77-jährige Mutter Bernadette hält den Garten in Schuss und hilft im Service mit. Donnerstags und am Wochenende servieren auch seine Frau Heide, hauptberuflich Lehrerin, und seine Tochter Maeli nach der Schule Essen und Getränke. Das Team unterstützen eine Ganztags-, eine Halbtagskraft und fünf Aushilfen. "Es ist wichtig, dass die Familie bereit ist, den Vater sieben Tage in der Woche arbeiten zu lassen", umreist Kessler seinen Alltag. Vor allem im Sommer, wenn sich die Wirtschaft keinen Ruhetag gönnt.

International buchen

Flexibilität ist für Jürgen Kessler ein Schlüssel zum Erfolg. Theoretisch darf bis 5 Uhr ausgeschenkt werden. Eine Sperrstunde später muss das Frühstück auf dem Tisch stehen, für Bauarbeiter unter Umständen auch etwas früher. Zusätzlich umfasst Kesslers Tagesgeschäft Buchhaltung, Einkauf, Küche und Reservierungen. Auch hier hat der Wirt modernisiert. Seit vier Jahren ist die Postkutsche bei Internetbuchungsportalen zu finden. Das weltweit einheitliche Buchungssystem erleichtert Reservierungen enorm. "Der Däne kann dänisch reservieren, und bei mir kommt es deutsch an."

Kleinbetrieb in kleinem Ort

"Es ist halt Kothen hier", sagt Kessler über den Standortfaktor. "Aber wenn man weiß, was man wert ist, kommen die Kunden wieder." Expandieren und neue Kunden finden, sei ein "Muss". Als Kleinbetrieb in einem kleinen Ort kann man "nicht aus dem großen Teich fischen". Dazu müssen sich die Postkutsche und die zwei weiteren Gaststätten im Ort, Rhönperle und Irish Pub Cinn Mhara, einen immer kleiner werdenden "Kuchen teilen". Kessler sieht Mitbewerber nicht als Nachteil. Kunden gehen in wechselnden Lokalen essen. Und die Gasthäuser helfen sich im Notfall auch mit Zimmern aus. Die Kothener Wirte "sind faire Konkurrenten", es gebe "keine Zänkereien". Im Fremdenverkehrsverein arbeiten sie zusammen daran, die Gegend gut zu präsentieren.

Ein einschneidendes Ereignis steht an. Im Zuge der Straßensanierung, die bald in Kothen ankommt, muss die Postkutsche einen Teil seines Biergartens abtreten. Ein Meter auf einer Länge von 15 Metern muss der Straße "geopfert" werden. Doch Jürgen Kessler sieht das gelassen und nicht so sehr als Opfer. "Durch Sich-Querstellen gewinnt man nichts. Man muss an die Dorfentwicklung denken."




Weitere Gasthäuser in Kothen

Rhönperle Für Inhaberin Ingrid Jahn, die 1977 die Rhönperle übernommen hat, ist die Situation in Kothen "nicht belastend". Wie Jürgen Kessler sieht sie die Konkurrenz mit zwei weiteren Gaststätten eher als "Miteinander". "Es war nie leicht, es wird nie leicht sein." führt sie die Höhen und Tiefen eher auf das Ausgehverhalten an sich zurück.

Cinn Mhara Andreas Jahn präsentiert mit seinem Irish Pub eine andere Produktpalette, ist also "konkurrenzlos". Vor vier Jahren hat er die Wirtschaft, die sich im gleichen Haus wie die elterliche Rhönperle befindet, eröffnet. Seit dem dritten Jahr kann Jahn einen starken Zuwachs verzeichnen, er kennt keine "Tiefen", nur "Saisonschwankungen". Er ist der Meinung, dass die Wirte in Kothen voneinander profitieren.

Pilsterquelle Der Gasthof ist seit 2011 geschlossen. Cornelia Sturm musste die Wirtschaft aus gesundheitlichen Gründen aufgeben. Bis zur Schließung war es "ein einziger Kampf". In die Pilsterquelle zog es Einheimische, die Touristen seien bei der Konkurrenz eingekehrt.