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Im Landkreis Bad Kissingen wächst der Widerstand


Autor: Ulrike Müller

Speicherz, Mittwoch, 18. Juni 2014

Mit dem Verein "RhönLink"will Mottens Bürgermeister Jochen Vogel den Protest gegen eine Höchstspannungsleitung durch die Rhön bündeln. Im Interview spricht er über seine Forderungen, die Begegnung mit Angela Merkel und die Zurückhaltung seiner hessischen Kollegen.
400 Meter von Speicherz entfernt verläuft die Autobahn A7. Hier könnte bald auch noch eine Stromtrasse zu sehen sein. Bürgermeister Jochen Vogel möchte das verhindern. Foto: Ulrike Müller


Rund 400 Meter sind es von der Grenzwaldbrücke bis zu den ersten Häusern von Speicherz. Der Geräuschpegel hängt über dem Dorf wie das monotone Surren einer Dunstabzugshaube. Hierher hat Bürgermeister Jochen Vogel (CSU) geladen, um den Protest-Verein "RhönLink - Landkreise Bad Kissingen und Fulda" gegen die Stromtrasse "SuedLink" aus der Taufe zu heben.

Denn ginge es nach den Plänen der Netzbetreiber Tennet und Transnet BW, so soll eine Höchstspannungsleitung an der A 7 entlang durch die Rhön gebaut werden. Die Speicherzer wollen das nicht und mit ihnen viele andere Bürger, Kommunen und Verbände. Allein im Landkreis Bad Kissingen gründeten sich schon drei Bürgerinitiativen gegen "SuedLink".

Mit "RhönLink" will der Bürgermeister von Motten nun eine Plattform schaffen, um den Protest gegen die Trasse zu bündeln. Die Vereinsgründung findet am morgigen Freitag um 19.30 Uhr im Gasthaus "Zum Biber" statt.

Herr Vogel, "SuedLink" ist längst von der Bundesregierung als "Rückgrad der Energiewende" abgesegnet worden. Was wollen Sie jetzt noch gegen die Trasse tun?
Jochen Vogel: Es wäre blauäugig zu sagen, mit der Vereinsgründung ist die Trasse gestorben. So einfach ist es leider nicht. Ich weiß natürlich, dass das alles schon im Bundestag und Bundesrat behandelt wurde, aber in unserer schnelllebigen Zeit kann sich so etwas auch schnell wieder ändern.

Was will "RhönLink" erreichen?
Der Verein will den Protest gegen die Stromtrasse bündeln. Wenn man sich die Grobplanung ansieht, so sind einige Orte massiv betroffen. Das wollen wir nicht einfach hinnehmen. Wir werden gegen die Stromtrasse vorgehen, weil wir der Meinung sind, dass wir die Trasse gar nicht brauchen.

An dieser Frage scheiden sich die Geister...
Das ist richtig. Aber solange ich immer wieder höre, dass selbst Experten sagen, dass es "SuedLink" gar nicht braucht, denke ich mir: Das kann doch nicht aus der Luft gegriffen sein. Dann müssen sich die Verantwortlichen eben noch einmal hinsetzen und das neu überdenken.

Der Satzungsentwurf sieht vor, dass im Verein nur juristische Personen stimmberechtigt sind, also Kommunen, Bürgerinitiativen und andere Organisationen. Warum?
Das macht die Entscheidungsfindung einfacher. Die Bürger können sich aber trotzdem gern einbringen.

Wie hoch sind die Beiträge?
Wir haben eine Beitragsordnung ausgearbeitet, die vorsieht, dass Mitgliedskommunen 100 Euro im Jahr zahlen. 20 Euro kommen auf weitere juristische Personen, also Verbände, Organisationen oder Bürgerinitiativen zu. Einzelne Bürger zahlen fünf Euro im Jahr. Über die Satzung muss aber noch abgestimmt werden.

Wer wird denn Vorsitzender?
Der wird natürlich erst gewählt (lacht). Ich werde mich aber der Verantwortung stellen.

Anfang Juni trafen Sie Angela Merkel bei den Feierlichkeiten zum D-Day in Frankreich. Haben Sie mit ihr über die Trasse gesprochen?
Darüber haben wir nicht gesprochen, weil ich das an dieser Stelle für unpassend hielt. Die Kanzlerin war am Ehrenmal auf dem Friedhof in Ranville und am Grab eines unbekannten deutschen Soldaten. Da gehört eine Stromtrasse nicht hin.

Und wann treffen Sie Frau Merkel wieder?
(lacht)Das war eine einmalige Begegnung. Da muss man schon zum zuständigen Ministerium gehen.

Werden Sie das tun?
Ich würde gerne die Listen mit Unterschriften, die im Landkreis Bad Kissingen gesammelt wurden, im Wirtschaftsministerium in München oder sogar in Berlin übergeben. Wie das konkret aussieht, müssen wir aber noch im Verein besprechen.

Was will der Verein sonst noch auf die Beine stellen?
Wir wollen auf jeden Fall die Stimmkreisabgeordneten beider Landkreise mobilisieren, damit man sich in Berlin wirklich noch mal Gedanken macht. Es kann doch nicht sein, dass eine Trasse die Rhön zerteilt.

Wenn es soweit kommt, wird der Verein gegen "SuedLink" klagen?
Darin sehe ich nicht die Aufgabe des Vereins. Mir geht es darum, dass wir mit einer Stimme sprechen. Der Verein kann sich für den Rechtsweg aussprechen. Klagen sollte aber der Landkreis oder einzelnen Kommunen selbst. Zum Teil haben sie das ja auch schon angekündigt.

Mit "RhönLink" wollen Sie bewusst den Nachbar-Landkreis Fulda miteinbeziehen...
Ja. Motten hat da eine Scharnier-Funktion. Wir beziehen unseren Strom ja von der Rhönenergie Fulda. Da bin ich immer bei der Kreisversammlung der Bürgermeister mit dabei. Das Gremium hat auch schon eine Resolution gegen die Trasse verabschiedet.

Der Fuldaer Landrat hat schon angekündigt, dem Verein nicht beizutreten. Wie stehen Sie dazu?
Das ist bedauerlich. Auch das Feedback der hessischen Bürgermeister-Kollegen ist bis jetzt eher zurückhaltend. Da wird sich am Freitag zeigen, ob es tatsächlich ein landkreisübergreifender Verein wird.

In der vergangenen Woche ist die Erweiterung des bayerischen Teils des Unesco-Biosphärenreservats offiziell bestätigt worden. Könnte das die Rettung im Kampf gegen "SuedLink" sein?
Das würde ich mir wünschen. Wenn das Biosphärenreservat Rhön wirklich so schützenswert ist, dass es jetzt die Stromtrasse verhindert, dann würde es für die Bürger endlich auch greifbar werden...