Im Internet Waren unter falschem Namen bestellt
Autor: Gerd Schaar
Bad Kissingen, Donnerstag, 27. Februar 2014
In eine Betrugs-Flatrate manövrierte sich ein Mann hinein. Mehr als 20 Mal orderte er Waren im Internet, ohne zu bezahlen. Dabei benutzte er den Namen seiner ehemaligen Lebensgefährtin und auch den ihres Sohne aus voriger Ehe.
Zu einer zehnmonatigen Bewährungsstrafe wurde ein 58-Jähriger wegen Betrugs und Urkundenfälschung vom Amtsgericht Bad Kissingen verurteilt. Außerdem muss der Verurteilte 1000 Euro an die Sozialeinrichtung Maria Bildhausen zahlen, 40 Stunden gemeinnützige Arbeit ableisten und eine Schuldnerberatung aufsuchen, so die Bewährungsauflagen.
Mehr als 20 Mal habe der Beklagte laut Anklage bei großen Warenhäusern per Internet Waren von erheblichem Wert bestellt, ohne bezahlen zu können. In elf nachweislichen Fällen habe er sich dabei hinter dem Rücken seiner ehemaligen Lebenspartnerin falscher Vollmachten und Namen bedient, so die weiteren Tatvorwürfe.
Geordert hatte der Angeklagte Gegenstände für den gemeinsamen Haushalt, wie zum Beispiel eine teure Waschmaschine, eine Spülmaschine, einen Herd, ein Klimagerät, diverse weitere Küchengeräte und eine Wohnregalwand, aber auch teure Zierfische. In der Mehrzahl alles Beträge zwischen 100 und 1000 Euro. Aber auch für seinen persönlichen Bedarf hatte der Beklagte unter falscher Flagge per Internet geordert: Autoteile, Navis und einen Laptop-Computer.
2006 in Privatinsolvenz geraten
Die Taten liegen Jahre zurück. 2006 war der Angeklagte in Privatinsolvenz geraten. Zusammen war er mit seiner damaligen Lebensgefährtin schon seit 1998. Beide wohnten in einem gemeinsamen Haushalt. Den Kredit für das Wohnhaus muss die Lebensgefährtin noch abbezahlen. "Wegen meiner lang währenden Krankheit war ich für drei Wochen bis zum Februar 2010 aus dem Haus", erzählt die mittlerweile 59-Jährige dem Gericht. "In dieser Zeit hat der Angeklagte viele Bestellungen auf meinen Namen gemacht", habe sie nach ihrer Rückkehr feststellen müssen.
"Ich hatte vom Computer überhaupt keine Ahnung und musste eines Tages für die Taten meines damaligen Lebenspartners geradestehen", erinnert sich die Geschädigte an ihre Lohnpfändungen, mit denen sie nichtsahnend plötzlich konfrontiert war. Denn die Bestellungen, die der Angeklagte mit Hilfe ihrer Bankdaten tätigte, liefen per Internet auf ihren Namen. "Ich hatte Angst um meinen Job", so die Zeugin. Erst sehr viel später habe sie erfahren, dass ihr Lebenspartner keine Bonität mehr bei der Schufa habe.
Auch der Name des Sohns aus ihrer vorigen Ehe wurde vom Angeklagten für Internetbestellungen ohne dessen Wissen verwendet. Der Sohn kam erst viel später im Jahre 2011 dahinter, weil er sich beruflich außerhalb der Region aufhielt und nur gelegentlich heim kam. "Tröpfchenweise kam alles ans Licht", schildert der Sohn, wie er nacheinander von Handyverträgen und weiteren Internetbestellungen auf seinen Namen erfuhr. Dass der Familienkreis, in den er damals auch den Lebenspartner seiner Mutter einbezog, nicht immer mit blindem Vertrauen einhergehe, habe er nachträglich bitter einsehen müssen. Klar, dass der Angeklagte spätestens zu diesem Zeitpunkt, nämlich zum Frühjahrsbeginn 2011, das Weite suchte.
500 Seiten dicke Gerichtsakte
"Zumeist habe ich die Bestellungen nach Absprache mit meiner Partnerin auf deren Wunsch hin getätigt", schützt der Beklagte jetzt vor. "Sie hatte sowohl Schufa-Bonität als auch Wünsche und ich war in der Privatinsolvenz", bringt er es auf seinen Punkt. "Ich war zu gutmütig", lehnt sich der Beklagte vor der Richterin weit aus dem Fenster. Und dessen Verteidiger setzt im Plädoyer noch eins drauf: "Die bestellten Waren befinden sich doch noch im Hause der ehemaligen Lebensgefährtin, die ihren Nutzen bis heute davon hat." Der Kernvorwurf der Staatsanwältin hinsichtlich der Zahlungsunfähigkeit seines Mandanten stimme nicht. Rund 500 Seiten dick ist der Ordner der Gerichtsakte. Darin blättern Richterin, Staatsanwältin und Verteidiger während der knapp fünfstündigen Gerichtsverhandlung oft, um den Details von eidesstattlichen Versicherungen, Pfändungen, Buchungen, Emails und Mahnungen auf die Spur zu kommen.
"Sie haben Waren bestellt und den Firmen Ihre Zahlungsfähigkeit vorgespiegelt", erklärt die Richterin in ihrer Urteilsbegründung ganz genau, was hinter dem Betrugsvorwurf steckt. Trotz vieler Mahnungen für offenstehende Rechnungen habe der Beklagte einfach so weiter gemacht und seinen wachsenden Schuldenberg erzeugt.