Hilfe aus Bad Brückenau fürs Ahrtal: Rauschender Abschied in Ruinen
Autor: Steffen Standke
Bad Brückenau, Donnerstag, 20. Oktober 2022
Ahrtal-Helferin Claudia Wawerzinek möchte kürzertreten. Kürzlich sagte sie im noch immer verwüsteten Gebiet Auf Wiedersehen. Ganz von der Sache lassen will die 69-Jährige aber nicht.
Diese Freude, die Ausgelassenheit der Menschen. Sie begeisterten Claudia Wawerzinek bei ihrem jüngsten Besuch im Ahrtal besonders. Obwohl sie noch immer in Trümmern leben und der Wiederaufbau kaum voranzuschreiten scheint. Aber die Lebensfreude ist zurück bei den Flutopfern. Das hat die Bad Brückenauerin auf ihrer besonderen, vorerst letzten Mission gemerkt.
Am Morgen des 15. Oktober, einem Samstag, war die 69-Jährige gemeinsam mit 100 Mitstreitern aus der Region in zwei Bussen Richtung Ahrtal aufgebrochen. Es sollte ein besonderes Ereignis werden: ein Weinfest mit Musik, dessen Erlös den von der Flut am 14. und 15. Juli 2021 Betroffenen zugute kommt.
Deswegen fuhr unter anderem Alleinunterhalter Marco Wolf aus Motten mit; aber auch die sechsköpfige Partyband "Sinntal-Sound" aus Oberzell (Main-Kinzig-Kreis) saß mit im Bus. Eigentlich wollte Wawerzinek auch noch die Musikkapelle aus Breitenbach mitnehmen. "Sie konnten aber wegen eines Corona-Ausbruches nicht mitfahren." Ansonsten fuhren viele Menschen aus Osthessen mit, aber auch welche aus dem Landkreis Bad Kissingen, aus Bad Brückenau selbst leider nur fünf Leute.
Weinwanderung und Nonstopp-Musik
Schon den Empfang im Ahrtal kurz vor 11 Uhr fand die 69-Jährige überwältigend. Hunderte hatten sich zum beginnenden Weinfest aufgemacht; der Bus aus der Rhön kam kaum durch, berichtet sie.
Einige der Mitgereisten unternahmen eine Rotweinwanderung, kauften die ein oder andere gute Flasche. Auch die Winzer des als Weinregion bekannten Landstriches in der Eifel hat die Flut hart getroffen. Viele vor allem tiefer gelegene Keller wurden überspült, die in Jahren dort aufgeschichtete Arbeit vernichtet. Eine Winzergenossenschaft gewährte Einblick in einen (höher gelegenen) Weinkeller, der verschont geblieben war.
Später am Tag schlug die Stunde von Marco Wolf und "Sinntal-Sound". Beide beglückten das mehrhundertköpfige Publikum mehrere Stunden lang, letztere bis 1 Uhr in der Nacht. "Die Leute haben geschrien und gerufen. Sie wollten gar nicht, dass die Musiker von der Bühne gehen", schildert Claudia Wawerzinek ihre Eindrücke.
Die Rhöner Reisenden ihrerseits verkauften beim Weinfest Lebensmittel - Brot und Wurst aus ihrer Region - an die Festbesucher. Wie gesagt: Der gesamte Erlös kommt den Opfern der Flutkatastrophe zugute.