Gewerbegebiet Schildeck: Patzer Erden will hier ganz ohne Torf produzieren
Autor: Steffen Standke
Schildeck, Dienstag, 09. November 2021
Wiese, nichts als Wiese. So präsentiert sich das Areal zwischen B286 und Autobahn, am westlichen Ortsausgang von Schildeck. Noch. Denn die Sinntaler Firma Patzer Erden plant dort ein neues Substrat- und Erdenwerk. Das hat mehrere Gründe und einen besonderen Clou.
Mindestens eine halbe Stunde quälen sich die Patzer-LKW von den beiden Firmen-Standorten Altengronau und Jossa aus über Landstraßen, ehe sie die Fernrouten A7 oder A66 erreichen. Für ein Unternehmen, das seine Substrate und Blumenerden hauptsächlich in Deutschland, aber auch in andere europäische Länder ausliefert, tagtäglich ein immenser Aufwand.
Da bietet der neue Standort Schildeck einen großen Vorteil: Die Auf- und Abfahrt der Rhönautobahn liegt direkt vor der Nase. Darüber ließen sie die Rohstoffe - meist Holzhäcksel, Grünkompost und Rinde aus Rhön und Spessart sowie Naturton - auf kürzerem Weg heranschaffen. Aber auch die fertigen Produkte besser über die Lande verteilen. Es war aber laut Inhaber Stephan Patzer nicht der einzige und entscheidende Grund, warum das Familienunternehmen dort Grundstücke kaufte.
Patzer Erden macht gute Geschäfte. Was laut dem Geschäftsführer damit zu tun hat, dass viele Menschen während der Corona-Lockdowns das Gärtnern wiederentdeckt haben. Vor allem die jüngere Generation wolle ihr Obst und Gemüse auch nachhaltig anbauen. "Nachhaltige Erden spielen eine immer größere Rolle", sagt der 44-Jährige. Er ist überzeugt, dass dieser Trend anhalten wird.
Die Produktionskapazitäten der Firma sind ausgereizt, sollen erweitert werden. Was in Jossa und Altengronau nicht mehr ohne weiteres möglich ist. Schildeck hingegen bietet Platz genug.
In dem stark wachsenden Gewerbegebiet sollen laut Patzer neben einem Verwaltungsgebäude Hallen für die Produktion entstehen, aber auch Außenbereiche, wo die Rohstoffe und Fertigprodukte gelagert werden. Nervige Gerüche müssen die Anlieger nicht befürchten. "Wir sind kein Komposter, verarbeiten fertige Materialien", beruhigt Stephan Patzer.
Das Besondere an der neuen Produktionsstätte: Die Sinntaler Firma will dort komplett auf die Beimengung von Torf verzichten - obwohl das bisher einer der wichtigsten Bestandteile von Substraten und Blumenerden ist. Torf wird bekanntlich in Mooren gewonnen. Diese wiederum besitzen laut einer Pressemitteilung des Unternehmens "hervorragende Eigenschaften bei der Bindung von Kohlenstoff in der Erde". Daher würden Moore eine besondere Rolle im Rahmen des Klimaschutzprogramms der Bundesregierung spielen. So solle die Torfverwendung in Pflanz- und Blumenerden bundesweit in den nächsten Jahren auf freiwilliger Basis beendet werden.
"Die Substrat- und Erdenproduktion in Deutschland und Europa befindet sich in einer entscheidenden Phase des Umbruchs", heißt es in der Pressemitteilung weiter. Die steigende Nachfrage nach Substraten und Erden ohne den bisher wesentlichen Rohstoff Torf sei auch für Patzer Erden eine große Herausforderung für die Zukunft.