Fairtrade: Wie fair ist Bad Brückenau?
Autor: Ulrike Müller
Bad Brückenau, Freitag, 02. Mai 2014
Seit zwei Jahren schmückt sich Bad Brückenau mit dem Fairtrade-Siegel. Heuer steht die Bewertung an. Doch was steckt hinter der Idee von der fairen Stadt? Und trägt die Bevölkerung das Projekt überhaupt mit?
Das Siegel ist nicht zu übersehen. "Fairtrade-Stadt" steht groß am Rathaus. An Geschäften und Gasthäusern prangt das Logo ebenfalls. Im Juni 2012 wurde Bad Brückenau in die Reihe der Fairtrade-Städte aufgenommen - als erste Stadt der Rhön überhaupt und als ers tes Bayerisches Staatsbad. Ein Grund, stolz zu sein.
Nun, nach zwei Jahren, steht die Überprüfung des Zertifikats an. "Wir haben den Fragebogen bereits ausgefüllt", berichtet Dirk Hönerlage, Vorsitzender der Eine Welt-Gruppe, der zur Fairtrade-Steuerungsgruppe gehört. Fünf Kriterien muss die Stadt erfüllen, um das Siegel weiterhin tragen zu dürfen: Der Stadtrat spricht sich für die Fair trade-Stadt aus - abgehakt. Die lokale Steuerungsgruppe koordiniert Aktivitäten; Läden, Gastronomie und öffentliche Einrichtungen bieten faire Produkte an; es gibt Bildungsangebote zu fairem Handel; Medien berichten. Alles abgehakt.
Aus Kapazitätsgründen kann der Verein "TransFair", der das Siegel ver gibt, nicht noch einmal nach Bad Brückenau kommen, um die Kriterien zu überprüfen, berichtet Hönerlage. Das Zertifikat wird also "gegen Unterschrift und Stempel" verlängert und gilt dann für vier Jahre. Ob auch drin ist, was drauf steht, bleibt dem guten Willen der Ma cher überlassen.
Brückenauer Stadtkaffee im Rathaus
Und den zeigt die Fairtrade-Steuerungsgruppe. Unermütlich wirbt die Stadt für den fairen Gedanken. Im Rathaus wird der Brückenauer Stadtkaffee ausgeschenkt - das ist laut Kriterien Pflicht, aber auch Werbung für die Stadt. Schüler und Lehrer sprechen über globale Verantwortung - zum Beispiel nach dem Theaterstück "Friss oder stirb", das Stadt und Eine Welt-Gruppe nach Bad Brückenau ge holt hatten.
Aber reicht das?
Die meisten Bürger ha ben die Fairtrade-Pro dukte in den Bad Brückenauer Geschäften schon einmal gesehen. Zum Beispiel So cken im Schuhhaus, 6,95 Eu ro, aus fairer Produktion. "Die wer den ab und an mal ge kauft", berichtet Inhaber Adolf Dörflinger. "Es ist aber nicht so, dass die Leute kommen und sagen: Ich will Fairtrade-Socken."
Längst beschränkt sich das faire Sortiment nicht mehr nur auf Tee, Schokolade und Kekse. Es gibt auch Schmuck mit dem fairen Siegel. Oder Kleidung. Oder Bälle. Zwei Modelle hat Alfred Kötzner im Angebot, mit 25 oder 30 Euro ähnlich im Preis wie andere Bälle. 20 Stück kaufte Kötzner, als Bad Brückenau Fairtrade-Stadt wurde. "Davon sind immer noch welche da." Die Jugend beim FC spiele mit fairen Bällen, berichtet Marco Reinisch, Juniorenleiter. Die erste Mannschaft nicht.
Auch das Franz-Miltenberger-Gymnasium habe mal faire Bälle an geschafft, erzählt Hönerlage. Die seien aber inzwischen schon aufgebraucht.
Mehr Nachhaltigkeit
"Wir erzählen hier irgend etwas, aber zuhause wird das Gegenteil gelebt", ist Pfarrer Gerd Kirchner noch nicht zufrieden mit dem, was erreicht wurde. Er wünscht sich mehr Nachhaltigkeit, dass die Idee auch wirklich ankommt. Dass es bei Fairtrade nicht bloß um Kaf fee und Bananen geht, darin sind sich alle einig.
"Fair ist für mich, die Regeln, die man bei sich setzt, auch bei anderen gelten zu lassen", bringt Stadtrat Jürgen Pfister (PWG) ein. Zum Beispiel beim Sport. Oder in der Lokalpolitik. Oder beim Einkaufen. "Dann geht's ans Eingemachte, ans Portemonnaie", sagt Hönerlage. In letzter Konsequenz heißt Fairtrade nämlich auch, nicht nur zu sehen, sondern auch zu kaufen.
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