Erster Weltkrieg: Ein Zeitzeugnis aus Werberg
Autor: Ulrike Müller
Weißenbach, Mittwoch, 08. Oktober 2014
Franz Wiesner ist erst 21 Jahre alt, als er in Rumänien verwundet wird und stirbt. Als Erinnerung an den gefallenen Sohn lässt die Familie Trauerkarten drucken. Ein Exemplar erinnert noch heute an das traurige Schicksal des jungen Mannes.
Seinen Heimatort gibt es längst nicht mehr, doch die Erinnerung an den Werberger Franz Wiesner, der im Ersten Weltkrieg in Rumänien gefallen ist, hat fast 100 Jahre überdauert. "Jesus! Maria! Joseph!", steht über dem schwarz-weiß Bild, das den jungen Mann in Uniform zeigt. Die Familie hat die kleine Karte "zur frommen Erinnerung im Gebete an den in Gott ruhenden Jüngling, unsern lieben, guten, unvergeßlichen Sohn und Bruder" bei der Buchdruckerei Karl Nikolaus in Brückenau drucken lassen.
Eine Leserin aus Weißenbach hat die Karte von ihrer Mutter geerbt. Auch einen Orden fand sie zwischen alten Sachen. "Ich vermute, dass das Ehrenzeichen zu dem jungen Soldaten gehört", meint sie. Sicher ist das jedoch nicht. Eine kurze Recherche im Internet ergibt folgendes Bild: Bei der Medaille handelt es sich um ein Ehrenkreuz für Frontkämpfer. Die beiden Schwerter am unteren Rand des Kreuzes weisen ganz klar darauf hin.
Laut Internet-Enzyklopädie "Wikipedia" wurde das so genannte Ehrenkreuz des Weltkrieges am 13. Juli 1934 durch den Reichspräsidenten Paul von Hindenburg anlässlich des 20. Jahrestages des Kriegsbeginns 1914 gestiftet. Der Orden war somit eine Auszeichnung aus der Zeit des Nationalsozialismus, mit dem Kriegsteilnehmer und Hinterbliebene von Soldaten, die im Ersten Weltkrieg gefallen waren, geehrt wurden. Schon möglich, dass auch die Familie Wiesner in Erinnerung an ihren Sohn Franz ein solches Ehrenzeichen bekam. Die Trauer über den toten Sohn konnte das Kreuz freilich nicht lindern.
In fremder Erde begraben
Franz Wiesner war als Schütze im 22. Infanterie Regiment eingesetzt. Er starb am 3. Dezember 1916 infolge einer schweren Verwundung in Tito, Rumänien.
Besonders schmerzlich für die Angehörigen muss gewesen sein, dass sie ihren Sohn in fremder Erde begraben wussten.
So heißt es in der Karte: "Auf fremder Erde schlummerst Du, von fremder Hand gebracht zur Ruh', Bitter, ach! ist unser Schmerz, doch unser Aug' schaut himmelwärts. Wenn Liebe könnte Wunder tun und Tränen Tote wecken, dann würde Dich im Feindesland das kühle Grab nicht decken."
Die Trauerkarte zeigt deutlich Gebrauchsspuren. "Der junge Mann hatte fünf Schwestern und vier Brüder", erzählt die Weißenbacherin. Da ist die Trauer auch 100 Jahre später noch mit Händen zu greifen.