Entlastung für den "Melting-Pot" Mittelschule
Autor: Steffen Standke
Bad Brückenau, Sonntag, 23. Januar 2022
Es waren schockierende Worte, die Michael Heyne im Juni im Jugendhilfeausschuss des Kreistags wählte: Der Brückenauer Mittelschule-Leiter sprach von Selbstverletzung, Drogen, Gewalt, gar Prostitution bei seinen Schülern. Und heute? Scheint vieles besser zu sein.
Dreieinhalb Jahre arbeitet Aleksandra Useini an der Mittelschule. Sie kennt die Sorgen und Nöte vieler Schüler. Es wäre schlimm, wenn nicht, denn das gehört zu ihrem Job. Die Mitarbeiterin der Schweinfurter Gesellschaft zur beruflichen Förderung (GbF) kümmert sich um die persönlichen, schulischen und familiären Probleme der Schülerinnen und Schüler.
Die Sozialarbeiterin malt ein wenig schmeichelhaftes Bild von den Zuständen - weniger in der Schule selbst, aber im Umfeld. Sie berichtet von "oft stark belasteten Familien", aus denen recht viele Kinder und Jugendlichen kämen. Drogen, Gewalt, Schicksalsschläge spielen eine große Rolle. Viele Familien hätten dort, wo sie wohnen, nie recht Fuß gefasst, ergänzt Michael Heyne. Damit meint er zum Beispiel Wildflecken, wo die Zuzugs- und Abgangsrate in einigen Vierteln hoch ist.
Ein beträchtlicher Teil der Schülerschaft seiner Einrichtung lebt dauerhaft im Kinderdorf St. Anton in Riedenberg. Das versteht sich nach eigenen Angaben als "kompetent für Kinder, Jugendliche und junge Volljährige, die einer intensiven sozialpädagogischen, heilpädagogischen und therapeutischen Förderung bedürfen".
Die Bad Brückenauer Mittelschule besitzt laut dem Rektor auch in anderer Hinsicht einen Sonderstatus. Sie ist die einzige ihrer Art im Altlandkreis und nimmt Schüler aus fünf Grundschulen auf. "Da ist dann kein Gefüge da, was es besonders schwierig macht. Da gibt es vermehrt Problemfälle." Ab der 7. Klasse kämen noch die Schüler aus der "Außenstelle" Wildflecken hinzu.
Die Probleme außerhalb der Schule - sie führen zu Auffälligkeiten drinnen. Dass in der Mittelschule mit Drogen gedealt wird, hat Aleksandra Useini zwar noch nicht mitbekommen. Aber einige Schüler hätten welche dabei, die sie von Dritten oder gar den Eltern bekämen, weil die schon Konsumenten sind oder selbst mit Drogen handeln.
Die Sozialarbeiterin weiß um einen konkreten Fall von Prostitution unter den Schülern (auch wenn die Person aktuell nicht mehr die Einrichtung besucht). Es gebe einige Mädels, die wüssten, dass man auf diese Weise schnell an Geld kommen könne.
Für Michael Heyne, seit Februar 2020 Rektor, besitzt eine Schule zwei Kernaufgaben. Erstens: die Schüler zu unterrichten und zu einem Abschluss zu bringen. Und zweitens: sie auch zu erziehen.