Ein Wiedersehen im Kosovo
Autor: Evelyn Schneider
Riedenberg, Dienstag, 26. Sept. 2017
Familien aus dem Kosovo kamen nach Riedenberg, allerdings wurden ihre Asylanträge nicht bewilligt. Nun besuchte Ulrike Belz die Familien in ihrer Heimat.
Mehr als zweieinhalb Jahre ist es nun her, dass auch in die kleine Tausend-Seelen-Gemeinde Riedenberg die ersten Asylsuchenden zogen.Innerhalb weniger Wochen trafen ab dem 23. Februar die Familien Ferati, Aliu, Murati, Haradini und Murtezi aus dem Kosovo in dem geräumigen Mehrfamilienhaus in der Forellenstraße ein.
Für insgesamt 28 Frauen, Männer und Kinder aus dem Kosovo mussten nicht nur eine Unterkunft gewährt, sondern auch alltägliche Dinge organisiert werden. Bald hatte sich ein recht großer Helferkreis gebildet, der Bekleidung und Spielsachen zusammentrug, und der einen Fahrdienst bildete, um die Asylsuchenden zu Einkäufen oder Ärzten zu bringen. Unter ihnen war auch Ulrike Belz, die zunächst ein bisschen aus Neugier den Kontakt suchte, und durch ihre Arbeit als Kinderpflegerin im hiesigen Kindergarten schon einige der Kinder kennengelernt hatte. Schnell hatte sich gegenseitiges Vertrauen aufgebaut. Sie lernte mit ihnen die deutsche Sprache und unternahm Ausflüge. Auch brachte sie ihnen die Landschaft der Rhön näher und versuchte auch die Gebräuche und Verhaltensregeln Deutschlands zu vermitteln. "Das fing mit der Mülltrennung an und endete mit Hinweis darauf, dass in den späten Abendstunden Ruhe einkehren musste", erinnert Ulrike Belz sich.
Nicht lange brauchten die Kinder, um Kontakte zu knüpfen. Durch Schule und Kindergarten lernten sie schnell die deutsche Sprache. Einige waren beizeiten im Fußballverein integriert, wodurch auch die Eltern regelmäßig am Dorfleben teilnahmen.
Schlimmes erzählten gerade die Frauen über den Weg ihrer Flucht aus dem Kosovo: Über Ungarn und Österreich schlugen sie sich - oft zu Fuß - bis nach Deutschland durch.
Ulrike Belz denkt besonders an eine Begebenheit während einer Wanderung durch die Natur um Riedenberg. "Die Stille , die dort herrschte, erinnerte eines der Kinder plötzlich an die Zeit der Flucht, als die Kinder, aus Angst vor Entdeckung, zum absoluten Leisesein, anhielt. Und plötzlich war die Angst wieder da."
Nach nur einem Jahr hatte sich die Hoffnung auf eine Bewilligung der Asylanträge allerdings zerschlagen. Die Ausweisung stand fest, und alle mussten in die Heimat zurückkehren. Vorher nahmen sie Ulrike Belz aber das Versprechen eines Besuches ihrerseits ab. Vor einigen Wochen löste Belz dieses Versprechen ein und flog, wenn auch mit einem etwas mulmigen Gefühl , in den Kosovo.
Bewusstsein fehlt, neu Errichtetes auch zu pflegen
In einem gemieteten Wagen wurde sie von der Familie Murtesi vom Flughafen abgeholt und herzlich empfangen. "Eigentlich sieht die Gegend nicht viel anders aus, als bei uns. Nur durch die anhaltende Trockenheit etwas karger", erzählt Ulrike Belz. " In sehr schlechtem Zustand sind die Straßen. Die Häuser alle intakt, wenn auch etwas verwahrlost", so ihr erster Eindruck. Doch man könne auch eine zaghaft aufstrebende Infrastruktur feststellen. Allerdings fehle es am Bewusstsein, neu Errichtetes auch zu pflegen und zu erhalten. Überall konnte sie feststellen, dass vieles angefangen, aber nicht fertiggestellt wird und dem unabdinglichen Verfall preisgegeben ist.
Herzliche Aufnahme fand Belz schließlich bei Familie Murtesi. Diese war bei ihrer Familie nach ihrer Rückkehr aus Deutschland untergekommen .
Noch keine Arbeit gefunden
Nacheinander besuchte Ulrike Belz alle Familien, die in Riedenberg untergebracht waren, und in relativer Nähe zueinander leben. Alle wurden von ihren Familien wieder aufgenommen. Arbeit hat bislang noch niemand gefunden. Das war auch der Grund, in Deutschland Aufnahme zu suchen. Die Hoffnung auf finanzielle Sicherheit und Beständigkeit. Einmal zu wissen, dass an jedem Monatsende Geld kommt, von dem die Familie ernährt werden kann. In der aufstrebenden Gastronomie finden nur junge Leute bis zu einem Alter von 30 Jahren Arbeit. Die anderen müssen auf Unterstützung von anderen Familienangehörigen, die in der Schweiz oder in Deutschland Arbeit gefunden haben, hoffen.
Bei traditioneller Hochzeit
Doch auch ganz erfreuliche Begebenheiten sind natürlich an der Tagesordnung. So durfte Ulrike Belz an einer ganz traditionellen Hochzeit teilnehmen. "Frauen und Männer feiern tatsächlich noch getrennt voneinander. Jeder bringt etwas zum Essen mit und es wird ausgelassen getanzt". "Angst um Leib und Leben muss allerdings niemand mehr haben im Kosovo", ist sich Ulrike Belz sicher. " Es ist wohl nur die Hoffnung nach einem besseren Leben, die diese Menschen zu diesem Schritt treibt ".
In Riedenberg selbst waren bislang 81 Asylsuchende untergebracht. 23 Anträge wurden in dieser Zeit abgelehnt, 39 erhielten ein Bleiberecht für Deutschland ( entweder eine anerkannte Flüchtlingseigenschaft, subsidiären Schutz oder die Zuerkennung von Abschiebehindernissen).
Derzeit leben noch zwölf Personen in der Unterkunft. Eine syrische Person von den zwölf verbliebenen hat die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt bekommen. Vier von dessen Angehörigen durften wegen dieses Status zu ihm im so genannten Familiennachzug nachziehen. Vier weitere syrische Personen erhielten den subsidiären Schutz. Diese leben noch in der Unterkunft, da sie noch keine Wohnung gefunden haben und werden als so genannte Fehlbeleger bezeichnet.
Bei den anderen drei Personen , einer afghanischen Familie, ist das Asylverfahren noch nicht abgeschlossen.
Bislang waren Asylsuchende aus Afghanistan, Serbien, Syrien und Albanien untergebracht.