Druckartikel: Ein herber Schlag für Wildflecken

Ein herber Schlag für Wildflecken


Autor: Ulrike Müller

Wildflecken, Freitag, 09. Oktober 2015

Im Wahlkampf hat Bürgermeister Gerd Kleinhenz versprochen, alles für den Erhalt des Schwimmbades zu tun. Nun müssen er und seine Gemeinderäte aufgeben.
Die Stunden sind gezählt: Ende des Jahres schließt Bademeister Martin Voigt für immer die Türen des Hallenbades Wildflecken. Foto: Ulrike Müller


Mit Tränen in den Augen kamen die Teilnehmer zum Aqua Fitness-Kurs von Bademeister Martin Voigt am Donnerstagabend. Kurz zuvor hatte Bürgermeister Gerd Kleinhenz (PWW) mitgeteilt, dass das Bad zum Ende des Jahres endgültig schließt. "Die Leute fragen mich: Und jetzt? Wo gehen wir jetzt hin?", erzählt Voigt. Für ihn ist klar: "So ein Bad wird es hier in der Region nicht mehr geben."

"Das ist bitter, sehr bitter", sagt der Bürgermeister, der sich noch im Wahlkampf auf die Fahnen geschrieben hatte, das Bad erhalten zu wollen. "Ich stehe hinter der Entscheidung", sagt Wolfgang Illek (PWG), 2. Bürgermeister von Wildflecken. Auch für ihn ist die Sache bitter, aber "mit der Sanierung würden wir uns jeglichen Spielraum für unsere Pflichtaufgaben nehmen", denn in nächster Zeit stehen nicht nur weitere Straßensanierungen an, es müsse auch über die Zukunft der Kläranlage nachgedacht werden.

Illek bestätigt, dass die Entscheidung im Gemeinderat einstimmig gefallen sei. Die Räte hatten sich am Dienstag in nicht-öffentlicher Runde getroffen. "Wir brauchten einen geschützten Raum für die Debatte", erklärt Kleinhenz, warum der Rat dieses wichtige Thema hinter verschlossenen Türen behandelte. Er bescheinigt seinen Räten eine umfangreiche Auseinandersetzung, bei der eigene Ideen eingebracht und durchaus kontrovers diskutiert worden seien.

Wie viele seiner Stammgäste hoffte auch der Bademeister, dass der Betrieb wenigstens noch so lange aufrechterhalten wird, bis die Sanierung von Schule und Turnhalle, die sich im gleichen Gebäudekomplex befinden, beginnt. Dass es jetzt doch so schnell ging, überrascht viele - zumal auch Gespräche mit der Regierung von Unterfranken zur Rettung des Bades geführt wurden.


Chloridbefall in tragenden Teilen

"Wir hätten in Kürze damit rechnen müssen, das Bad über Nacht schließen zu müssen", sagt Kleinhenz. Die Schädigung der Bausubstanz durch Chlorid sei stark fortgeschritten. Immerhin, das Bad ist seit 38 Jahren in Betrieb, im November 1977 wurde es eröffnet. Eine "Gefahr für Leib und Leben" bestehe nicht, sagt der Bürgermeister. Dennoch entschied sich der Rat für ein geordnetes Ende. Wartungsverträge werden nun nicht mehr verlängert, Jahreskarten nicht mehr ausgestellt und Schulklassen und andere Gruppen können langfristig planen. Bademeister Voigt kann das nachvollziehen, schade sei es trotzdem. "Wir hatten zwei Schwimmkurse für Kinder in Planung", sagt er traurig.

Die Schadstoffbelastung hat aber noch eine andere Konsequenz. Der Gemeinderat hat darüber noch nicht abschließend entschieden, es zeichne sich aber ab, dass ein Abriss des Bades und der darauf stehenden Turnhalle unvermeidbar sei, blickt der Bürgermeister voraus. Die Kosten für Abbruch und Neubau einer Turnhalle setzt der Markt mit rund 1,6 Millionen Euro an. Dazu kommen rund 2,5 Millionen Euro (beide Beträge ohne Nebenkosten) für die Schulsanierung, an der der Gemeinderat unbedingt festhält.

Denn schon der Betrieb des Hallenbades brachte jedes Jahr ein dickes Minus von etwa 100.000 Euro ein. Die Kosten für Gebäudeunterhalt und Energie in der Schule in der Rhön-Kaserne belaufen sich auf 110.000 bis 120.000 Euro jährlich, berichtet Kämmerer Dieter Feller. Der Markt rechnet damit, pro Jahr etwa 90.000 Euro einsparen zu können, wenn die Schule saniert ist. Auch deshalb ist es so wichtig, dass es mit dem Projekt endlich vorangeht.


Baustart verschoben

Für das gesamte Projekt geht der Markt Wildflecken nun von einer Investitionssumme von rund 5,2 Millionen Euro aus - wovon der Eigenanteil der Gemeinde etwa 2,3 Millionen Euro beträgt. Ursprünglich hatte die Verwaltung mit einem Eigenanteil von 1,3 Millionen Euro kalkuliert - also einer Million Euro weniger. "Das wollen wir und das müssen wir uns leisten", sagt Kleinhenz. Mit dem Baubeginn zum 1. April werde es zwar nichts mehr, er hoffe aber, dass Ende 2016 die ersten Bagger rollen.

Eine gute Nachricht aber gibt es: Die Förderzusage für das Bauprojekt ist - trotz des Dilemmas mit dem Bad - weiter gültig. Die Bürger können ihre Fragen bei den im Oktober und November anstehenden Bürgerversammlungen loswerden. Sie werden heuer zur Abwechslung einmal als kommunalpolitischer Frühschoppen jeweils am Sonntagvormittag organisiert. Den Anfang macht Oberwildflecken am 25. Oktober um 10 Uhr im Kreuzberghof. Am 15. November treffen sich die Wildfleckener um 10 Uhr im Sportheim. In Oberbach findet die Bürgerversammlung am 29. November um 10 Uhr im Haus des Gastes statt.

Wie es überhaupt zu dem Dilemma kommen konnte, lesen Sie hier.