Dokumentation mit Bad Brückenauer Zeitzeugin
Autor: Rolf Pralle
Bad Brückenau, Mittwoch, 14. November 2018
Ein Kamerateam hat Bad Brückenaus Ehrenbürgerin Else Prause besucht. Gedreht wurde eine Dokumentation über ihren Bruder Heinrich Reidelbach, der im Krieg gefallen ist.
"Die Opfer dürfen nicht vergessen werden", betont Else Prause immer wieder. Deshalb unterstützt sie seit Jahrzehnten auf vielfältige Weise den Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge. Als die 92-Jährige durch die Zeitschrift "Frieden" von dem Projekt 'Kriegsbiographien' erfuhr, war ihr Interesse sofort geweckt. "Ich hatte ja soviel zu erzählen", erinnert sich die rüstige Seniorin an den Mai 2017, als die Geschichte ins Rollen kam.
Schicksal detailliert geschildert
Else Prause setzte sich hin und verfasste ein mehrseitiges Schreiben, in dem sie den Verantwortlichen des Volksbundes detailliert das Schicksal ihres jüngeren Bruders schilderte. "Heinrich war gerade 16 Jahre alt, als er im Januar 1944 eingezogen wurde", erinnert sich die Brückenauerin ganz genau, als ob es gestern gewesen wäre. Da der Luftwaffenhelfer sofort eine Feldpostnummer bekam, war sie immer gut informiert. "Wir konnten uns regelmäßig Briefe schreiben". Im August 1944 hatte sie ihm sogar seine Zivilkleidung an seinen Standort gebracht, da Reidelbach zum Reichsarbeitsdienst (RAD) eingesetzt werden sollte.
"Es war erschütternd, unter welchen Umständen die jungen Leute, die ja fest noch Kinder waren, in ihren Quartieren hausen mussten", zeigte sich Else Prause über die Unterbringung in der Kaserne schockiert.
Plötzlich in Italien
Heinrich Reidelbach wird später von einer Einheit zur nächsten verlegt, sogar von einem Einsatz in Russland ist die Rede. Die Post in die Heimat wird derweil immer weniger. Die Briefe seiner Schwester kommen inzwischen mit dem Vermerk "Neue Anschrift abwarten" nach Bad Brückenau zurück. Mitte März 1945 schreibt Heinrich Reidelbach seiner Familie auf einmal aus Italien. Kurz darauf erleidet er einen Bauchschuss und stirbt. Sein Leichnam wird in der Nähe von Montecassino begraben.
Die offizielle Todesnachricht trifft erst im Januar 1946 in Bad Brückenau ein. "Für mich brach eine Welt zusammen", sagt Else Prause. Später wurde ihr einziger Bruder, mit dem sie seit frühester Kindheit ein Herz und eine Seele gewesen ist, auf den Heldenfriedhof in Costermano umgebettet. "Dort konnten wir wenigstens sein Grab besuchen".
Auf den Film gespannt
Diese und viele weitere traurige Erinnerungen finden Platz in der Dokumentation, die Anfang des Monats in Bad Brückenau gedreht wurde. Die Ehrenbürgerin stand dabei dem Berliner Team mit Leiter Peter Wellach nicht nur Rede und Antwort, sondern legte für das Interview auch etliche historische Unterlagen und Fotos parat. Bereits im Vorfeld des Termins hatte die 92-Jährige nach ausführlichen Telefonaten und einem intensiven Schriftwechsel den Produzenten eine Fülle von Papieren im Original zur Einsichtnahme und Recherche überlassen. "Allein die Briefe füllten einen kompletten Ordner".
Wenn der Film fertiggestellt ist, soll er in Schulen und anderen Bildungseinrichtungen gezeigt werden. "Auch eine Kopie für die Heimatstuben wurde mir zugesagt", ist Else Prause schon heute auf die Endfassung des Streifens gespannt.