"Digitale Sorglosigkeit ist überall ein Problem"
Autor: Ulrike Müller
Bad Brückenau, Donnerstag, 01. Oktober 2015
Polizei-Präsident Gerhard Kallert besuchte die Rhön. Im Interview spricht er über Cyber-Mobbing, Jugendkriminalität und den aktuellen Rückgang von Einbrüchen in Unterfranken.
Zum Workshop der Bad Brückenauer Polizeiinspektion zum Thema Jugendkriminalität kam Gerhard Kallert, Präsident des Polizeipräsidiums Unterfranken, in die Rhön.
Herr Kallert, Sie sind seit 1. März im Amt. Ist das Ihr erster Besuch im Landkreis?
Gerhard Kallert: Nein, ich habe schon Dienststellen und Veranstaltungen in Bad Kissingen, Hammelburg, Münnerstadt und Bad Brückenau besucht. In Breitenbach war ich allerdings zuvor noch nie.
Thema des Workshops ist Jugendkriminalität.
Warum ist besonders Bad Brückenau betroffen?
Im Bereich der PI Bad Brückenau kommt Jugendkriminalität etwas häufiger vor, das ist richtig. Die Zahlen sind aber nicht sehr besorgniserregend. Von Januar bis August hatten wir im gesamten Landkreis Bad Kissingen 78 jugendliche Straftäter, die zwischen 14 und 18 Jahre alt sind, davon 21 im Bereich der Polizeiinspektion Bad Brückenau. Das heißt natürlich nicht, dass wir die Hände in den Schoß legen dürfen. Wir müssen weiter auf Prävention setzen!
Ein Großteil der Straftaten, die Jugendliche begehen, bewegt sich in den Bereichen Vandalismus und Körperverletzung. Zunehmend kommen aber auch soziale Medien ins Spiel. Warum?
Kinder und Jugendliche sind viel in sozialen Netzwerken unterwegs.
Dabei ist ihnen oft nicht klar, welche Auswirkungen Bilder oder Mitteilungen haben können, die sie selbst posten oder einfach weiterleiten. Das kann strafrechtliche Konsequenzen haben, etwa wenn es um Beleidigung, Verleumdung oder freizügige Bilder geht.
Im Workshop ist das Stichwort "digitale Sorglosigkeit" gefallen. Sind Menschen im ländlichen Raum stärker gefährdet?
Das glaube ich nicht. Die digitale Sorglosigkeit ist überall ein Problem, denn die Täter schlagen ja auch überall zu - egal, ob auf dem Land oder in der Stadt.
Eine Besonderheit der Polizeiinspektion Bad Brückenau ist die unmittelbare Nähe zu Hessen. Welche Herausforderungen bringt die Grenznähe mit sich?
Die Täter machen an der Landesgrenze ja nicht Halt. Da ist ein ständiger Informationsfluss wichtig, gerade bei Straftaten-Serien.
Es kann ja sein, das gestern noch ein Fall in Hessen passiert ist und heute schlagen die Täter in Bad Brückenau zu. Die Zusammenarbeit mit den hessischen Kollegen funktioniert aber schon seit vielen Jahren hervorragend.
Sind wegen der Grenznähe auch mehr Polizisten im Einsatz?
Nein, das nicht. Wir teilen die Beamten auf der Grundlage der Anforderungen ein, etwa der Anzahl von Straftätern oder Unfällen in einem Dienstbereich. Berücksichtigt wird auch die Situation in kleineren Inspektionen, die ja rund um die Uhr besetzt sind.
Eine letzte Frage: Wie sieht's denn heuer bei Wohnungseinbrüchen aus?
Im Landkreis Bad Kissingen hatten wir bisher 20 Wohnungseinbrüche. Das ist für einen kompletten Landkreis keine hohe Zahl. Das kann sich aber auch wieder ganz schnell ändern.
In den ersten vier Monaten dieses Jahres hatten wir unterfrankenweit einen enormen Rückgang, inzwischen haben die Zahlen aber wieder angezogen. Ganz aktuell, also mit Stand Ende September, haben wir in diesem Jahr in ganz Unterfranken 413 Fälle registriert. Das entspricht einem Rückgang im Vergleich zum Vorjahr von gut 8 Prozent oder 38 Fällen.
Das Gespräch führte Ulrike Müller.