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Die Michelsmühle klappert noch


Autor: Carmen Schmitt

Münchau, Freitag, 15. Mai 2015

Oliver Schwenzer aus Münchau hält beim Deutschen Mühlentag am Pfingstsonntag das Erbe der Familie hoch. Die historische Anlage an der Michelsmühle feiert Jubiläum. Die Besucher machen eine Reise in die Vergangenheit.
Oliver Schwenzer (rechts), Sohn Julian (links), und Schwiegersohn in spe Stefan Leitsch hat die Leidenschaft gepackt. Sie lassen das Erbe der Familie aufleben. Fotos: Carmen Schmitt


Der Dieselmotor schnauft. 20 PS keuchen schwarze Rauchwolken aus dem Abgasrohr. Es riecht nach Öl und Holzspähnen. Um die Ecke walzt das Mühlenrad an der immer gleichen Stelle das Wasser in dem kleinen Zulauf. Rad und Motor sorgen dafür, dass sich elf Sägeblätter durch eine Holzbohle fressen. Das "Heiligtum vom Opa" lärmt. Früher hat die Anlage das täglich gemacht und Arbeitslohn eingebracht. Heute, 50 Jahre später, sorgt Oliver Schwenzer dafür, dass die Anlage noch ab und zu im Mittelpunkt steht. So wie am Deutschen Mühlentag am Pfingstmontag.
"Es ist immer eine Überraschung", sagt Oliver Schwenzer und lacht. Vor 13 Jahren hat er den Schatz in seinem Garten wieder freigelegt. Was früher Grundlage für das Holzgeschäft war, ist im Laufe der Jahre in Vergessenheit geraten. Heute pflegt er die Anlage und veranstaltet Mühlenführungen. Das Brauchtum liegt ihm am Herzen. Und nicht nur für ihn ist die Mühle etwas Besonderes.
Stefan Leitsch ist Oliver Schwenzers Schwiegersohn in spe. Der 19-Jährige hat Bibliotheken durchkämmt, Bücher gewälzt und das Internet durchforstet. Während seiner Recherchen ist er auf kein zweites, ähnliches, so genanntes Vollgatter in ganz Deutschland gestoßen. "Wir sind hier zu 80 Prozent die letzten, die so etwas haben, das auch läuft", sagt Oliver Schwenzer. Die Seltenheit macht das vergessene Stück noch interessanter: "Seit ich weiß, wie selten die Anlage ist, macht es noch mehr Spaß." Der gelernte Stuckateur hat schon immer gern an Autos geschraubt. So alte Modelle hatte er aber sonst nicht vor sich.
1938 wurde die Anlage produziert. Bis zu einem großen Brand in einem Bad Brückenauer Sägewerk hat das Gatter mit dem Oberantrieb dort seine Arbeit verrichtet. Danach kam es direkt zur Michelsmühle, erzählt Oliver Schwenzer. Der Vater seiner Frau hat das Stück gehütet und damit sein Geld verdient. Seit 2002 beschäftigt sich Oliver Schwenzer mehr mit der Anlage in seiner Scheune.

Viel Zeit für Unikat

"Ich will es nicht kaputt gehen lassen", sagt er. Viel Zeit und Mühe fließen in die Restauration. Je nach Holzsorte bringt er die Sägeblätter in Form. Jedes ist ein Unikat. Inzwischen bessert er Kleinigkeiten an der Anlage aus. Fertig ist er aber noch lange nicht. "Es wird immer wieder etwas ausgetauscht. Mit jedem Schaden wird es besser", sagt er und lacht. Trotzdem ist es immer eine "Überraschung", wenn er die Anlage zusammen mit Stefan Leitsch und seinem Sohn Julian hochfährt und in Bewegung setzt.

Erbe am Leben halten

"Es ist einfach toll zu sehen, wenn alles funktioniert wie es soll", sagt der 19-Jährige. Stefan Leitsch hat im normalen Berufsleben als Fachinformatiker nicht viel mit Maschinenöl zu tun. Das Schrauber-Fieber hat er von seinem Vater. "Alte Technik fasziniert mich", sagt er. So wie das mächtige Vollgatter auf dem Grundstück seines Schwiegervaters, das viermal so alt ist wie er. Als Oliver Schwenzer mal wieder Holz gesägt hat, kam er dazu und hat sich seitdem nach und nach eingearbeitet. Mittlerweile hat er viele Tipps aus dem Internet zusammen getragen. Ihm liegt etwas am Erbe früherer Generationen: "Es wäre schade, wenn man irgendwann nicht mehr sehen könnte, wie so etwas funktioniert hat und die Leute früher ihr Holz bekommen haben, um ihr Haus zu bauen."
Bei ihrem Mühlenfest am Pfingstmontag, 25. Mai, feiert die Familie auch das Horizontalgatter, das heuer 100 Jahre alt wird. Dann knattert es wieder, wenn Oliver Schwenzer dem historischen Sägewerk Leben einhaucht. "Mich würde interessieren, was der Opa dazu sagt", meint er und schmunzelt.


Die Michelsmühle

Infos
Noch mehr Hintergrundinformationen zur Michelsmühle gibt es im Internet auf der Website unter http://michelsmuehle.jimdo.com

Programm Ab 10 Uhr feiert die Michelsmühle in der Münchau am Pfingstsonntag, 25. Mai, den Deutschen Mühlentag. Regelmäßig findet das Schau-Sägen statt. Außerdem gibt es Vorkriegsschlepper aus der südlichen Rhön zu sehen. Mit einem Seilmacher können sich Kinder ihr eigenes Hüpfseil drehen und an einer Holzkuh ihr Talent zum Melken testen.

Parken Vor Ort gibt es keine Parkplätze. Vom Festplatz in Schönderling aus startet regelmäßig ein Fahrservice, der die Besucher zur Mühle und wieder zurück zu ihren Autos bringt. bcs