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Der Mut wurde belohnt


Autor: Thomas Dill

Bad Brückenau, Freitag, 18. November 2016

"Die Schöpfung" war ein grandioser Erfolg. Das Orchester "Primarte" (Frankfurt) und drei Solisten begeistern ihre Zuhörer.
Sopranistin Katharina Bergrath, Bariton Sven Fürst und Tenor Viktor Schiering überzeugten. Fotos: Thomas Dill


Einmalig, sagenhaft, beeindruckend. Die Reaktionen und Äußerungen der Zuhörer nach Ende des zweistündigen Konzerts in der nahezu ausverkauften katholischen Stadtpfarrkirche von Bad Brückenau waren treffend.
Die hochkarätige sinfonische Orchesterbesetzung des in Frankfurt ansässigen Orchester "Primarte", verstärkt durch Blechbläser aus Würzburg, und die drei Solisten hatten sicher ihren Preis, den sie jedoch mit ihrer musikalischen Leistung an diesem Abend mehr als gerechtfertigt haben. Nach dem Kartenvorverkauf sah es zunächst so aus, als ob der Mut der Verantwortlichen um Kantor Markus Wollmann, ein solch hochkarätiges Konzert in Bad Brückenau anzubieten, nicht belohnt werde. Jedoch war die Abendkasse umso dichter umdrängt, so dass schließlich aus dem nahen Pfarrheim noch Stühle geholt werden mussten und die Zuhörerzahl in nicht erwartete Höhen brachte.


Glücklich und zufrieden

"Ob ich mir den Nervenkitzel des hohen finanziellen Risikos nochmals antun werde, weiß ich jetzt jedoch noch nicht", so ein glücklich und zufrieden wirkender Kantor am nächsten Tag. Aus dem Erlös des Konzertes ist jedoch ein solches Projekt allein nicht zu stemmen, und dass die Chormitglieder ihre Noten selbst kauften und keinerlei Spesen hatten, ohne zahlreiche Sponsoren aus der heimischen Wirtschaft ginge solch hochwertige Kultur in Bad Brückenau niemals, betonte Kantor Wollmann weiter und bedankte sich auch deshalb ganz herzlich bei den zahlreichen Förderern.


Zwei Stunden Spannung

Die Aufführung des Oratoriums "Die Schöpfung" von Joseph Haydn präsentierten Chor, Solisten und Orchester mit ihrem Können auf sehr hohem Niveau und in einer sehr ausgewogenen Balance. Dekanatskantor Markus Wollmann schaffte es am Dirigentenpult, die Zuhörer zwei Stunden lang in seinen Bann zu ziehen und das, obwohl das Werk nur ein einziges Mal gemeinsam geprobt werden konnte. Der Chor war immer präsent und überzeugte durch homogenen und durchsichtigen Klang, keine intonatorischen Schwächen waren zu hören. Es war ein Klangkörper, den der Dirigent zu jeder Zeit mit lockerer Hand fest im Griff hatte.
Begeisternd auch die Sopranistin Katharina Bergrath, deren Koloratur sich gegenüber Chor und Orchester stets behauptet hat. Gleiches gilt für Bariton Sven Fürst, der Tenor Viktor Schiering im Vergleich etwas zögerlich erscheinen ließ.
Das Orchester überzeugte mit großem Volumen und zeigte sich dennoch vor allem in den vielen Solis filigran und zurücknehmend gegenüber Chor und Solisten.
Das dreiteilige Oratorium, einfühlsam und mit zusammenhängendem Spannungsbogen dargebracht, hielt die Zuhörer intensiv im Bann bis hin zum rauschenden Schlussapplaus. Die Vielfalt und Lebendigkeit der Schöpfungsgeschichte wurde in den ersten beiden Teilen so virtuos dargestellt, dass sich die Zuhörer mitten im Geschehen wähnten.
Die Interpretation des Paradiesglücks von Adam und Eva im dritten Teil mit den Zwiegesprächen über Liebe und zwischenmenschliche Beziehungen, wohl in der patriarchalischen Sprache des ausgehenden 18. Jahrhunderts und sicher nichts für heutige Emanzen, wurde von Orchester, Chor Sopran und Bariton angemessen gefühlvoll dargeboten. Man fühlte sich als Voyeur zwischen zwei frisch Verliebten.


Intensiv bis zum Schluss

Die Intensität der Darbietung und die Intention des Gesamtwerkes entließen die Zuhörer nach dem Konzert überwiegend nachdenklich und sehr still in den Sonntagabend. Ein Zeichen dafür, dass das Oratorium länger positiv nachhallte und im Ohr blieb. Dies wiederum sollte den Kulturschaffenden Mut machen, auch zukünftig entgegen aller finanziellen Unwägbarkeiten solch hochkarätige Werke in Bad Brückenau unter maßgeblicher Beteiligung einheimischer Akteure zur Aufführung zu bringen.