Der die Bibliothek wachküsste: Jan Marberg verlässt Bad Brückenau
Autor: Steffen Standke
Bad Brückenau, Freitag, 16. Sept. 2022
In nur fünf Jahren hat Jan Marberg als Bücherei- und Kulturbüroleiter große Spuren hinterlassen. Wohin es ihn zieht und welche Herausforderungen er für seine Nachfolgerin sieht.
Ein Montag als letzter Arbeitstag - man könnte sich besseres vorstellen. Für Bibliotheks- und Kulturbüroleiter Jan Marberg passt das, fängt doch am Montag, 19. September, seine Nachfolgerin Dagmar Drescher offiziell an. So sieht man sich noch einmal zur finalen Übergabe - nicht nur der Aufgaben, sondern auch der Schlüssel.
Die Bibliothek im Alten Rathaus kennt Drescher schon. Sie absolvierte dort in den vergangenen Wochen ein Praktikum. Dass mit ihr eine Diplom-Bibliothekarin kommt, findet Marberg optimal. Wäre es jemand aus dem Kulturbereich oder Archivwesen gewesen, hätte Marberg Schulungsbedarf gesehen. Mit 22 Öffnungsstunden pro Woche spielt die Bücherei doch eine Hauptrolle.
Als der gebürtige Rheinländer vor fünf Jahren nach Bad Brückenau kam, sagte ihm sein Vorgänger Dieter Sternecker: "Aus dieser Bibliothek kann man etwas machen." Das tat Marberg. Oder besser: Er und sein Team. Sie machten etwas aus der Einrichtung, die im Alten Rathaus zwar zentral liegt, aber dort wegen der Enge nicht gut aufgehoben ist.
Unter ihnen konnten die Nutzer bald nicht nur Bücher und Zeitschriften, sondern audiovisuelle Medien wie Hörspiel-CDs oder Konsolenspiele ausleihen. "Wir haben viel Neues ausprobiert, wollten es dem Bürger nahebringen." Ein Trend seit ein paar Jahren: "Tonis" - Figuren, die man auf eine Hörspielbox stellt und die dann Tondateien abspielen - der Renner bei Vier- bis Neunjährigen. Natürlich hat Marberg ein paar da.
"Diese Angebotserweiterung wurde durchweg positiv aufgenommen", spiegelt der scheidende Leiter Nutzerreaktionen. Aber nicht nur das. Auch der Ausleih- und Leseraum wurde mit Plakaten aus der Buch- und Filmwelt aufgewertet. Mit der Zunahme digitaler Medien siebte das Bibliotheksteam den Bestand an Sachbüchern aus - auch weil die nicht mehr so nachgefragt werden.
Von 199 auf 550 aktive Nutzer
Der Lohn der Mühen lässt sich in Zahlen abrechnen: Im ersten Jahr nach seiner Übernahme 2017 zählte Marberg gerade einmal 199 Nutzer, die pro Dekade wirklich etwas ausliehen. Ein Wert, den sogar kleinere Dorfbüchereien übertreffen. Mittlerweile sind es 550 aktive Nutzer, auch, weil inzwischen im Römershager Schulzentrum eine Zweigstelle besteht.
Auf dem Weg dorthin begriff Jan Marberg: Um die Bücherei wieder mehr ins Licht der Öffentlichkeit zu rücken, musste er "aus mir selbst eine öffentliche Person machen". Vorher war er eher einer, der im Hintergrund schaffte, auf Fotos nicht so präsent war. In einer so kleinen Bücherei wie der Bad Brückenauer undenkbar. Deswegen stieß der 34-Jährige sich selbst ins kalte Wasser, promotete mit seinem Gesicht Bücher. "Dieses Vehikel ist wichtig, dann ist mehr Wärme und Neugier da."