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Demografie: Standortfaktor Heimat


Autor: Ulrike Müller

Riedenberg, Dienstag, 15. November 2016

Viele Dörfer wachsen in der Fläche - bei sinkender Einwohnerzahl. Die Schumms aus Riedenberg haben diese Entwicklung über Jahrzehnte beobachtet.
Kirchturm und Autobahnbrücke: Von ihrem Garten aus haben Blanka und Friedrich Schumm einen herrlichen Ausblick. Foto: Ulrike Müller


Friedrich Schumm hat ein frohes Gemüt. Vielleicht deshalb, weil er im Leben viel musiziert hat. Ehrenvorsitzender des Musikvereins ist er. Und überhaupt, die Schumms zählen zu den Urgesteinen in Riedenberg. Mit seiner Frau Blanka ging Schumm schon in die Grundschule, die sich der knapp 1000 Einwohner zählende Ort bis heute bewahrt hat. Einen Kindergarten, Metzgerei und Bäckerei-Filiale, ein Lädchen, einen Friseur und ein Gasthaus gibt es auch noch. Es lebt sich gut in Riedenberg, zwei der vier Kinder des Paares sind ihrem Heimatort treu geblieben.


Immobilienbörse des Landkreises

"In Schweinfurt arbeiten und in der Rhön wohnen, das wäre in unserer Zeit undenkbar gewesen. Das war viel zu weit", erinnert sich Friedrich Schumm mit einem stillen Lächeln im Gesicht. Die Entfernung freilich ist dieselbe geblieben, dennoch, "ein Auto war eine echte Anschaffung", damals, als die Schumms jung verheiratet waren und das Haus bauten, dass sie nun schon länger als ein halbes Jahrhundert bewohnen. "Wir waren das letzte Haus. Wir lagen direkt an einem Feldweg", erzählt Friedrich Schumm. Heute markiert das Anwesen den Beginn der neuen Siedlung, die sich den Hang hinaufzieht.

In Regionen wie der Rhön müssen junge Familien nicht lange nach einem Bauplatz suchen. Im Gegenteil, die Orte versuchen, sich bestmöglichst Neuankömmlingen zu präsentieren, zum Beispiel im Internet. Ende Oktober ging einPortal des Landkreises Bad Kissingen online, das einen Überblick gibt: 40 leer stehende Häuser, 182 Bauplätze und sieben Immobilien zur gewerblichen Nutzung sind es aktuell. "In Riedenberg ist der Leerstand noch nicht so akut", berichtet Bürgermeister Roland Römmelt (CSU). Es gebe vereinzelt Familien, die zuzögen. Wie sich der Ortskern aber in den nächsten Jahren entwickelte, "das weiß heute noch niemand".


Suche nach Jobs imländlichen Raum schwierig

Trotzdem, der Entwicklung, der viele Dörfer im ländlichen Raum ausgesetzt sind, macht auch hier nicht Halt: Riedenberg breitet sich in der Fläche immer weiter aus - bei abnehmender Einwohnerzahl. Deshalb freut sich Römmelt über jede Lücke im Ortskern, die geschlossen wird, und jede Familie, die in ein Bestandshaus investiert. Zwei Beispiel kann Römmelt auf Anhieb nennen, "das macht Mut".

"Es wird immer gesprochen: Raus aufs Land! Aber es muss auch Firmen geben, wo die Leute arbeiten können, auch Führungskräfte", stellt Friedrich Schumm fest. Seine Frau Blanka bringt weitere Faktoren ins Spiel, weichere. Gute Nachbarschaft, zum Beispiel. Ein reges Vereinsleben und familiäre Bindungen tragen dazu bei, dass sich die Menschen mit der Region identifizieren, sie zur Heimat wird. Nichts symbolisiert das besser als das "Kapelli" der Riedenberger, das hoch über dem Dorf thront.


Liebhaber mit handwerklicher Begabung

Wenn Bauplätze, Immobilien und leere Geschäfte nun im Internet angepriesen werden, so ist den Schumms eines wichtig: "Man muss auch über die Infrastruktur informieren. Da wird vielleicht der ein oder andere hellhörig." Riedenberg beispielsweise liegt genauso nah an der Autobahnauffahrt Bad Brückenau/Wildflecken wie Oberleichtersbach. "Sechs Kilometer sind es nur", sagt Schumm. "Das muss man wissen."

"Solche Kriterien berücksichtigen wir", sagt Dorothee Schmitt aus dem Landratsamt Bad Kissingen. Jede Gemeinde liefere eine Beschreibungt - manche falle ausführlich aus, andere halten die Informationen eher knapp. Trotzdem bleibt sie realistisch: Wer sich für ein Bestandshaus in der Ortsmitte entscheide, müsse schon etwas Geschick mitbringen, sagt Schmitt. Bürgermeister Römmelt sieht das ähnlich: "Wir brauchen Liebhaber für die Objekte im Ort, Leute mit handwerklicher Begabung." Sie würden mit offenen Armen aufgenommen, in Riedenberg.